NoVA-Erhöhung: "Denn sie wissen nicht, was sie tun."

Steuern
03.12.2020

Von: Philipp Bednar
Bei der Pressekonferenz zum Thema "Auswirkungen der NoVA-Erhöhung in der Praxis" vom Arbeitskreis der Automobilimporteure - gemeinsam mit dem Fahrzeughandel und den Mobilitätsclubs - wurde klar: Die NoVA-Erhöhung wird alle Konsumenten treffen.
Klaus Edelsbrunner und Günther Kerle (v.l.) bei der Online-Pressekonferenz zur NoVA-Erhöhung.
Klaus Edelsbrunner und Günther Kerle (v.l.) bei der Online-Pressekonferenz zur NoVA-Erhöhung.

Die NoVA-Erhöhung, die ab 1. Juli 2021 in Kraft treten wird, wurde heute bei der Pressekonferenz auf das Schärfste kritisiert. Günther Kerle, Sprecher des Arbeitskreises der Automobilimporteure: "Der Neuwagenmarkt ist heuer um 27 Prozent eingebrochen. Diese Steuererhöhung trifft die Falschen und kommt zur Unzeit." Besonders unverständlich sei die NoVA-Einführung für leichte Nutzfahrzeuge (Fahrzeugklasse N1). Damit würden vor allem Handwerksbetriebe, Kleintransporteure und KMU getroffen werden. "Wir haben die Mehrbelastung ob der NoVA für N1 mit 150 Millionen Euro pro Jahr für KMU errechnet", sagt Günther Kerle.
Klaus Edelsbrunner, Obmann des Bundesgremiums Fahrzeughandel, steht Kerle zur Seite: "Diese Verteuerung trifft jeden einzelnen Endkonsumenten. Die Autofahrer sollten die Wahl haben, welches Fahrzeug den eigenen Ansprüchen am besten entspricht und nicht politisch gelenkt werden"

Angriff auf die Politik

Günther Kerle und Klaus Edelsbrunner bestätigen in der Pressekonferenz, dass es im Vorfeld der NoVA-Erhöhung keinerlei Gespräche mit der Politik gab: "Man ist über uns drübergefahren. Die Vorgangsweise zeigt eindeutig, dass man unsere Branche in so weitreichende Überlegungen nicht einbeziehen will", sagt Edelsbrunner. 
"Die Erhöhung wurde mitten im Lockdown, ohne Dialog, ohne Begutachtung hinter verschlossenen Türen beschlossen. Von den Grünen war nichts anderes zu erwarten, aber ich bin enttäuscht von der ÖVP, dass sie das mitträgt. Ich glaube nicht, dass jeder weiß, welche Steuererhöhung hier abgenickt wurde. Man könnte sagen: Denn sie wissen nicht, was sie tun", sagt Kerle, der damit vor allem die NoVA-Einführung der Klasse N1 damit meint. "Hier wurden keine Schlupflöcher gestopft, sondern einfach nur an der Steuerschraube gedreht."

Dramatische Erhöhungen für alle

Wie dramatisch die NoVA-Einführung für die leichten Nutzfahrzeuge ist, hat Günther Kerle in ein paar Beispielen gezeigt (siehe Fotos). Je nach Modell können beispielsweise Pritschenwagen bis 2024 um bis zu 17.630 Euro teurer werden. Ein Kastenwagen um bis zu 10.884 Euro. "Natürlich werden diese Anschaffungsmehrkosten am Ende von den Handwerks- und Transportunternehmen an die Endkunden weitergegeben. Damit steigen die Preise für Produkte und Dienstleistungen", sagt Franz Weinberger, Sprecher der österreichischen Nutzfahrzeugimporteure, die natürlich dann erst wieder vom Endkonsumenten bezahlt werden.

Martin Grasslober, Leiter Verkehrswirtschaft ÖAMTC, unterstreicht, dass es aber nicht nur die leichten Nutzfahrzeuge trifft: "Sondern wirklich alle Fahrzeugklassen" und geht daher mehr auf die Beispiele im Pkw-Bereich ein. "Wenn man sich die Auswirkungen im Detail ansieht und auf verschiedene beliebte Pkw-Modelle anwendet, stellen wir fest: Es ist keine zielgerichtete, ökologische Maßnahme. Es trifft sowohl Kleinwagen, Stadtwagen, Hybrid-Modelle und eben nicht nur große, teure SUVs oder Sportwagen." Ein VW Golf Variant wird über 800 Euro teurer. Ein Ford Galaxy Van um 2000 Euro. "Die NoVA-Erhöhung trifft jeden Verbrenner und sogar Hybridfahrzeuge. Uns als ÖAMTC ist bewusst, dass der Verkehr beim Umweltschutz seinen Beitrag leisten soll, aber diese Besteuerung der breiten Maße lehnen wir ab."

Sebastian Obrecht, Sprecher ARBÖ, präzisiert die unangenehme Lage für die Autofahrer in dem Land: "Das ist die 16. Steuererhöhung auf Kosten der Autofahrer seit 2004. Und bereits die vierte in diesem Jahr. Obwohl die Regierung mit dem Versprechen angetreten ist, keine Steuern zu erhöhen. Das war eine Lüge." Obrecht erklärt, dass die heimischen Kraftfahrzeugbesitzer pro Jahr bereits 15 Milliarden Euro an Steuern zahlen würden. Und, wie Christian Pesau, Geschäftsführer des Arbeitskreises der Industriellenvereinigung betont: "Das war noch nicht das Ende der ökosozialen Steuerreformpläne. Im Regierungsprogramm stehen noch weitere Maßnahmen, die uns bereits 2022 erwarten könnten." 

Problem Fahrzeugbestand

Günther Kerle betont die Komplexität der Problematik: "Die Politik spricht von Stinkern, aber ein modernes Neufahrzeug hält die strengsten Abgasnormen ein und ist alles andere als ein Stinker. Ziel muss es sein, immer mehr neue, moderne, effiziente und sichere Fahrzeuge auf die Straßen zu bringen." Sebastian Obrecht legt nach: "Wir haben rund eine Millionen Fahrzeuge zugelassen, die der Abgasnorm Euro 4 oder älter entsprechen. Es braucht Maßnahmen, um diesen Bestand an Altfahrzeugen sukzessive zu verringern. Nur die Neuwagen teuer zu machen ist eine reine Geldbeschaffung. Mit dem Effekt, dass die Besitzer älterer Fahrzeuge damit noch länger fahren werden und den Umstieg auf ein Neufahrzeug herauszögern werden."