Arbeitsplatzevaluierung: Arbeitsschutz in der Kfz-Werkstatt

Arbeitsschutz
18.11.2020

Vorsicht ist besser als Nachsicht: Die Grundidee der Evaluierung ist es, dass sich Arbeitgeber um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz ihrer Arbeitnehmer kümmern – und zwar bevor etwas passiert. Die KFZ Wirtschaft zeigt, worauf es dabei ankommt.
Die Arbeit mit Maschinen birgt naturgemäß viele Gefahren in sich.

Arbeit ist für die meisten Menschen ein wesentlicher Bestandteil ihres Lebens. Dabei sollte man sorgsam und verantwortungsvoll mit der Gesundheit umgehen, um die Leistungsfähigkeit langfristig zu erhalten und Unfälle zu vermeiden. Beides liegt im Interesse von Arbeitnehmern wie auch Arbeitgebern gleichermaßen. Und zwar gerade auch in Kfz-Werkstätten. Denn in einer Wertstatt lauern viele Gefahren und durch die technische Entwicklung werden es nicht weniger. 

Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz kann im Betrieb, allen voran in der Werkstatt, ohnehin nur gemeinsam erreicht werden. Zur Erreichung einer optimalen Arbeitsplatzqualität sind die Verantwortlichen in den Betrieben gesetzlich verpflichtet, alle Gefährdungen und gesundheitlichen Belastungen, denen Personen am Arbeitsplatz ausgesetzt sind, systematisch zu ermitteln und zu beurteilen. 

Arbeitsplatzevaluierung: Wo lauern die Gefahren?

Aufgrund der Ergebnisse werden dann für den Betrieb geeignete Maßnahmen zur Gefahrenverhütung festgelegt. Dieser gesamte Prozess wird „Arbeitsplatzevaluierung“ genannt. Dies muss in Folge in den sogenannten Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumenten festgehalten und bei Bedarf zum Beispiel dem Arbeitsinspektor zur Verfügung gestellt werden. 

Gefährdungen und gesundheitliche Belastungen können in einer Werkstatt vielfältige Ursachen haben, wie zum Beispiel Maschinen und Werkzeuge, Chemikalien und Strahlung, Lärm und Erschütterungen, Stress und Zeitdruck, Raumklima und Beleuchtung oder Körperhaltung und Handhabung von Lasten. Gerade in der Kfz-Werkstatt gibt es zahlreiche potenzielle Gefahrenquellen, allen voran im Zusammenhang mit der Bedienung von Maschinen. „Viele Unfälle passieren mit Handmaschinen (Bohrer, Flex, Schleifmaschinen, etc.) und Handwerkzeugen (Schraubenzieher, Schneidewerkzeuge, Blechscheren, etc.), weil beschädigte oder falsche Werkzeuge verwendet oder einfache Schutzmaßnahmen missachtet werden“, heißt es von Seiten der AUVA. Diese hat einen Leitfaden zur Arbeitsplatzevaluierung und den Arbeitsschutz in Kfz-Werkstätten für Betriebe erstellt. 

Elektroautos erfordern speziellen Schutz

Zentrale Bedeutung kommt hierbei einer vollständig vorhandenen Betriebsanleitung als zentrale Informationsquelle zu. Ebenso wichtig ist die regelmäßige Wartung und Überprüfung offenkundiger Mängel.

Hinzu kommen elektronische Ablagen und Betriebsmittel als potenzielle Gefahrenquellen und der zunehmende Einsatz von Spannungen oberhalb von 30 V AC (Wechselspannung) und 60 V DC (Gleichspannung) in der Fahrzeugtechnik durch alternative Anriebe wie Brennstoffzelle, Hybridtechnik und Elektrofahrzeuge. Dies führt zu einer elektrischen Gefährdung durch Körperdurchströmung und Lichtbogen bei Arbeiten an Fahrzeugen, wodurch sie wiederum spezielle Anforderungen an den Arbeitsschutz ergeben.

Die in Österreich vorgeschriebene sicherheitstechnische und arbeitsmedizinische Betreuung erfolgt in Arbeitsstätten mit bis zu 50 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch Begehungen mindestens  alle zwei Jahre (1-10 Arbeitnehmer) bzw. alle drei Jahre wenn nur Büroarbeitsplätze vorhanden sind sowie jedes Jahr (bei 11- 50 Arbeitnehmern). Diese Begehungen können kostenlos bei der AUVA angefordert werden, sofern die Arbeitgeber insgesamt nicht mehr als 250 Arbeitnehmer beschäftigen.

