Test Ducati Monster 821 - Monster, aber irgendwie anders

Test
18.07.2018

Von: Philipp Bednar
Die Ducati Monster 821 ist einerseits eine echte Monster, anderseits sind Vierventiltechnik und Wasserkühlung neu, obwohl die Konkurrenz schon längst darauf setzt. Als Ducati-Fahrer weiß ich daher überhaupt nicht, was ich von der neuen, kleinen Monster halten soll.

Ergonomie

Vorweg: Sie ist eine echte Monster. Nicht nur die Formensprache ist eindeutig Ducati Monster, auch die Ergonomie. Der Tank ist klassisch in der Form und gewohnt schlank um den Schritt. Der Lenker (leider nur 22-mm-Durchmesser) ist breit und tief montiert, man wird noch immer mehr als bei vielen anderen Nakedbikes über den Tank gespannt. Nicht unangenehm, eher fahraktiv. Der Blick auf das volldigitale Farbdisplay ist gut. Typisch Ducati hat man das Gefühl, direkt die Vorderachse in der Hand zu haben. Den Scheinwerfer sieht man nicht, dafür direkt auf die Vorderradspitze. An der Monster ist vorne nicht viel dran. Gut so. Der Sattel ist bequem, die Stufe zum Sozius gut genug, um immer ordentlich Rückhalt zu haben. Die großen Spiegel bieten eine gute Sicht nach hinten, vibrieren aber bei höheren Drehzahlen etwas. Aber schwer ist sie: genau 205 Kilogramm bringt sie vollgetankt auf die Waage. Die alten, noch luftgekühlten Monsters waren leichter. Windschutz gibt es übrigens gar keinen. Wer längere Tagestouren oder Motorradurlaube mit der Monster einplant, sollte sich gleich einen Windschild besorgen. Natürlich geht es auch ohne, aber mit wird der Nacken spürbar mehr geschont. Der Kniewinkel ist angenehm, die Fußrastenposition dezent sportlich. Ergnomie-Bauchfleck ist der Auspuffhitzeschutz auf der rechten Seite hinter der Ferse. Fährt man sportlich, mit den Fußballen auf der Raste, steht man unweigerlich am Hitzeschutz an und wird in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Glücklicherweise wird die Ferse aber nicht vom Auspuff gegrillt. Auffällig: der geringe Lenkeinschlag. 

Handling

Eine Monster war noch nie das handlichste Motorrad, dafür waren die nackten Ducatis für ihre hohe Stabilität bekannt. Alte Tugenden, die die Monster 821 übernommen hat. Das Einlenkverhalten ist überwiegend neutral, könnte aber einen Tick leichtfüßiger sein. Ist einmal die Schräglage justiert, wird die Monster sogar noch stabiler. Für Anfänger ergibt sich daraus ein eigenständiges Fahrverhalten. Speziell in engen Ecken braucht man etwas Nachdruck um die richtige Linie zu finden, hat man sie aber einmal, kann man sehr beruhigt mit ordentlich Feedback die Kurve ausreiten. In Highspeed-Kurven liegt die Monster sehr satt auf der Straße. Der Geradeauslauf ist ebenfalls tadellos - keine Pendelbewegungen um die Längsachse feststellbar. Selbst bei sehr hohen Geschwindigkeiten nicht. Mein subjektives Empfinden diktiert mir, dass sich die Monster 821 - im Vergleich zu ihren luftgekühlten Vorgängerinnen - einfach etwas erwachsener, länger, gediegener anfühlt. Dass die Monster 821 sportliche Gene in sich trägt, merkt man sofort an der Bereifung: Pirelli Rosso III sind eine sehr haftstarke, sportliche Erstausrüstung. 

