So führen Sie Mitarbeiter im Homeoffice

Unternehmensführung
27.04.2021

 
„Aus den Augen, aus dem Sinn.“ Dieser Spruch gilt leider oft auch beim Führen von Mitarbeitern im Homeoffice. Managementberater Hans-Peter Machwürth rät, mit ihnen regelmäßig Feedbackgespräche zu führen. 
Unternehmensberater Hans-Peter Machwürth warnt davor, Mitarbeiter im Homeoffice zu vernachlässigen.
Unternehmensberater Hans-Peter Machwürth warnt davor, Mitarbeiter im Homeoffice zu vernachlässigen.

Feedbackgespräche gehören in vielen Unternehmen zum Standardführungsrepertoire. Wieso sind sie so wichtig?

Hans-Peter Machwürth:Sie steigern die Zufriedenheit der Mitarbeiter und ihre Arbeitsmotivation. Außerdem sind sie für eine systematische Personalentwicklung wichtig. Das sollten sich Führungskräfte gerade in Zeiten wie den aktuellen in Erinnerung rufen, in denen sich corona-bedingt die Rahmenbedingungen der Arbeit sowie deren Inhalte und Ziele oft wandeln. 

Warum?

In ihnen müssen Führungskräfte ihren verunsicherten Mitarbeitern noch häufiger als in normalen Zeiten eine Orientierung geben, was es warum zu tun gilt; außerdem eine Rückmeldung über ihr Verhalten und ihre Leistung.

Geschieht dies in ausreichendem Maß?

Schon in normalen Zeiten sprechen viele Führungskräfte mit ihren Mitarbeitern zu wenig über ihre Arbeit sowie die damit verbundenen Erwartungen und Ziele. In Krisenzeiten, in denen die Führungskräfte meist selbst unter erhöhter Anspannung stehen, ist das gehäuft der Fall. Insbesondere die Mitarbeiter im Homeoffice geraten dann schnell in Vergessenheit, weil sie nicht physisch präsent sind. Und weil auch der sonst übliche Smalltalk am Arbeitsplatz entfällt, findet mit ihnen zwar oft noch ein wöchentlicher Video-Call zur Information statt, doch letztlich keine echte Führung mehr.

Was können die Unternehmen dagegen tun?

Die Personalabteilung kann zum Beispiel Richtlinien für die Führungskräfte verfassen, was beim Führen von Mitarbeitern im Homeoffice zu beachten ist. Schließlich ist diese Aufgabe für viele noch recht neu. Eine Empfehlung kann lauten: „Führen Sie mit jedem Mitarbeiter im Homeoffice alle zwei, drei Wochen ein Mitarbeiter- und Feedbackgespräch – sei es per Telefon oder online. Empfohlene Dauer: mindestens 20 Minuten; mögliche Inhalte: …“ 

Was sollte das Ziel dieser Gespräche sein?

Feedbackgespräche haben nicht das primäre Ziel, Probleme bei der Alltagsarbeit zu besprechen. Vielmehr soll das Verhalten des Mitarbeiters und seiner Führungskraft in einem Zeitabschnitt betrachtet werden, um zu klären, wie die Arbeit bzw. Zusammenarbeit verbessert werden kann. Das gilt auch in Corona-Zeiten.

Worauf sollte man bei solchen Gesprächen achten?

Weil in ihnen die Vergangenheit reflektiert werden soll, erfordern Feedbackgespräche eine Vorbereitung von beiden Seiten. Folglich sollten sie terminiert sein. Hinzu kommt, dass Feedback nur wirksam ist, wenn es konkret ist. Also benötigt man Beispiele aus dem Berufs- und Arbeitsalltag. In vielen Unternehmen sind regelmäßige Mitarbeitergespräche Pflicht. Das führt zuweilen dazu, dass Vorgesetzte sie nur führen, um der Personalabteilung „Vollzug“ zu melden. Entsprechend schlecht ist ihre Qualität. Diese Gefahr ist besonders groß, wenn die Führungskräfte selbst unter Anspannung stehen – wie jetzt zu Pandemie-Zeiten.

