Um den richtigen Preis geht‘s

Interview
17.06.2016

 
Martin Novak (Country Manager) und Roland Strilka (Director Insight & Market Analysis): Im KFZ Wirtschaft-Interview geben die Profis von Eurotax Auskunft über optimales Gebrauchtwagenmanagement.
„Ab 63 Tagen ist die Grenze, wo der Gebrauchtwagen keinen Ertrag mehr bringt.“ Martin Novak,  Country Manager. „Umso schneller die Fahrzeuge  gedreht werden, desto mehr können auch verkauft werden.“ Roland Strilka,  Director Insight & Market Analysis

KFZ Wirtschaft: Gewinnt das Gebrauchtwagengeschäft angesichts sinkender Margen im Neuwagenverkauf an Bedeutung?
Martin Novak: Das GW-Segment hat bereits in den vergangenen zehn Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Und wird immer wichtiger. Allerdings ist die Herausforderung aber auch eine größere, zumal das Geschäft zunehmend dynamischer wird. Erfreulich ist, dass etliche Händler dieses Segment vortrefflich nützen, was sich positiv auf den Gesamtertrag des Autohauses auswirkt.

Ist den Händlern die Bedeutung bewusst?
Roland Strilka: Ich denke, ja. Wie wesentlich dieses Segment für die Gesamtmargensituation im Unternehmen ist, ist den Händlern durchaus bewusst. Ich meine allerdings, dass manche Händler noch einen Schritt im Kopf gehen müssen, um sich den aktuellen Marktgegebenheiten anzupassen. Auf Grund der gesteigerten Transparenz einerseits und dem damit einhergehenden reiferen und komplexeren Markt andererseits.

Stichwort: der richtige Preis. Dieser entscheidet ja zwischen Gewinn und Verlust. Wie unterstützt ­Eurotax in diesem Zusammenhang?
Martin Novak: Wir bieten eine Vielfalt an Hilfestellungen. Zum einen die Fahrzeugbewertung, mit der ein Eintausch basierend auf den Verkaufserlösen der jüngsten Vergangenheit kalkuliert werden kann. Darüber hinaus einen Eintauschwert, der gemäß einer Musterkostenrechnung entwickelt ist. Dieser kann über den Trade-in-Check noch einmal kontrolliert werden. Dabei handelt es sich um eine interne Kalkulation, mit Hilfe derer man seine individuellen Kosten dem Fahrzeug gegenüberstellen kann. Abgesehen davon kann man über den Marktradar die Marktsituation analysieren. Dies führt zu mehr Sicherheit, zeigt beispielsweise, wie das entsprechende Fahrzeug in meiner Region gehandelt wird, ob es Auffälligkeiten gibt et cetera. All das erleichtert die Herausforderung, den richtigen Preis zu finden. Unser jüngstes Produkt in diesem Zusammenhang ist der PriceAnalyser (siehe Kasten).  

Im April 2016 wurden laut Statistik Austria um 0,4 % mehr Gebrauchte als im April 2015 zugelassen. Überraschend?
Roland Strilka: Im GW-Segment war im ersten Quartal 2016 ein Plus von 4,5 % zu verzeichnen. Das Niveau ist grundsätzlich bereits von 2014 auf 2015 leicht gestiegen. Dass der Trend prinzipiell anhält, überrascht mich nicht.

Gemäß aktuellem EurotaxIndex liegt die durchschnittliche Standzeit der verkauften Fahrzeuge bei 63 Tagen. Wann beginnt die Schmerzgrenze?
Martin Novak: Wir haben Musterkostenrechnungen durchgeführt. Demgemäß beginnt ab 63 Tagen – also bei zwei Monaten – die Grenze, wo der Gebrauchtwagen keinen Ertrag mehr bringt bzw. sich tendenziell ins Minus entwickelt. Im Schnitt kann man dem Händler sagen: Pass auf diese zwei Monate auf und versuch’, darunter zu bleiben. 

Roland Strilka: Beispiele von Händlern – auch aus anderen Ländern – zeigen, dass, umso schneller die Fahrzeuge gedreht werden können, desto mehr können im Endeffekt auch verkauft werden. Jeder Platz, der frei wird, kann wieder aufgefüllt werden. Diese Tatsache erhöht selbstverständlich die Chance auf eine gute Marge, denn: gesetzt den Fall, ich würde bei 30 Tagen drehen, so habe ich doppelt so viele Chancen auf eine gute Marge als bei 60 Tagen. Die Standtage sollten so niedrig wie möglich sein.

