Die Zukunft des Reifens: schwarz, rund und verdammt clever

Reifenindustrie
19.02.2021

Von: Philipp Bednar
Der Reifen von morgen kann so viel mehr, als wir uns heute vorstellen können. Den Fantasien und Entwicklungen der Reifenindustrie sind kaum Grenzen gesetzt. Eines steht fest: Die Reifen werden zukünftig noch viel wichtiger werden.
Der Bridgestone Airfree-Konzept-Reifen zeigt, in welche Richtung die Zukunft steuert.
Der Bridgestone Airfree-Konzept-Reifen zeigt, in welche Richtung die Zukunft steuert.

Die Corona-Pandemie wird die Mobilitätsbranche nachhaltig verändert. Kaum ein Hersteller prescht nicht mit einer neuen E-Offensive nach vorne. Das Auto von morgen darf vielleicht noch einen Verbrennungsmotor haben, gesichert ist das aber nicht. 
Sicherer ist, dass die Autos der nahen Zukunft allesamt vier Räder und Reifen haben werden. Ja, vermutlich bleiben die vorerst noch schwarz und rund. Das war es aber dann auch schon mit den Ähnlichkeiten um aktuellen Reifen. Denn der Pneu der Zukunft wird sowohl passiv als aktiv deutlich zur Reichweite, Fahrsicherheit und Komfort beitragen. 

Kurzfristige Trends

Derzeit ist das heißeste Thema am Reifenmarkt der Ganzjahresreifen. Die zunehmende Urbanisierung, gepaart mit sich ändernden Mobilitätsbedürfnissen führen dazu, dass in milden Klimaregionen der Allwetterpneu ein echter Shootingstar ist. Mit auf Sicherheit gebürsteten Fahreigenschaften erspart er dem Nutzer das saisonale Reifenumstecken von Sommer- und Winterreifen und umgekehrt. Durch die stetig leicht rückläufigen Jahresfahrleistungen ergeben sich für Endkonsumenten deutliche Einsparungen: Sowohl die Arbeitszeit für das Umstecken als auch Einlagerungskosten fallen weg. Selbst wenn die Ganzjahresbereifung regelmäßiger getauscht werden muss, da ein Reifensatz in kürzer Zeit mehr Kilometer als eine Saisonbereifung abspult, kommt es zu Ersparnissen, da man nur einen Felgen- und RDKS-Satz benötigt. Zusätzlich punkten moderne Ganzjahresreifen mit guten Fahreigenschaften unter den meisten Bedingungen – Extremsituationen ausgenommen. 

Für Österreich ist der Ganzjahresreifen natürlich immer ein Kompromiss. Der innerstädtisch im flachen, milderen Osten durchaus seine Berechtigung hat. Ansonsten bleibt Österreich aber ein Winter- und Sommerreifenland, da die Temperatur- und Witterungsunterschiede übers Jahr verteilt zu groß sind. Anmerkung: Gerade im Frühling und Herbst, wo Temperaturunterschiede am gleichen Tag von 20 Grad Celsius und mehr vorkommen, wäre der Ganzjahresreifen fast ideal. 

Aufgrund der stark aufkommenden Elektromobilität – und der damit einhergehenden Gewichtssteigerung der Pkw-Modelle - hat Continental bereits einen neuen Lastindex eingeführt. 

Ebenfalls spannend: Falken arbeitet an einem System, womit Reifensensoren zukünftig ohne Batterie auskommen. Das wäre für Handhabung von Reifen eine deutliche Verbesserung.

Lanfristige Trends

Blicken wir mehrere Jahre in die Zukunft, kommen sehr spannende Zeiten auf die Reifenindustrie, den Reifenhandel und auch die Endkonsumenten zu. Pirelli hat mit dem Cyber Tyre bereits einen mit dem Auto vernetzen Reifen zur Serienfertigung entwickelt. Michelin vernetzt seine Reifen ebenfalls, jedoch mit RFID-Chips, die vorerst vor allem das Reifenhandling und die Logistik vereinfachen. Ebenfalls von Michelin soll es schon bald einen luftlosen Reifen für Pkw-Modelle (Uptis) geben, der praktisch wartungs- und beinahe schadenfrei laufen soll. Der Bridgestone Airfree-Konzeptreifen bedient sich einer ähnlichen Idee.

Goodyear geht noch einen Schritt weiter und präsentiert mit der Studie „reCharge“ einen Pneu, der sich durch verschiedene Kapseln selbst wieder regeneriert und damit auch zwischen Sommer- und Wintereigenschaften schwanken kann. 

Im Interview mit Bridgestone erfahren wir, dass er japanische Reifenkonzern gleich mehrere Aufgaben beim Reifen der Zukunft beheimatet sieht, darunter auch die Nachhaltigkeit. Unter anderem will man mit der Techsyn-Technologie die Haltbarkeit um ganze 30 Prozent verbessern und gleichzeitig den Rollwiderstand senken.

Das Thema Nachhaltigkeit ist auch für Michelin ein Thema, wo man bereits an neuen Recycelmöglichkeiten von Altreifen denkt. Bis 2050 möchte der französische Hersteller seine Reifen zu 100 Prozent nachhaltig backen, ausschließlich aus erneuerbaren, recycelten, biologisch erzeugten oder anderweitig nachhaltigen Materialien. Und Continental forscht schon seit mehreren Jahren an Kautschuk aus Löwenzahn (Taraxagum), um den Umweltfußabdruck geringer zu halten. Der deutsche Hersteller möchte ebenfalls - so wie Bridgestone - bis 2050 komplett nachhaltig produzieren.