Motor/Getriebe

So, jetzt sprechen wir mal Tacheles. Der Testastretta-Vaumotor mit 821 Kubik ist spürbar ein Ducati-Motor. Das Datenblatt bescheinigt ihr 109 PS und 86 Newtonmeter Drehmoment. Absolut glaubhafte Werte, die sich auch genau so anfühlen. Der Bumms reicht in allen Lebenslagen. Mehr braucht es auf der Landstraße genau gar nicht. Wirklich nicht. Aber: der Motor hat Charakter. Oder anders beschrieben: es rappelt und ruckt. Spürbares Konstantfahrruckeln gehört ebenso dazu, wie harte Lastwechselreaktionen unter 4000 Touren. Das konnten die Italiener schon mal besser. Ich habe den Verdacht, dass es auch an der Euro 4-Abgasnorm liegt. Aber ganz ehrlich: Für ein Premiummotorrad Jahrgang 2018 ist das - Zweizylinder hin oder her - zu viel Unruhe im Triebwerk. Ab 4000 Touren ein gänzlich anders Bild: Der Motor rennt spürbar weicher, hängt sehr gut und spontan am Gas und jeder Gasgriffbefehl wird direkt umgesetzt. Dann fährt der Motor schön linear mit ordentlich Druck bis in den Begrenzer bei rund 11.000 Umdrehungen. Geht doch. Heißt verkürzt: Lieber einen Gang niedriger, besser nicht unter 4000 Touren fahren, dann kann man das volle, ruckfreie Potenzial des Zweizylinders auskosten. Der Sound ist übrigens überraschend gut und präsent. Die Monster klingt nach Ducati. In jeder Lebenslage. Tadel gibt es für das Getriebe der Testmaschine. Die Schaltung war in den Gängen 1 bis 3 sehr hakelig und teilweise etwas schwergängig. Außerdem ist der Leerlauf selbst im Stand immer wieder rausgesprungen. Sehr ärgerlich, wenn man entspannt an der Ampel steht und plötzlich macht die rote Bella einen kleinen Hupfer nach vorne und geht aus. Schade, geht besser. Lob gibt es für die sehr gut funktionierende Anti-Hopping-Kupplung, die leicht über Seilzug zu ziehen ist. Angenehm: Ducati hat die Ventilspielkontrolle bzw. Einstellung auf 30.000 km-Intervalle vergrößern können. Ein Ölwechsel ist nur alle 15.000 km fällig. Damit werden die Unterhaltskosten spürbar gesenkt. 

Fahrwerk

Wie bereits kurz beim Handling erwähnt, sind die 1485 mm Radstand ein Garant für ein grundsätzlich stabiles Fahrgefühl. Bitter: Die 43-mm-Kayaba-Gabel ist nicht verstellbar. Gar nicht. Zwar werkt die Gabel grundsätzlich nicht butterweich, aber wenn man fest in die Eisen steigt, taucht sie tief ab. Je sportlicher man bremst, desto spürbarer wird die fehlende Dämpfung. Auf Block geht die Gabel aber nicht. Vorteil der tendenziell weichen Abstimmung: kleine Unebenheiten werden gut geschluckt und auch harte Kanten steckt die Gabel recht sauber weg. Da die Sitzposition jedoch sehr vorderradorientiert ist, spürt man die weiche Gabel stärker als bei neutraleren Ergonomien. Für mich persönlich hätte (bei dem Preis) zumindest die Gabel voll verstellbar sein müssen. Für die Hinterradfederung kommt ein Sachs-Monofederbein mit 140 mm Federweg zum Einsatz, das erstaunlicherweise in Zugstufe (=Ausfedergeschwindigkeit) und Vorspannung verstellbar ist. Um das Thema Fahrwerk abzukürzen: Das funktioniert schon gut, aber bei einem Listenpreis von 13.395 Euro hätte es etwas mehr sein können. Denn der Motor macht Lust auf sportliche Ausfahrten, das Fahrwerk kann mit, vermittelt aber nicht das klarste Feedback. Die Einarmschwinge ist leider schon länger Geschichte. Schade, sie war immer ein Hingucker bei den Monster-Modellen. Immerhin findet man sie noch bei der großen Schwester. 

Bremsen

Wo Brembo draufsteht, ist meistens sportliche Bremsperformance zuhause. Ist hier nicht anders. Die Verzögerung ist gut, nur das Feedback am Handbremshebel ist zu weich. Das könnte eine Topbremse sein, wenn das Feedback etwas besser wäre. Der erste Biss ist weich, zu mindestens fühlt es sich so an, obwohl die Verzögerung gut ist. Ich tippe auf eine brav ausgelegte Handbremspumpe. Vermutlich reicht der Wechsel der Pumpe schon und man hat die Bremsperformance, die die 4-Kolben-Monoblock-Bremszangen zu leisten vermögen. Das Bosch-ABS ist übrigens ebenfalls eher konservativ brav abgestimmt. Ein beherzer Griff mit einem Finger reicht aus, um das ABS auszulösen. Für Anfänger und weniger erfahrene Piloten ein spürbares Sicherheitsplus. Für sportliche Reiter eine etwas frühe Beschränkung. Die Hinterradbremse verzögert ebenfalls gut, könnte aber auch etwas mehr Feedback vermitteln. In Summe sind die Bremsen aber schon ziemlich gut. 

Aufgefallen

Ducati ist eine Premiummarke. Leider kann die Detailverarbeitung der Monster 821 - für mich - nicht ganz mit diesem Premiumversprechen mithalten. Viele japanische Nakedbikes bieten eine Preiskategorie darunter eine ähnliche Verarbeitung und teilweise sogar schönere Detaillösungen. Einstiegsmonster hin oder her, bei dem Preis muss das besser verarbeitet sein. Der kleine Tank mit 16,5 Liter beschränkt die Reichweite etwas.

Durchgefallen

Der geringe Einschlag. Die nicht verstellbare Gabel ist für den Preis einfach zu wenig. Die Motorabstimmung im unteren Drehzahlbereich geht besser.

Testurteil: Ducati Monster 821, by p.bednar

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