Wirtschaftsfaktor Auto: Was die Kritiker oft vergessen

Politik
29.09.2021

 
Auto-Bashing ist en vouge. Aber was wären wir ohne Autos? Jedenfalls um 15 Milliarden Euro pro Jahr ärmer. Dafür hätten wir fast 200.000 Arbeitslose mehr. 
Auch die deutsche Bild-Zeitung schlägt in Anbetracht der jüngsten Entwicklungen bereits Alarm.
Auch die deutsche Bild-Zeitung schlägt in Anbetracht der jüngsten Entwicklungen bereits Alarm.

Steigende Spritpreise, höhere NoVA , verschärfte Emissionswerte, Citymautmodelle und immer weniger Parkplätze. In der Politik gehört es schon fast zum guten Ton, gegen die bösen Luftverschmutzer zu wettern und vor der IAA werfen sich Umweltschützer theatralisch ins kalte Wasser oder seilen sich von Brücken ab. Kurzum, dem Auto so wie wir es kennen - und lieben - geht es an den Kragen.

Das ruft jetzt auch die Gegenseite auf den Plan – jene Institutionen, die die Interessen der Autofahrer vertreten. Der ÖAMTC fordert eine faire Ausgestaltung der CO2-Steuer ein. Die Wahl des Verkehrsmittels sei keine Frage der Moral, sondern des Angebots: All jenen, die am Land aufgrund langer Wege, zum Beispiel zum Arbeitsplatz, wegen mangelnder Alternativen auf das Auto zurückgreifen, sollte man nicht mit einer CO2-Steuer und erhobenem Zeigefinger ausrichten, sie verhalten sich falsch, heißt es in einer aktuellen Aussendung. Der Club fordert den Ausbau der Infrastruktur für öffentliche Verkehrsmittel.  

Autofahrer zahlen 15 Mrd. Euro Steuern

Auch der Verein „Mein Auto – Initiative zur Förderung der individuellen Mobilität“ betont, dass viele Menschen Autos brauchen und gibt darüber hinaus auch zu bedenken, dass alle Menschen davon profitieren, weil die Autofahrer einer der wichtigsten Steuerzahler sind. Die steuerlichen Effekte aus der Nutzung der Fahrzeuge – von der Mehrwertsteuer und Normverbrauchsabgabe beim Kauf über Mineralöl- und motorbezogene Versicherungssteuer bis hin zur Autobahnmaut  –  summieren sich (inkl. Lkw) laut dem Verein auf 14,5 Milliarden Euro.

Fast 15 Milliarden Euro nimmt der Staat also jährlich aus dem Straßenverkehr ein. „Das ist fast so viel wie der Staat für die gesamte Bildung ausgibt oder ziemlich genau ein Drittel der Pensionen“, sagt Burkhard Ernst, der Vorsitzende des Vereins „Mein Auto“.  Wer die Autos weg haben will, müsse sich also auch dessen bewusst sein, dass damit die Finanzierung ganz wichtiger öffentlicher Bereiche nicht mehr zu decken wäre.

„Es ist erschreckend, welches völlig falsche Zerrbild manche von der Autobranche und den Autofahrern zeichnen. Dieses steigende Auto-Bashing ist nicht nur falsch, es gefährdet auch hunderttausende Arbeitsplätze und Steuereinnahmen in Milliardenhöhe“, meint Ernst. Erst Anfang Juli 2021 habe das Industriewissenschaftliche Institut (IWI) im Auftrag der ARGE Automobile Zulieferindustrie eine Studie veröffentlicht, die den Effekt der Branche auf den Arbeitsmarkt und die Wirtschaftsleistung in Österreich beleuchtet.

Am Auto hängen 193.000 Jobs

Und tatsächlich hat diese Studie interessante Fakten zutage gefördert. Demnach sind hierzulande 900 Betriebe zur Gänze oder teilweise in der automotiven Zulieferindustrie tätig und schafften im Jahr 2019 einen Produktionswert von rund 25,2 Milliarden Euro, der wiederum gesamtwirtschaftliche Effekte von rund 42,8 Milliarden Euro ausgelöst hat. „Jeder von der automotiven Zulieferindustrie erwirtschaftete Euro an Wertschöpfung bringt dem Standort doppelt so viel und jeder Arbeitsplatz in dieser Branche sichert indirekt fast zwei weitere Jobs“, hat der Autor dieser Studie, Herwig Schneider, im Zuge deren Präsentation gesagt.

Zu den 81.700 direkt in der Automotiven Zulieferung Beschäftigten kommen also durch indirekte Effekte dazu, sodass die Branche etwa 193.000 Arbeitsplätze sichert. Damit ist die Automotive Zulieferindustrie laut Schneider „einer der zentralen Impulsgeber für den Industriestandort Österreich.“ Leider sei es laut Burkhard Ernst vom Verein „Mein Auto“ aber dennoch fast schon eine Modeerscheinung geworden, gegen Autos zu sein. Manche Kritiker würden dabei mit haltlosen Polemiken argumentieren und die wichtigsten Fakten verkennen.

Dass die Kritiker der individuellen Mobilität nicht für eine Mehrheit der Bevölkerung sprechen, macht eine brandaktuelle Umfrage von Unique Research für das Nachrichtgenmagazin „Profil“ klar: Dort wurde gefragt, wer sich den kompletten Verzicht auf das eigene Automobil vorstellen könnte – mit einem klaren Ergebnis fürs Auto: 41 Prozent der Österreicher können sich demnach den Verzicht aufs Auto „überhaupt nicht“ vorstellen, weitere 23 Prozent „eher nicht“. Auch für die Jungen (16-29 Jahre) ist ein Leben ohne Auto „überhaupt nicht“ (32 Prozent) oder „eher nicht“ (24 Prozent) vorstellbar. Und gerade einmal sechs Prozent geben übrigens an, dass sie jetzt schon aufs Auto verzichten.

Der Vorsitzende des Vereins „Mein Auto“ plädiert daher für mehr Bedacht und Miteinander statt ständiger Anfeindungen: „Wir dürfen unsere Gesellschaft nicht spalten, sondern müssen nach einem Miteinander streben, indem alle, egal ob mit dem Auto, dem Rad oder zu Fuß unterwegs, einander mit Respekt und Rücksicht begegnen“, betont Ernst.