Phasenweise Kurzarbeit

Kurzarbeit
09.04.2021

Von: Josef Ruhaltinger
Mit 1. April hat Phase 4 der Corona-Kurzarbeit begonnen. Unternehmen, die ihren Mitarbeitern während der Ausfallzeit Weiterbildung ermöglichen, bekommen die ­Kosten zur Gänze zurück. 
Als IHS-Chef warnte Martin Kocher davor, Kurzarbeit zum Dauerinstrument werden zu lassen. Als Arbeitsminister jedoch ist Corona-Kurzarbeit für ihn nun bis März 2022 vorstellbar.
Als IHS-Chef warnte Martin Kocher davor, Kurzarbeit zum Dauerinstrument werden zu lassen. Als Arbeitsminister jedoch ist Corona-Kurzarbeit für ihn nun bis März 2022 vorstellbar.

Wissenschaftler haben nicht oft Gelegenheit, ihre Lehren in der Praxis auszuleben. Martin Kocher ist eine Ausnahme: Als Chef des IHS warnte er im Sommer des Vorjahres, Kurzarbeit „zum Dauerinstrument“ werden zu lassen. Er tat dies anlässlich eines Medientermins gemeinsam mit der damaligen Arbeitsministerin Christine Aschbacher. Heute hat er seine damalige Gastgeberin ersetzt – und seine Einsichten in seiner politischen Funktion geschmeidig gemacht. Jetzt hält er „eine Corona-Kurzarbeit in Lockdown-Branchen bis maximal März 2022 für vorstellbar“, sagte Kocher jüngst im Interview mit der APA. Fest steht: In Krisenzeiten hat sich die Kurzarbeit als Instrument des Arbeitsmarkts bewährt. Unternehmen können auch bei schlechtem Geschäftsgang ihre Mitarbeiter halten. Zuletzt waren im März 488.000 Personen zur Corona-Kurzarbeit angemeldet. Am Höhepunkt im Juni waren es 1,3 Millionen Menschen.

Wenn Personalverrechner weinen

Viele Betriebe hadern mit den Regeln der Kurzarbeit. Wie alle gehalts- und personenbezogenen Vorgaben sind sie kompliziert. Die Hauptkritik der Unternehmen gilt aber der Dauer der Verfahren. Dem Arbeits­marktservice AMS, das mit der Abwicklung der Anträge beauftragt ist, mangelt es bis heute an den Personalressourcen. Es gibt immer noch Betriebe, die die Zuschüsse für die Kurzarbeitsphase im Mai des Vorjahres noch nicht haben. Mitte Februar waren 10,6 Milliarden Euro rechtsverbindlich zugesagt worden. Davon wurden 6,1 Milliarden Euro laut Arbeitsministerium tatsächlich ausbezahlt. 

Eines nach dem anderen

Mit 1. April startet die Phase 4 der Kurzarbeitsregeln (bis 30. Juni). Die Erklärung für die Phasen ist einfach: Die Leitlinien wurden jeweils mit meist dreimonatiger Befristung eingeführt. Dabei kam es von Phase zu Phase immer wieder zu gesetzlichen Veränderungen, die den bisherigen Erfahrungen und den juristischen Notwendigkeiten geschuldet sind. Die zuletzt für die Phase 3 geltenden Rahmenbedingungen bleiben bis auf wenige kleine Änderungen gleich.

Kurzarbeits-Gehälter

Die Einkommen-Nettoersatzrate für Arbeitnehmer bleibt auch in Phase 4 bei 80 bis 90 Prozent. Dabei orientiert sich das Einkommen während der Kurzarbeit am Bruttoentgelt vor Kurzarbeit (inklusive Zulagen, Zuschlägen und laufenden Provisionen sowie Mehrstunden und Mehrstundenzuschlägen, nicht hingegen Aufwandsentschädigungen/Diäten und Überstundenentgelten). Bei schwankenden Entgeltbestandteilen ist ein Dreimonatsschnitt heranzuziehen. 
● Bis zu € 1.700,– brutto: Mitarbeiter in Kurzarbeit erhalten 90 % des Einkommens.
● bis zu € 2.685,– brutto: 85 % des Einkommens
● ab € 2.686,– brutto: 80 %
Für Einkommensteile über € 5.370,– gebührt dem Arbeitgeber jedoch keine Beihilfe. Anders bei Lehrlingen: Sie behalten 100 % der bisherigen Lehrlingsentschädigung.
Diese Bruttoersatzrate (80/85/90 %) ist in jedem Fall zu zahlen, unabhängig davon, wie viele oder wenige Stunden gearbeitet wurde.
Für die Praxis: Das Bundesministerium für Arbeit hat eine „Kurzarbeits-Mindestbruttoentgelt-Tabelle“ mit den Berechnungen von „Einst“ und „Jetzt“ ins Netz gestellt. Ein Mitarbeiter mit 2.500 Euro brutto erhält dort während seiner Kurzarbeitszeit 1.985,– brutto pro Monat. 

Fragen zur Arbeitszeit

Seit 1. 10. 2020 muss die Bandbreite während des jeweiligen Kurzarbeitszeitraums zwischen 30 % und 80 % der Normalarbeitszeit liegen. Dabei können längere Zeiträume ohne Arbeit vereinbart werden. Die reduzierte Arbeitszeit muss nur im Durchschnitt erreicht werden. Wichtig für Unternehmen: Die Herabsetzung der Arbeitszeit kann für einzelne Arbeitnehmer unterschiedlich festgelegt oder – wenn Betriebsrat vorhanden – mit diesem vereinbart werden. Dabei ist aber zu beachten, dass für Arbeitnehmer in Kurzarbeit eine Behaltepflicht von einem Monat nach Ende der Kurzarbeit gilt. Soll dennoch eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen werden, braucht es die Zustimmung von Betriebsrat oder Gewerkschaft. Diese Zustimmung kann von der zuständigen Regionalstelle des AMS ersetzt werden. Kündigt ein Mitarbeiter in Kurzarbeit von sich aus, muss ein anderer eingestellt werden (Auffüllpflicht). 

Soviel zahlt das AMS 

Das zuständige Arbeitsmarktservice ersetzt die Kosten für die nicht gearbeiteten, aber bezahlten Stunden. In der Kurzarbeitsbeihilfe sind die anteiligen Sonderzahlungen, die anteiligen Beiträge zur Sozialversicherung (bezogen auf das Entgelt vor Einführung der Kurzarbeit) und die sonstigen lohnbezogenen Dienstgeberabgaben enthalten. Dabei werden die Arbeitgeber-Beiträge der Sozialversicherung ab dem ersten Kurzarbeitsmonat vom AMS übernommen. 

Der „AMS-Rechner für Covid-19-Kurzarbeitsbeihilfe“ (googeln!) rechnet die Zuschüsse unverbindlich aus: Für den eingangs angesprochenen Mitarbeiter, der normal 2.500 Euro brutto erhält und für 30 Prozent seiner Arbeitszeit Anspruch auf 1.985,– brutto hat, beträgt die voraussichtliche Covid-19-Kurzarbeitsbeihilfe inkl. SV-Dienstgeberanteil 2.144 Euro. 

Bleibt unterm Strich: Es ist für Unternehmen nicht einfach, das Geld beim Staat zu mobilisieren. Andererseits: Kein Nachbarland bietet eine annähernd vergleichbare Unterstützung, um Mitarbeiter zu halten. Da ist es einfacher, die Bürokratie in Kauf zu nehmen.