Autohersteller kennen keine Krise

Autoindustrie
01.06.2021

 
Corona hin, Chipmangel her. Der Umsatz der 16 größten Autokonzerne der Welt ist im ersten Quartal um zehn Prozent gestiegen, der Gewinn wurde sogar vervierfacht. Das zeigt eine Analyse von EY. 
Vor allem in China läuft das Geschäft für Autobauer schon wieder glänzend.
Vor allem in China läuft das Geschäft für Autobauer schon wieder glänzend.

Die weltweite Automobilindustrie ist stark ins neue Jahr gestartet: Der Gewinn stieg auf ein neues Rekordniveau, und der weltweite Pkw-Absatz legte zwar um 15 Prozent zu, lag mit 16,9 Millionen Fahrzeugen aber immer noch neun Prozent niedriger als im ersten Quartal 2019. Der kumulierte Umsatz verfehlte trotz eines Anstiegs um zehn Prozent noch um ein Prozent das Niveau des ersten Quartals 2019.

Besonders gut schnitten die deutschen Autokonzerne ab, die bei Umsatz, Gewinn und Marge deutlich bessere Ergebnisse vorweisen konnten als die Mehrheit der Wettbewerber. Volkswagen war mit einem Umsatz von 62,4 Milliarden Euro der umsatzstärkste Autokonzern der Welt, während Daimler mit einem operativen Gewinn von 5,7 Milliarden Euro nicht nur den höchsten Gewinn aller untersuchten Unternehmen auswies, sondern bei einer Marge von 14 Prozent auch der profitabelste Konzern war.

Boom in China

Dank ihrer starken Präsenz in China konnten die deutschen Konzerne besonders gut vom Wachstum des dortigen Neuwagenmarktes profitieren: Um 66 Prozent stieg der Pkw-Absatz von Volkswagen, BMW und Daimler im Reich der Mitte, während in den USA ein Plus von 21 Prozent registriert wurde und der Absatz in Westeuropa etwa auf Vorjahresniveau lag (minus ein Prozent). In Summe erzielten die deutschen Autokonzerne ein weltweites Absatzplus von 21 Prozent – zum Vergleich: Die japanischen Autobauer kamen auf ein Absatzwachstum von 15 Prozent, die US-Konzerne auf zwölf Prozent und die südkoreanischen Hersteller auf elf Prozent.

Mit einer Marge von 14 Prozent belegt Daimler den ersten Platz im Ranking der profitabelsten Autokonzerne, BMW liegt mit 11,3 Prozent hinter General Motors auf dem dritten Platz. Volkswagen erreicht mit 7,7 Prozent Rang sechs. Das sind Ergebnisse einer Analyse der Finanzkennzahlen der 16 größten Autokonzerne der Welt, die die Prüfungs- und Beratungsorganisation EY quartalsweise erstellt.

„Viele Autokonzerne hatten schon vor COVID-19 Kostensenkungsmaßnahmen eingeleitet, die angesichts der Pandemie nochmal massiv verschärft wurden“, sagt Gerhard Schwartz, Leiter Industrial Products bei EY Österreich. „Die Ergebnisse des ersten Quartals zeigen, dass einige Unternehmen tatsächlich bei der Anpassung der Fixkosten Fortschritte erzielt haben.“ Bemerkenswert sei aber auch, dass das Hochfahren der Elektromobilität und das deutliche Absatzwachstum bei Elektroautos und Plug-in-Hybriden sich offenbar nicht spürbar negativ auf die Marge ausgewirkt haben: „Viele Autokonzerne richten ihren Produktionsverbund konsequent und mit Hochdruck auf Elektromobilität aus und investieren erheblich in den Um- und Neubau von Produktionsstätten und in Batteriefabriken. Forschung, Entwicklung und Produktion werden konsequent auf Elektromobilität ausgerichtet. Das kostet viel Geld. Umso bemerkenswerter sind die guten Gewinnzahlen, die viele Autobauer derzeit vorweisen können.“

Herausforderung Lieferketten

An den insgesamt guten Zahlen zum ersten Quartal ist der weltweite Chip-Mangel noch kaum ablesbar. Das dürfte sich im zweiten Quartal ändern, erwartet Schwartz: „Die Lieferengpässe bei Halbleitern führen zu teils erheblichen Einschränkungen in der Produktion, im Lauf dieses Jahres dürften mehrere Millionen Fahrzeuge nicht gebaut werden können.“ Der Neuwagenmarkt werde sich daher nicht so stark erholen wie es angesichts einer deutlich gestiegenen Nachfrage möglich wäre. Schwartz rechnet allerdings nicht damit, dass die Situation zu starken Gewinneinbußen führen wird: „Die Autokonzerne reagieren unter anderem mit einem Fokus auf Modelle mit hohen Margen. Und auch die Bereitschaft, Rabatte zu geben, dürfte weiter sinken. Wenn es gelingt, das Preisniveau weiter hoch zu halten, werden sich die Gewinneinbußen daher in Grenzen halten.“

Für die deutschen Autokonzerne gewann der chinesische Absatzmarkt im ersten Quartal weiter an Bedeutung. Insgesamt wurden vier von zehn Neuwagen von Volkswagen, BMW und Daimler an einen chinesischen Kunden übergeben (40,6 Prozent) – im Jahr 2020 hatte der Anteil Chinas am Gesamtabsatz der deutschen Unternehmen noch bei 39,4 Prozent gelegen, 2019 bei 35,3 Prozent. Die größte Bedeutung hat China für Volkswagen (44 Prozent), gefolgt von BMW (36 Prozent) und Daimler (33 Prozent).

„Der Boom in China hält an und führt dazu, dass dieser Markt für die weltweite Autoindustrie immer wichtiger wird, während gleichzeitig in Europa wenig Wachstum möglich zu sein scheint“, sagt Schwartz. „Die Musik spielt zunehmend in China, auch was die Markteinführung neuer Technologien und Geschäftsmodelle und das Entstehen neuer Anbieter betrifft. Umso wichtiger ist es für Autokonzerne, auf diesem wichtigen Markt eine starke Präsenz zu zeigen.“