Wenn sich ein Händler mit dem Anliegen „Ich will meine Standzeiten reduzieren“ an Eurotax wendet. Wie unterstützen Sie?
Martin Novak: Zuallererst analysieren wir die Situation beim Händler. Welche Schwerpunkte gibt es, und was möchte er konkret ändern? Es geht darum, dass der Händler definiert, wo er hin will, was seine Ziele sind. In puncto Standzeiten-Minimierung würden wir uns erkundigen, wie er etwa seinen Eintausch handhabt. Mit Hilfe des Trade-in-Checks werden wir versuchen, den Eintauschwert kritischer zu kalkulieren, um mit dem Anschreibpreis mehr Flexibilität zu gewinnen. Zudem geht’s auch darum, wie man sein Portfolio managt. Bezüglich Standzeiten stellt sich auch die Frage: Welches dynamische Preismodell wäre adäquat? 

Wird es demnächst neue Produkte geben?
Martin Novak: Ja, in den nächsten Wochen werden wir ein neues Produkt lancieren. Mit MarketInsight ist es möglich, attraktive Ware am Markt zu identifizieren. Dabei handelt es sich sozusagen um eine Lis­te, die online gescreent werden kann und mit der man mit Filtern definieren kann, an welchen Marktsegmenten man vorwiegend interessiert ist. Unser neues Produkt listet sodann die 20 bis 30 interessantesten Fahrzeuge auf, die den Kriterien entsprechen. 

Ist mit einem weiteren Anstieg bei Kurzzulassungen zu rechnen, oder ist bereits der Zenit erreicht?
Roland Strilka: Wenn man den österreichischen Markt mit dem deutschen vergleicht, in dem das Thema ‚Kurzzulassungen‘ eine noch größere Rolle spielt, dann kann man konstatieren, dass es bei uns vermutlich auch noch nach oben gehen könnte. Aber nicht unendlich. Sodann ist auch der Plafond erreicht. 2014 und 2015 haben die Kurzzulassungen im Wesentlichen stagniert. Und so gehe ich nicht davon aus, dass nun ein großer Sprung nach unten oder nach oben passieren wird. Die einzelnen Marken ändern aber immer wieder ihre Marketingmaßnahmen – und dazu zähle ich auch Kurzzulassungen – und so ist es schwierig zu prognostizieren, wie sich die Zahlen entwickeln werden.

Wird es das klassische Autohaus inklusive persönlicher Beratung, Probefahrt et cetera in zehn oder 15 Jahren noch geben?
Martin Novak: Es wird sich einiges verändern, aber es wird in jedem Fall auch noch weiterhin das Käufersegment geben, dem persönliche Beratung und Probefahrt wichtig sind.

Es wird primär am Händler selbst liegen, ob er weiterhin gebraucht wird?
Roland Strilka: Der Händler wird in Zukunft jedenfalls seine Berechtigung haben. Natürlich ist ein Umbruch da in Bezug drauf, wie Waren gekauft werden. Das heißt aber noch nicht, dass sich von heute auf morgen 100 Prozent der Käufer umentscheiden. Wir haben verschiedene Käufertypologien. Ich bin aber davon überzeugt, dass der Händler fortan weniger Kontaktchancen haben wird als heute. Das heißt, jene Chancen, die sich bieten, müssen auch genutzt werden. Dazu muss der Händler sowohl im Neuwagen- als auch im GW-Bereich den Markt optimal kennen. Ergo: Das Autohaus muss den Markt besser kennen als der Kunde, der ins Autohaus kommt. Und der kennt den Markt heutzutage bereits äußerst gut. Es geht letztlich um Transparenz. Und die liefern wir dem Händler mit unseren Tools. 

Laut einer aktuellen Studie von meinauto.de war der Neuwagenkäufer 2009 noch viermal vor dem Kauf im Autohaus. 2004 waren es nur noch 1,25 Besuche. Das bedeutet, man muss den Kunden zweifellos vorher online überzeugen.
Roland Strilka: Ja. Einerseits ist der Webauftritt wesentlich. Andererseits ist im GW-Bereich die Qualität der Präsentation in den Börsen wichtig. Dies wird in Zukunft noch wichtiger werden. Wobei ich im Übrigen nicht glaube, dass es notwendig ist, immer der Billigste zu sein. Es geht darum, durch das Angebot glaubhaft zu signalisieren, dass man Premiumanbieter ist. 

„Alles aus einer Hand“ wird auch an Relevanz gewinnen?
Roland Strilka: Es ist essenziell fürs Autohaus, für den Kunden einen durchgängigen Prozess zu schaffen. Der Endverbraucher wird immer weniger Verständnis dafür aufbringen, dass er mit 15 Mitarbeitern zu tun hat. Die Customer Journey muss von Anfang bis zum Ende durchdacht werden. Das angebotene Erlebnis wird ganz entscheidend werden.