
Test Škoda Octavia Combi - Die Sisyphos-Aufgabe
Der Škoda Octavia ist das meistverkaufte Auto in Österreich. Nun hat der populäre Tscheche eine Runderneuerung bekommen. Aber kann man den Octavia überhaupt noch verbessern?
Als Motorredakteur bekommt man ständig folgende Frage gestellt: „Welches Auto soll ich mir kaufen?“ Ich gebe seit Jahren die gleiche Antwort darauf: „Wenn du genug Platz in der Garage hast, kauf einen Škoda Superb Combi. Sind Platz und Budget etwas begrenzter, nimm einen Octavia Combi. Da kann man nix falsch machen.“ Der Grund für diese Antwort ist sehr einfach: Fahren Sie einmal einen modernen Škoda – Sie werden überrascht sein, wie viel VW- und Audi-Flair aufkommt. Oder anders: Was können VW und Audi denn wirklich noch besser? Eben.
Detailverbesserungen statt großer Wurf
Der neue Škoda Octavia Combi wurde optisch wie technisch aufgemotzt – und smarter. Volldigitales Display hinter dem Lenkrad, Head-up-Display, riesiger Touchscreen mitten im Armaturenbrett. Smart sagen die einen, technoid die anderen. Ich sage: fesch, aber leider überladen. Die Funktionsvielfalt des Infotainmentsystems ist schlicht riesig – mit zu wenigen Knöpfen dafür. Die Lautstärke kann man per Fingertipp oder Fingerrutschen auf einem berührungsempfindlichen Balken verstellen. Oder klassisch am Lenkrad. Klimaanlage und Co. können nur mehr über den Touchscreen bedient werden. Schaut cool und aufgeräumt aus, ist während der Fahrt aber äußerst unpraktisch, da man ob der Bedienung deutlich abgelenkt wird. Auf der Autobahn mit Tempomat und Abstandsradar – kein Problem. In der Stadt oder auf gewundenen Landstraßen zu ablenkend –trotz aller Assistenzsysteme, die der Octavia bietet. Es führt aber zu kuriosen Momenten: Man bedient den Touchscreen – gefühlt eh nur mit einem Auge und einer Hand – verwischt sich, plötzlich schreit der Spurhalteassistent schon hysterisch, man möge doch bitte beide Hände aufs Lenkrad legen und geradeaus fahren. Momente, in denen man sich mehr geärgert als unterstützt fühlt.
Unspektakulär gut
Es wird Ihnen aufgefallen sein: Ein neues Auto und noch kein Wort zu Antrieb, Verbrauch, Fahrgefühl. Tja daran erkennt man, wie das Digitale im Auto in den Fokus rückt. Rein vom Fahreindruck hat sich zum Vorgänger nicht so viel getan. Der Octavia glänzt mit einer grundsoliden Ausgewogenheit, kaum Ecken, noch weniger Kanten – außer im Blechkleid. Der Zweiliter-Vierzylinderdiesel (150 PS) unter der Haube ist wahrscheinlich das beste Aggregat aus dem VW-Konzern: Robust, verbrauchsarm (knapp fünf Liter auf 100 km bei Überlandfahrten) und stark genug, um auch mal flotter ans Ziel zu kommen. Im Fahrmodus normal etwas zu zaghaft in Sachen Gasannahme abgestimmt, wird der gleiche Motor im Sportmodus deutlich lebendiger. Spektakulär unauffällig das 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe: Es wechselt die Gänge sauber, zügig, ohne Rucken. Passt. In Sachen Fahrdynamik ist man im Normalmodus komfortabel und im Sportmodus spürbar straffer unterwegs, ohne unnötige Härte.
High-Tech und Cleverness
Auffälliger wird das Modell-Update im Innenraum. Das Cockpit ist luftiger geworden, das Raumgefühl üppiger. Das Lenkrad hat nur mehr zwei Speichen, die dritte nach unten zum Lenkradkranz ist nur mehr angedeutet. Optisch ein Highlight: Die teilweise frei schwebenden Drehräder am Lenkrad. Der Getriebwahlhebel ist futsch, übrig geblieben ist ein kleiner Schalter. Das großzügige Panoramadach wird ebenfalls über berührungsempfindliche Balken geöffnet und geschlossen – wisch, wisch. Das gekühlte Handschuhfach ist praktisch, ebenso wie der Regenschirm in der Fahrertür, der Eiskratzer im Tankdeckel oder die Smartphone-Tasche auf der Rückseite der Vordersitze für die Beifahrer auf der Rücksitzbank. Kurz: Der Škoda Octavia ist nach wie vor clever konstruiert und kann wirklich alles gut.
Kaum Kritik - oder doch?
So gut, dass man objektiv kaum Kritik äußern kann. Wenn, dann am ehesten bei den elektrisch verstellbaren Sitzen, die halt nicht ganz an den Komfort der Premiumklasse herankommen. Oder eben beim zu üppige Infotainmentsystem, in dem man sich schon mal etwas verrennen kann. Besitzt man das Auto, kann man sich sicher daran gewöhnen. Bekommt man den neuen Octavia nur für begrenzte Zeit, dann ist das System ob seiner Komplexität nicht sofort zu durchschauen. Fazit: Optisch hat sich der neue Octavia verbessert, technisch wurde er aufgerüstet, fahrdynamisch bleibt er grundsolide. Ein Auto, bei dem man einfach wirklich nichts falsch machen kann. Ist so. Trotzdem gibt es in Sachen Komfort und Ausstattung noch einen gewissen Respektabstand zum Bruder VW Passat. Preislich hat der Škoda ordentlich angezogen.
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