Wie kann man hier vorbeugen?

In der Praxis empfiehlt sich oft folgendes Vorgehen: Nach jedem Mitarbeitergespräch füllen die Führungskraft und der Mitarbeiter online unabhängig voneinander einen Fragebogen aus und senden ihn zum Beispiel an die Personalabteilung.

Welche Fragen sollte der Fragebogen enthalten?

Er kann Fragen enthalten wie: Wie zufrieden sind Sie mit dem Gesprächsverlauf? Wie empfanden Sie die Gesprächsatmosphäre? Wie lange dauerte das Gespräch? Wurden auch Entwicklungsthemen erörtert? Was sollte sich ändern, damit Sie und Ihr Partner vom nächsten Gespräch noch mehr profitieren? Eine solche Rückmeldung an die Personalabteilung garantiert noch keine qualitativ hochwertigen Feedbackgespräche, sie sorgt aber für eine Mindestqualität, die Schritt für Schritt gesteigert werden kann. Das ist gerade in der aktuellen Zeit wichtig, in der alle Beteiligten noch recht wenig Erfahrung mit der virtuellen Zusammenarbeit und dem Führen von Mitarbeitergesprächen per Telefon oder Video-Call haben. Tauchen zum Beispiel in den ausgefüllten Fragebögen immer wieder bestimmte Wünsche der Gesprächspartner auf, kann hieraus eine weitere Empfehlung der Personalabteilung resultieren.

Wie lange sollte ein Mitarbeiter- oder Feedbackgespräch dauern?

In normalen Zeiten, wenn die Feedbackgespräche nur im Zwei-, Drei-Monatsrhythmus stattfinden, gilt als Faustregel mindestens eine Stunde pro Mitarbeiter. Denn damit eventuell auch heikle bzw. persönliche Themen angesprochen werden, ist eine entspannte Atmosphäre nötig. Diese gilt es zunächst zu schaffen.

Und in Corona-Zeiten?

Wenn die Gespräche in einer engeren Taktung – zum Beispiel im Drei- oder gar Zwei-Wochen-Rhythmus – stattfinden, ist die Vorgabe „mindestens eine Stunde“ bei einer größeren Führungsspanne meist unrealistisch. Auf alle Fälle sollten die Gespräche aber ohne Zeitdruck und Störungen von außen erfolgen. Deshalb empfiehlt es sich, sie in den Randzeiten zu führen.

Wie ist ein gutes Feedbackgespräch aufgebaut?

Es besteht aus drei Phasen: Erstens, Reflektion der vergangenen Zeiteinheit – zum Beispiel das zurückliegende Quartal, zweitens, die Einschätzung der aktuellen Situation und drittens der Blick nach vorne. Wichtig ist, dass der Mitarbeiter auch ein Feedback über seine Stärken und Schwächen erhält. Was macht/kann er/sie gut bzw. weniger gut? Zum Beispiel bei der Selbstorganisation der Arbeit im Homeoffice? Oder beim Nutzen der vorhandenen Kollaborationtools? Oder in der Online-Kommunikation mit Kollegen? Denn jeder Mensch hat blinde Flecken – also Verhaltensmuster, die ihm nicht bewusst sind. Deshalb brauchen wir ab und zu eine Rückmeldung von außen, damit wir uns über unser Verhalten und seine Wirkung bewusst werden.

Das klingt nach viel Arbeit für die Führungskräfte...

Ja, das regelmäßige Führen von Feedbackgesprächen mit allen Mitarbeitern erfordert viel Zeit und Energie – auch wegen der nötigen Vorbereitung. Doch die Investition lohnt sich, denn sie stellt sicher, dass im Arbeitsalltag weniger Unklarheiten bestehen, was wiederum auch den Führungsaufwand schmälert.

Zur Person:Hans-Peter Machwürth ist Geschäftsführer der international agierenden Unternehmensberatung Machwürth Team International (MTI Consultancy), für die weltweit circa 450 Berater, Trainer, Coaches sowie Projektmanager arbeiten.