Der Motorenflüsterer

Reparatur
12.10.2015

Helmut „Heli“ Hoffmann betreibt Österreichs größten Motoren-Reparaturdienst. Mit einem selbst entwickelten Verfahren macht der anerkannte Motorenguru streikende Dieselmotoren von Pkw, Lkw, Baumaschinen und sogar Luxusyachten wieder flott. 
Lehrling Franz Fierlinger (l.) wird von Helmut Hoffmann zum Motoren-Instandsetzer ausgebildet.

Helmut Hoffmann, Motorenguru aus Ohlsdorf in Oberösterreich, kann über einen Mangel an Arbeit nicht klagen, im Gegenteil. „Immer mehr Dieselfahrzeuge bleiben mit Schäden am Einspritzsystem liegen“, sagt der erfahrene Motoren-Instandsetzer und setzt kryptisch fort: „Der VW-Dieselskandal ist erst der Anfang.“Denn ausgerechnet die ehrlichen Maßnahmen der Hersteller, den Selbstzünder abgasärmer und damit umweltverträglicher zu machen, bringen immer mehr technische Probleme im Fahrbetrieb mit sich. „Da wird mit Biodiesel und künstlichen Treibstoffen gefahren, da wird ein guter Teil der Motorleistung der Abgasnachbehandlung geopfert, da werden die Einspritzanlagen immer aufwendiger und empfindlicher gebaut.“ Laut Hoffmann setzt beispielsweise ein Lkw mit 500-PS-Motor heute nur noch 400 PS in Fortbewegung um, ein Fünftel der Leistung geht – bei unverändertem Treibstoffverbrauch – für die Verbrennung der Partikel im Abgastrakt verloren. „Die geringeren Emissionen erkauft man also mit einer höheren Wärmeabgabe – was für das Weltklima besser ist, weiß ich nicht“, so Hoffmann. Als Unternehmer, der den größten Motoren-Instandsetzungsbetrieb Österreichs betreibt, zählt er jedenfalls zu den Gewinnern der vom Gesetzgeber ständig verschärften Abgasgesetzgebung. Denn der Zielkonflikt zwischen größter Effizienz und geringsten Emissionen wird sowohl bei Pkw- als auch bei Lkw-Motoren mit immer heikleren technischen Kunststücken erkauft.

Sorgenkind Biodiesel

Vor allem die Einspritzsysteme, die den Kraftstoff beim modernen Dieselmotor mit enormen Drücken jenseits der 2000 bar durch extrem feine Düsen pressen, sind anfällig für Störungen. Störungen, die laut Helmut Hoffmann seit dem Einsatz von Biodiesel stark zugenommen haben. „An manchen Tankstellen wird Diesel mit einem Biospritanteil von bis zu 30 Prozent ausgegeben – ohne dass der Kunde und sogar der Tankstellenbetreiber davon wissen“, so Hoffmann. Der Motorschaden am Turbodiesel-Pkw eines Kunden, der immer dieselbe Tankstelle besuchte, brachte ihn darauf. Klebrige Ablagerungen an den Injektoren und verstopfte Filter deuteten auf einen erhöhten Biodiesel-Anteil hin, der schließlich von einem Sachverständigen nach Untersuchung einer Probe von der Tankstelle bestätigt wurde. Ein wertvoller Hinweis für alle Kfz-Techniker, die mit Schäden an Einspritzanlagen zu tun bekommen: „Viel häufiger, als man denkt, ist der Kraftstoff an Defekten an der Einspritzanlage schuld“, so Hoffmann. Erkennbar sei dies an schwarzen Ablagerungen an Pumpenelementen und Einspritzdüsen, bei Verteilereinspritzpumpen auch an Dosierventilen und bei Common-Rail und PD-Systemen an den hochsensiblen Steuerungsmechanismen der Hochdruckeinspritzung. 

Die Alternativ-Therapie

Das erste Anzeichen für beginnende Ablagerungen im Motor ist ein langes Durchdrehen, bevor er anspringt. In diesem Fall empfiehlt Motorenguru Hoffmann, das Aggregat zuerst einmal mit garantiert biofreiem Premium-Kraftstoff zu „spülen“. Eine Kontrolle des Tanks mit einer Lampe zeigt, ob sich die Ablagerungen bereits verklebt haben. In diesem Fall muss der Tank chemisch gereinigt und mit Heißwasser ausgewaschen werden.  Haben sich die Ablagerungen auch in Filtern, Leitungen und Einspritzsystemteilen festgesetzt, müssen diese ausgebaut und mit Ultraschall oder chemisch gereinigt werden. Eine graue Schlammschicht beim Dieselfilter deutet auf Bioschlamm aus Bakterien und Pilzen hin. In diesem Fall muss der Tank ausgepumpt und gereinigt werden, anschließend empfiehlt Hoffmann die Beimengung des Biozids „Grotamar“, das den lästigen Mikroben nachhaltig den Garaus macht. 

Als Alternative zum aufwendigen Auseinandernehmen und Reinigen der Einzelteile des Motors hat der erfahrene Motoren-Instandsetzer eine Therapie bis zur Perfektion entwickelt, die einfach am laufenden Motor angewendet wird. Bei dieser sogenannten „Motordialyse“ werden zunächst die stecken gebliebenen Einspritzpumpenteile gelöst, danach wird das gesamte System mit einem speziellen Chemiecocktail durchgespült. Das Verfahren perfektionierte Hoffmann in Zusammenarbeit mit einem Chemiekonzern aus Deutschland, und heute bringt er damit die meisten streikenden Pkw- und Lkw-Motoren ebenso wieder zum Laufen wie stecken gebliebene Baumaschinen- und Schiffsdiesel­aggregate. Internationale Berühmtheit erlangte der oberösterreichische Motorenflüsterer, als er die 105 Meter lange und 200 Millionen Dollar teure Yacht „Lady Moura“ des saudi-arabischen Milliardärs Nasser Ar-Raschid wieder flottmachte, die im Hafen von Monaco mit Generatorschaden gestrandet war. Der Cheftechniker an Bord – ebenfalls ein Oberösterreicher – rief seinen Landsmann zu Hilfe. Hoffmann verabreichte den gewaltigen 12-Zylinder-Motoren seine Spezialspülung, und vier Stunden später verrichteten sie wieder brav ihren Dienst. Die 50-köpfige Mannschaft des Scheichs applaudierte erleichtert, und Heli Hoffmann war der Star des Tages.