„Wir erwarten zweistellige Zuwachsraten“

Selbst im schwierigen Jahr 2020 hat Bruno Göggel den ­Wachstums­pfad nicht verlassen. Die KFZ Wirtschaft sprach mit dem deutschen ­Großhändler über das Geheimnis seines Erfolges. 
Bruno Göggel hat den Betrieb selbst aufgebaut und schon vor 20 Jahren einen Online-Shop für Händler installiert.
Bruno Göggel hat den Betrieb selbst aufgebaut und schon vor 20 Jahren einen Online-Shop für Händler installiert.

KFZ Wirtschaft: Wie ist das Jahr 2020 für Sie ­gelaufen und wie nehmen Sie als Großhändler die aktuelle Situation in der Branche wahr? 
Bruno Göggel: Eine mehr als 35-jährige Erfahrung im Reifengroßhandel zahlte sich für Reifen Göggel erneut aus: In dem für die Branche außerordentlich schwierigen Jahr 2020 konnten wir uns nicht nur behaupten, sondern einen weiteren zufriedenstellenden Zuwachs unseres Geschäftes verzeichnen. Wir streben immer danach, eine eigene Konjunktur zu erreichen, indem wir unsere Hausaufgaben erledigen. An den eigentlichen Rahmenbedingungen hinsichtlich der Hinwendung zur Digitalisierung in der Reifenbranche hat sich nichts geändert. Alle Betriebe, welche sich mit Reifen beschäftigen, konnten und können täglich ihrer Arbeit nach­gehen. Trotz der Corona-Pandemie ist derzeit für uns kein Stillstand der Nachfrage festzustellen.

Was erwarten Sie konkret für 2021?
Nachdem die Nachfrage nach Consumer-Reifen im ersten Halbjahr 2020 um mehr als ein Fünftel einbrach, kann von diesem niederen Niveau des Marktes ausgehend eine stetige Aufwärtsentwicklung für dieses Jahr erwartet werden. Etwaige Verzögerungen durch die anhaltende Corona-­Pandemie sind dabei berücksichtigt. Ansonsten erwarten wir eine zweistellige Zuwachsrate durch die Endverbrauchernachfrage für das Gesamtjahr. Wir von Reifen Göggel rechnen auch für dieses Jahr mit einer überdurchschnittlichen Geschäftsentwicklung. 

Sie haben frühzeitig in die Digitalisierung und in die Logistik investiert – kann man sagen, dass sich das gerade jetzt so richtig bezahlt macht?
Bereits seit fast 20 Jahren ist Reifen Göggel mit einem reinen Händler-Online-Shop unter www.goeggel.com im Markt vertreten. In die Weiterentwicklung seines E-Commerce wird monatlich ein fünfstelliger Betrag investiert, um im Rahmen der Supply-Chain effizient die Kundenwünsche bedienen zu können. Die Digitalisierung ist ein wichtiger Baustein für das Wachstum als Großhändler. Sie muss sich nicht nur für uns rechnen, sie muss auch einen Nutzen für die Kunden bringen. Mit der Optimierung der Belieferung der Kunden durch eine Telematik-Software zum Ende des vergangenen Jahres konnte die Kundenorientierung weiter gesteigert werden. 

Ihr Unternehmen hat eine eindrucksvolle Entwicklung genommen – vom Ein-Mann-Betrieb zu einem international tätigen Reifengroßhandel mit 250 Mitarbeitern. Und das als Familienbetrieb in einer hart umkämpften Branche, in der sich andere zusammenschließen müssen, um überhaupt überleben zu können. Was meinen Sie war der Schlüssel zum Erfolg?
Für mich war früh klar, dass, um im Reifengroßhandel Erfolg zu haben, die besten Logistiksysteme entscheidend sind. Denn es gilt, umfassend schnell und günstig liefern zu können. Der Erfolg zeigt sich im Kampf der EDV-Systeme. Bereits vor fast 20 Jahren wurde wie bereits erwähnt auf einen eigenen Online-Shop gesetzt. Dabei geht es längst nicht nur um die Konfiguration und Aktualisierung des eigenen Shops. Sondern darüber hinaus kommt es darauf an, dass das eigene Lager in all seiner prozessualen Komplexität auch die verschiedenen Versandwege EDV-seitig optimal anbindet. Wichtig war auch meine Entscheidung, als schwäbischer Großhändler nicht nur auf Paketversender und Speditionen zu setzen, sondern weiter auf eine eigene Flotte von Transportern. Mit heute über 120 Fahrzeugen werden auch täglich Kunden in Vorarlberg und Tirol beliefert.

Was sind die aktuell spannendsten Trends in der Branche?
In Österreich war der Ganzjahresreifen anscheinend der Gewinner im Krisenjahr 2020. Nicht nur in Österreich, sondern in ganz Europa ist der Trend zu Ganzjahresreifen nicht mehr aufzuhalten. Treiber sind die Automobilhersteller mit einer stark steigenden Ausrüstungsquote und das breitere Angebot der europäischen Reifenersteller für dieses Segment. Das milde Winterreifenwetter der vergangenen Jahre trug auch zu einem Umdenken der Autofahrer bei, nur noch einen Reifensatz zu nutzen. Stärker denn je wird in naher Zukunft der Erfolg beim Kampf um die Privatkunden wichtiger. Die RKDS-Systeme und die richtige Reifenwahl erfordern Expertenwissen im Handel. Hier geraten anonyme Onlineshops für die Endverbraucher schnell an ihre Grenzen. 

Sehen Sie größere Unterschiede in Ihren verschiedenen Kernmärkten oder ist die Situation Corona-bedingt überall ähnlich?
Und wie läuft es speziell in Österreich? Unser Online-Shop ist mit seinem Angebot für alle Märkte identisch. Sicherlich ist die Nachfrage nach Winterreifen in Österreich und der Schweiz durch deren Winterreifenpflicht stärker gekennzeichnet, wenngleich sich seit einiger Zeit eben auch dort ein stark steigender Trend zu Ganzjahresreifen erkennen lässt. Die Coro­na-Pandemie hat ganz Europa im Griff und wirkte sich dementsprechend auch negativ in Österreich auf das Reifenersatzgeschäft aus. 

Sie sind auch ein Pionier in Sachen Nachhaltigkeit, so haben Sie beispielsweise auf den Dächern der Lagerhallen eine Photovoltaikanlage installieren lassen. Was sind Ihre Erfahrungen damit und gibt es weitere Pläne in Richtung Nachhaltigkeit?
Wir haben im Frühjahr des vergangenen Jahres unsere Photovoltaikanlage mit mehr als 20.000 m² Solarpaneelen auf unserem Logistikzentrum installiert. Bislang sind unsere Erwartungen hinsichtlich der Stromleistung übertroffen worden. Nachdem wir im zweiten Halbjahr 2020 begonnen haben, mit baulichen Maßnahmen unsere Lagerflächen zu erweitern, werden wir auch dabei weitere Investitionen in erneuerbare Energien vornehmen. Es rechnet sich für uns. Nachhaltiges Handeln bestimmt unsere Unternehmenskultur. Mit dem umwelt- und ressourcenschonenden Management von Reifen Göggel sind alle Bereiche meines Unternehmens betroffen. Aktuell wurden neue batteriebetriebene Stapler angeschafft, und Planungen für elektrische Transporter sind in Vorbereitung. Maßgebend sind hier die in nächster Zeit kommende Generation von Fahrzeugen, die eine für uns ausreichende Kilometerreichweite sicherstellen können.