Der Cyber-Reifen von Pirelli

Reifenindustrie
18.02.2021

 
Der italienische Reifenhersteller Pirelli hat mit dem Cyber Tyre System einen mit dem Auto vernetzen Reifen in Serie gebracht. Das steckt drinnen - und dahinter. 

Erstmals stattet Pirelli einen Reifen serienmäßig mit Sensoren aus, die mit einem Auto kommunizieren können. Diese Weltpremiere in der Erstausrüstung beruht auf dem Pirelli Cyber Tyre System. Dabei befindet sich in jedem Reifen ein Sensor, der wichtige Daten während der Fahrt erfasst und an den Bordcomputer des Autos schickt. Das erste Serienmodell mit dieser Technologie ist der McLaren Artura.
Die Cyber Tyre Technologie liefert dem Auto und den Fahrern eine Fülle von Informationen, dazu gehören Angaben zur Art des Reifens, ob es sich um eine Winter- oder Sommerversion handelt, zum vorgeschriebenen Druck, zum Lastindex und zur Geschwindigkeitsklasse. Hinzu kommen aktuelle Betriebsinformationen wie Temperatur und Luftdruck des Reifens.

Direkter Kontakt

Die Informationen – inklusive der ständig kontrollierten und in Echtzeit übertragenen Daten des Luftdrucks und der Temperatur der Reifen - sind entscheidend für die Sicherheit. Im Vergleich zu herkömmlichen Sensoren am Ventil (RDKS) liefert das System präzisere Informationen, weil die übertragenden Sensoren von Pirelli sich im direkten Kontakt mit den Reifen befinden statt mit den Felgen. Die von den Sensoren gelieferten Daten verarbeitet eine von Pirelli entwickelte Software, welche in die Elektronik des Fahrzeugs integriert ist. Einige dieser Informationen sind auf dem Armaturenbrett und dem zentralen Display zu sehen; andere Informationen werden von der Fahrzeugelektronik genutzt, um die Fahrerassistenzsysteme basierend auf den exakten Eigenschaften der Reifen und deren Status abzugleichen.

Warnung wenn nötig

Ein Auto, das mit dem Cyber Tyre System ausgestattet ist, kann die Fahrer zum Beispiel darauf hinweisen, dass der Reifendruck überprüft werden muss. Oder wenn in der Umrüstsaison der Reifentyp gewechselt wurde – zum Beispiel von Sommer- auf Winterreifen, die oft eine andere Geschwindigkeitseinstufung haben - warnt das Auto den Fahrer, sobald die Höchstgeschwindigkeit für diesen Reifentyp erreicht ist. Die spezifische Funktionalität der Cyber-Reifen wird von den Automobilherstellern ausgewählt und definiert, und das abhängig vom jeweiligen Fahrzeugmodell, für das die Cyber Reifen eingesetzt werden.

Pure Performance

Im Falle des McLaren wurden einige dieser Funktionen speziell für den Einsatz auf einer Rennstrecke ausgewählt. Zum Beispiel ermöglicht der Pirelli Cyber Tyre dem Fahrer, den Reifendruck dem individuellen Fahrstil anzupassen, um eine bessere Leistung auf der Strecke zu erzielen. Infolgedessen verändern sich die Hinweise, welche der jeweilige Fahrer erhält. Sie können zudem benachrichtigt werden, wenn die Reifen die optimale Temperatur erreicht haben, sodass sie das optimale Temperaturfenster der Reifen nutzen können, um die maximale Leistung aus dem Auto-Reifen-Paket herauszuholen. Darüber hinaus kann mitgeteilt werden, wann die Reifen wieder abkühlen müssen. 

Breiter Einsatzbereich

Das Pirelli Cyber Tyre System soll die Zukunft des Reifen repräsentieren: Es vermag dem Auto eine Art Tastsinn zu geben, indem es ihm ermöglicht, potenziell gefährliche Situationen wie einen Gripverlust und Aquaplaning zu erkennen, sodass die Elektronik des Autos sofort intervenieren kann. Der nächste Schritt werden Reifen sein, die mit anderen Fahrzeugen und der umgebenden Infrastruktur vernetzt sind. Bereits im November 2019 hat Pirelli als weltweit erster Reifenhersteller über das 5G-Netz Informationen zur Fahrbahnoberfläche geteilt. Ermöglicht wurde dies von intelligenten Reifen, die mit Sensoren ausgestattet sind. Sie wurden während der "weltweit ersten 5G-erweiterten ADAS-Service (Ad- vanced Driver Assistance Systems)" Präsentation in Turin vorgestellt. 

Die Systeme entwickeln sich ständig weiter, so wie auch die Systeme für das autonome Fahren immer fortschrittlicher werden. Die Aufgaben, die heute noch die Fahrer übernehmen - die Beurteilung des Grip-Niveaus der Fahrbahn sowie der Witterungsbedingungen - werden zunehmend an die Reifen übergeben. Das bedeutet: Das Auto wird automatisch verzögern, wenn die Bedingungen rutschig werden, wobei Fahrerassistenzsysteme aktiviert werden, um die Sicherheit zu erhöhen. Aufgrund der Vernetzung der Fahrzeuge untereinander wird ein Auto in der Lage sein, andere fahrerlose Autos über eine drohende Gefahr zu informieren. All dies summiert sich zu einem echten Tastsinn für das einzige Teil des Fahrzeugs, welches Kontakt zur Straße hat: den Reifen.