Reifeprüfung für E-Mobilisten

Das TGM in Wien folgt dem Wandel in der automobilen Antriebstechnik und stellt den Maschinenbau- Klassen drei Renault Twizy für praktische Übungen zur Verfügung.

Drei bunte Renault Twizys parken seit neuestem in der Werkstatthalle des TGM, der größten HTL Wiens, die den Beinamen „Schule der Technik“ trägt. Die Burschen und Mädchen der beiden Maturaklassen des Fachbereichs Maschinenbau dürfen die vierrädrigen Elektro-Kleinstwagen unter fachkundiger Anleitung genau unter die Lupe nehmen, sie auseinander und wieder zusammen bauen und mit Sensoren bestücken. „Damit können wir im Fahrbetrieb in Echtzeit die Fahrdynamik und die Beschleunigung messen und via Schnittstellensoftware auf einen digitalen Zwilling übertragen“, erklärt Martin Izaak, der gemeinsam mit Gerald Kalteis die TGMProjekte für E-Mobilität leitet. Praktisches Schrauben und digitale Datenverarbeitung – wer beides beherrscht, ist für die aktuellen und künftigen Anforderungen der Automobilindustrie bestens qualifiziert.

VERBESSERUNGEN ERWÜNSCHT

„Wer heute ein Fahrzeug konstruieren will, muss mehr als Zeichnen können“, erklärt Gabriele Schachinger, Abteilungsvorständin für Maschinenbau am TGM. Sie sorgt dafür, dass Lehrer und SchülerInnen mit modernster Soft ware und Augmented- Reality Systeme arbeiten können. „Der Renault Twizy wird am Computer komplett nachgezeichnet und in der Virtuellen Realität abgebildet“, sagt Schachinger. Anschließend wird das physische Auto über Sensoren und WLAN mit seinem digitalen Zwilling verbunden. „Über eine 3D-Brille kann man sogar in einzelne Komponenten hineinzoomen, sie umrunden und in Bewegung betrachten“, so Schachinger. „Die SchülerInnen lernen so das Fahrzeug bis ins letzte Detail kennen und können sich überlegen, wo und wie man es verbessern könnte“, sagt Fachlehrer Gerald Kalteis. Für den Renault Twizy hat sich die Schule vor allem aus Sicherheitsgründen entschieden, denn der kleine, zweisitzige Stadtflitzer mit den Flügeltüren kommt mit einer vergleichsweise ungefährlichen Akku-Spannung von 60 Volt aus. „Große Limousinen fahren mit 400 Volt oder mehr, da könnte es böse enden, wenn man im Unterricht das falsche Kabel anfasst“, so Fachlehrer Martin Izaak.

ASPEKTE DER MOBILITÄT

Die elektronischen Aufbauarbeiten und die digitale Aufbereitung werden von den Schülern selbst erledigt. „Das bietet ausgiebig Stoff für zahlreiche spannende Diplomarbeiten der nächsten Jahre“, freut sich Schachinger. Ebenso wie ihre Fachlehrer ist die Abteilungsvorständin überzeugt davon, dass der Elektroantrieb in Zukunft im Individualverkehr eine bedeutende Rolle spielen wird. „Wir berücksichtigen im Unterricht aber auch diverse Hybridsysteme sowie andere Antriebstechnologien wie Wasserstoff und Flüssiggas“, betont sie. Und natürlich dürfen im Verkehrs-Szenario der nahen Zukunft Schienenfahrzeuge, Smart Mobility, autonome Fahrzeuge und fahrerlose Busse nicht fehlen. „An unserer Schule überwiegt zwar immer noch der Burschenanteil, doch der Mädchenanteil steigt stetig an“, freut sich Schachinger. In der Werkstatt experimentieren auch die Schülerinnen Magdalena und Tanja mit den neuen Twizys. „Vor kurzem habe ich bei einem österreichischen Hersteller für Airbag-Patronen ein Praktikum absolviert“, erzählt Tanja, die ihre berufl iche Zukunft sperspektive im Qualitätsmanagement in der heimischen Zulieferindustrie sieht. Magdalena will sich ihren Karriereweg dagegen lieber noch off en halten. „Maschinenbau ist für mich eine interessante Basisausbildung“, sagt sie, „aber vielleicht studiere ich nach der Matura lieber Architektur oder Umweltwissenschaft en.“