Opel Astra: Lahmgelegt durch Wackelkontakt

Diagnosekrimi
16.09.2021

Der Besitzer eines vier Jahre jungen Opel Astra 1.6 CDTI kontaktiert seine Werkstatt, weil sich eines Tages der Motor nicht mehr starten lässt. Nachdem auch ein Fremdstartversuch scheitert, gerät die Fehlersuche zum Diagnosekrimi.

Laut Pannenstatistik des ÖAMTC ist der häufigste Grund für Startschwierigkeiten bei der Batterie beziehungsweise bei der Energieversorgung zu finden. Genau auf diesen Schwachpunkt deutet viel, als der Besitzer eines Opel Astra 1.6 CDTI, Baujahr 2016, eines Tages vergeblich versucht, den Motor seines Fahrzeugs zu starten. Auch ein Fremdstartversuch des herbei gerufenen Pannenhelfers hat keinen Erfolg, sodass nichts andres übrig bleibt, als den Wagen in die Werkstatt zu schleppen. Dort stellt man im ersten Diagnoseschritt fest, dass die Batterie zwar stark entladen, doch bei guter Gesundheit ist. Der Stromspeicher wird nachgeladen, die Diagnose-Routine mit der Abfrage der Fehlerspeicher via Hella Gutmann mega macs 77 fortgesetzt. Anhand der nun auftauchenden  ellenlangen Liste gespeicherter Fehlercodes wird dem Meister klar, dass die Ursache deutlich komplexer als eine entladene Batterie ist. Ein Diagnosekrimi nimmt seinen Lauf.

  • Nicht nur in der Motorsteuerung, sondern auch in Fahrzeugsystemen wie ‚ABS/ESP‘, Karosserie‘ und ‚Parkpilot‘ sind Fehler gespeichert. Auffällig dabei sind übergreifende ‚Kommunikationsfehler, darunter U0073 für ‚Fahrzeugkommunikations-Bus A – Funktion abgeschaltet‘ und U0100 für ‚Kommunikation mit Motorsteuergerät – Kommunikation gestört‘.
  • Der Kfz-Meister löscht zunächst alle Fehlercodes. Der Motor lässt sich daraufhin anstandslos starten, und bei einer erneuten Abfrage des Gesamtfehlerspeichers treten keine Fehler mehr auf. Die Erfahrung macht den Techniker allerdings skeptisch, denn die Ursache der Störung ist nach wie vor unbekannt.
  • Nach einer abschließenden Prüfung der Batterie und aller Masseverbindungen an Karosserie, Motor und Getriebe wird das Fahrzeug dem Kunden nur ungern und unter Vorbehalt zurückgegeben.
  • Wenig überraschend meldet sich dieser schon bald darauf wieder mit dem bekannten Problem. Nun kann allerdings über den mega macs auch keine Kommunikation zum Motorsteuergerät mehr hergestellt werden. Erneut werden die Batterie und die Massepunkte geprüft – alles okay.
  • Der Meister kontaktiert das technische Callcenter von Hella Gutmann und erfährt: Um die Ursache für die gestörte Kommunikationsfähigkeit des Fahrzeugkommunikations-Bus A und für die gestörte Anbindung des Motorsteuergeräts zu finden, muss jedes der angebundenen Fahrzeugsysteme geprüft werden. Dazu ein Praxistipp: Häufig sei ein Wassereintritt am Stecker des ABS-Steuergeräts die Ursache.
  • Die Suche beginnt mit der Überprüfung des Steckers und der Signale des Datenbusses am ABS-Steuergerät. Fazit: Der Stecker ist nicht oxidiert, dennoch ist kein Signal auf dem Datenbus vorhanden. Beim Wiederaufstecken des Steckers wird besonders auf dessen festen Sitz geachtet, um einen Wackelkontakt auszuschließen. Danach scheint der Fehler behoben, der Motor lässt sich wieder starten, und die Probefahrt verläuft störungsfrei.
  • Kurz vor der geplanten Übergabe an den Kunden lässt sich der Opel jedoch wieder nicht starten. Es bleibt also nichts anderes übrig, als die systematische Prüfung der an den Datenbus angebundenen Steuergeräte fortzusetzen. Auch die Schnittstellen am Automatikgetriebe, an der Servolenkung und am Scheinwerfersteuergerät werden geprüft. Ergebnis: Alles in Ordnung.
  • Neuerlich wendet sich der Meister an einen Experten im technischen Callcenter, und dieser bringt ihn mit einer Frage auf die entscheidende Spur: „Kann es sein, dass in letzter Zeit die Frontscheibe ersetzt wurde?“ Denn auch ein nicht korrekt aufgesteckter Stecker der Kamera könne den CAN-Bus unterbrechen. Der Meister bejaht, denn tatsächlich hatte der Kunde den Scheibentausch erwähnt.
  • Bei der Überprüfung der Kamera im Bereich des Innenspiegels sowie der Schnittstelle zeigt sich ein schlecht aufgesteckter Stecker, durch den ein Wackelkontakt und somit die zeitweise Unterbrechung des Datenbusses entstanden war. Nach korrekter Arretierung des Steckers ist der Fehler dauerhaft behoben – Fall gelöst.                 

Kommentar: Haltestellen für BUS-Signale

  • Im Callcenter der Hella Gutmann Technik-Hotline sitzen erfahrene Diagnose-Techniker, die hilfesuchende Kfz-Techniker nicht nur bei der Lösung akuter Probleme unterstützen, sondern ihnen auch die Zusammenhänge und Ursachen erklären. So handelt es sich bei den ‚U-Fehlercodes‘ des oben beschriebenen Falles um markenübergreifende CAN-Bus-Fehler, denen man gar nicht selten im Werkstattalltag begegnet. Die Störung des CAN-Bus sei dabei übergeordnet, während alle anderen gespeicherten Fehlercodes mit hoher Wahrscheinlichkeit nur sogenannte Folge-Fehlercodes sind, die ignoriert werden können. Um die Ursache für die Störung der Kommunikation zu finden, sei es hilfreich zu wissen, dass die Signale des CAN-Bus nicht auf direktem Weg an jedes Steuergerät, sondern nur an einige wenige Steuergeräte gesendet werden. Durch diese werden sie zum Teil hindurch geschleift und zu anderen Steuergeräten weitergeleitet. Deshalb kann der Ausfall einer einzelnen Komponente die Unterbrechung des kompletten Datenbusses bewirken und die Kommunikation im gesamten System lahm legen.