Arbeitsschutzgesetz als Auftrag an Arbeitgeber

Die rechtlichen Grundlagen für die Evaluierung bilden in Österreich das Arbeitsschutzgesetz (ASchG) und die dazu erlassenen Verordnungen. Das ASchG beinhaltet eben jenen gesetzlichen Auftrag an Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Gefahren in Zusammenhang mit der Arbeit in Eigenverantwortung zu ermitteln, zu beurteilen und in Folge Maßnahmen zu deren Beseitigung oder weitestgehenden Reduzierung festzulegen, zu dokumentieren und durchzuführen. Ziel ist eine laufende Verbesserung der Arbeitsbedingungen, die zu einer Vermeidung von Arbeitsunfällen und einer Minimierung von arbeitsbedingten Krankenständen führen soll.

Die Evaluierung soll dem Arbeitgeber ermöglichen, auf systematische und organisierte Weise die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer stetig zu verbessern und zu kontrollieren. Die unmittelbar betroffenen Arbeitnehmer sind in das Evaluierungskonzept einzubeziehen, wie die Wirtschaftskammer Österreich betont.

Die Grundsätze der Gefahrenverhütung

Der Arbeitgeber hat bei der Evaluierung folgende Grundsätze der Gefahrenverhütung gemäß § 7 ASchG anzuwenden:

  • Vermeidung von Risiken,
  • Abschätzung nicht vermeidbarer Risiken,
  • Gefahrenbekämpfung an der Quelle,
  • Berücksichtigung des Faktors „Mensch bei der Arbeit“,
  • Berücksichtigung der Gestaltung der Arbeitsaufgaben und Art der Tätigkeiten der Arbeitsumgebung, der Arbeitsabläufe und Arbeitsorganisation,
  • Berücksichtigung des Standes der Technik,
  • Ausschaltung oder Verringerung von Gefahrenmomenten,
  • Planung der Gefahrenverhütung,
  • Vorrang des kollektiven Gefahrenschutzes vor individuellem Gefahrenschutz,
  • Erteilung geeigneter Anweisungen an die Arbeitnehmer.

Grundsätzlich kann der Arbeitgeber selbst die Evaluierung durchführen. Falls erforderlich sind geeignete Fachleute wie beispielsweise Sicherheitsfachkräfte oder Arbeitsmediziner hinzuzuziehen. Die Verantwortung liegt jedoch stets beim Arbeitgeber.

Diese 8 Kriterien sind zu berücksichtigen

Insbesondere sind dabei folgende Kriterien zu berücksichtigen:

  • die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte,
  • die Gestaltung und der Einsatz von Arbeitsmitteln,
  • die Verwendung von Arbeitsstoffen,
  • die Gestaltung der Arbeitsplätze,
  • die Gestaltung der Arbeitsverfahren und Arbeitsvorgänge und deren Zusammenwirken,
  • die Gestaltung der Arbeitsaufgaben und die Art der Tätigkeiten, der Arbeitsumgebung, der Arbeitsabläufe sowie der Arbeitsorganisation,
  • der Stand der Ausbildung und Unterweisung der Arbeitnehmer sowie
  • besonders gefährdete oder schutzbedürftige Arbeitnehmer.

Auf Basis der Ermittlung und Beurteilung der Gefahren werden Maßnahmen zur Verhütung festgelegt. Die Ergebnisse der Gefahrenbeurteilung sowie die dazugehörigen Maßnahmen zur Gefahrenverhütung müssen in den Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokumenten (Evaluierungsdokumenten) festgehalten werden. Die Dokumentationen sind auf aktuellen Stand zu halten.

Evaluierung ist ein laufender Prozess

Die Ermittlung und Beurteilung der Gefahren ist erforderlichenfalls zu überprüfen und sich ändernden Gegebenheiten anzupassen. Dies hat insbesondere nach Unfällen, bei Auftreten von Erkrankungen, bei denen der Verdacht besteht, dass sie arbeitsbedingt sind, der Einführung neuer Arbeitsmittel, Arbeitsstoffe oder Arbeitsverfahren sowie bei neuen Erkenntnissen im Bereich der Arbeitsgestaltung und auf Verlangen des Arbeitsinspektorate zu erfolgen. 

Die Wirtschaftskammer hat gemeinsam mit der AUVA Musterformulare für Evaluierung und Dokumentation erstellt. Diese Formulare sind auf der Website https://www.eval.at/ - einem Gemeinschaftsprojekt der AUVA, der WKO und der AK mit, wie es heißt, „freundlicher Unterstützung des ÖGB und der Industriellenvereinigung“  -  abrufbar.