Autohändler proben den Aufstand

18.01.2022

Das Autojahr 2022 beginnt mit bemerkenswerten News. Zunächst sind die noch fehlenden Absatzzahlen aus 2021 eingetrudelt. Und sie belegen, was zu befürchten war: Die Neuzulassungen sind EU-weit zurückgegangen, in Österreich sogar überdurchschnittlich stark. Leidtragende sind die Händler. 

Das ist insofern beachtlich, als die Vergleichslatte aus dem Jahr zuvor ja eigentlich schon tief lag. Schließlich war 2020 ein echtes Krisenjahr. Mittlerweile ist es weniger die Pandemie, die dem Markt zu schaffen macht, als vielmehr der Halbleitermangel und die damit verbundenen Lieferschwierigkeiten der Autohersteller.

Diese fahren freilich immer noch Milliardengewinne ein, zumal die Preise hoch sind wie nie und ruinöse Rabattschachten ein jähes Ende gefunden haben. Kleine Händler indes leiden. Sie müssen Kunden mitunter mitteilen, dass sie die gewünschten Fahrzeuge erst ein einem Jahr bekommen können. Gleichzeitig laufen sie Gefahr, die festgelegten Jahresziele zu verfehlen, wodurch Verkäufer weniger Provision bekommen und der Job weniger attraktiv wird. Die Konsequenz: „Der Fachkräftemangel hat auch unsere Branche erfasst“, wie  Bundesgremialobmann Klaus Edelsbrunner sagt. Er vermisst häufig fehlende Unterstützung vonseiten der Hersteller.

Druck von allen Seiten

Ja, manch einer setzt seine Händler, etwa mit neuen Vertriebsmodellen, wie dem Direktvertrieb noch zusätzlich unter Druck. Die Politik wiederum dreht an der Steuerschraube und forciert E-Autos, die Privatkunden nicht zuletzt wegen der fehlenden Ladeinfrastruktur noch gar nicht wollen. Mehr als 80 Prozent aller verkauften E-Autos im Jahr 2021 waren Firmenwagen. 

All diese Trends, das E-Auto, die steigenden Steuern, die Covid-Pandemie und der Chipmangel, werden uns auch 2022 begleiten. Da sind sich Experten sicher. Es zeichnet sich aber noch etwas ab, das durchaus zu einem Trend werden kann: Händler setzen sich zur Wehr gegen scheinbar übermächtige Konzerne. 

Nächstes Urteil gegen einen Hersteller

Das Landgericht Frankfurt hat einer Klage des Verbandes Deutscher Opel-Händler (VDOH) gegen Opel stattgegeben. Dabei ging es um gegen die "Commercial Policy" von Opel, in der auch das Vergütungssystem für Opel-Vertragshändler geregelt ist. Der Verband klagte, wie es heißt, im Auftrag seiner Mitglieder gegen die generelle Ausgestaltung des Vergütungssystems, seine Unkalkulierbarkeit und vor allem aber gegen die zahlreichen einseitigen Änderungsmöglichkeiten bis hin zum Eingriff in die Marge. 

Das Landgericht Frankfurt zeigt Opel im Streit um die Händlervergütung nun Grenzen auf. Ein auf einseitige Änderungen ausgelegtes Vergütungssystem ist unbillig und benachteiligt Händler, so das Fazit. Opel muss es unterlassen, "Vergütungen der angeschlossenen Opel-Vertragshändler in Form von Grundmargen und/oder Boni für Opel-Neufahrzeuge jährlich ein durch Rundschreiben (....) zu ändern (...)", schreiben die Richter in ihrer Urteilsbegründung. 

Spannend wird, wie es jetzt weitergeht. Ob Opel den Fall weiter vor Gericht ausfechten möchte oder ob man sich vielleicht doch noch einvernehmlich einigt?

In jedem Fall erinnert die Causa an den Fall Büchl in Österreich. Zur Erinnerung: Dem oberösterreichischen Peugeot-Händler Büchl wurde im Vorjahr in einem langjährigen Rechtsstreit gegen Peugeot Austria (PSA) vom Obersten Gerichtshof recht gegeben. Es blieb bei der Einschätzung, dass Peugeot seine Marktmacht gegenüber Händlern jahrelang missbraucht hat. 

Leben und leben lassen 

Wirtschaftliche Abhängigkeiten bestehen in vielen Ländern, darunter in so großen Märkte wie Frankreich und Deutschland. Sie stehen einem freien, fairen Wettbewerb im Weg. Kleinere Händler, die in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen, trauen sich freilich in der Regel freilich nicht, gegen ihre mächtigen Vertragspartner vor Gericht zu ziehen. Aber vielleicht kommt ja jetzt Bewegung rein. Gut möglich, dass die beiden Fälle Büchl und VDOH, die international viel Beachtung fanden, nun doch auch weitere Händler ermutigt, gegen vermeintlich unfaire Geschäftspraktiken im Verhältnis zwischen den Herstellern und Händlern vorzugehen. Am Ende sollte (wieder) eine echte Partnerschaft stehen. Eine, in der alle an einem Strang ziehen, getreu dem Motto "leben und leben lassen". Denn Herausforderungen und Störfeuer, ja regelrechte Anfeindungen (etwas vonseiten der Politik), gibt es ohnehin genug.