Wutbürger mit Herz

Werkstatt
04.02.2019

 
ANDREAS FOJTIK ist Inhaber der „Autowerft“ im niederösterreichischen Bisamberg. Der Branchenprofi ist ein Fan klarer Worte und nimmt sich kein Blatt vor den Mund. Der KFZ Wirtschaft erzählt er, was ihn ärgert.
ANDREAS FOJTIK „Autowerft“ Inhaber
ANDREAS FOJTIK „Autowerft“ Inhaber
In der Rubrik „Ohne Maulkorb“ stellt die KFZ Wirtschaft Menschen vor, die sich kein Blatt vor den Mund nehmen.

Begonnen hat alles mit einem Anruf in der KFZ Wirtschaft-Redaktion im Frühjahr des vergangenen Jahres. Am Apparat war ein Leser, der sich darüber echauffierte, dass wir in unserem Newsletter den Vorstoß von Verkehrsminister Norbert Hofer kritisierten, wonach er auf Autobahnteilstrecken 140 km/h erlauben wolle. Das könne doch nicht sein, dass wir eine „autofahrerfreundliche“ Maßnahme schlechtmachen, da stehe doch die Welt Kopf, so Andreas Fojtik, Inhaber der „Autowerft“ im niederösterreichischen Bisamberg. Jetzt hat es endlich geklappt. Wir besuchten den streitbaren Kfz-Techniker in seinem Betrieb. Und reden „ohne Maulkorb“. Was ärgert den Branchenprofi? Wie ist seine Sichtweise auf aktuelle Probleme? Wer genau ist Andreas Fojtik?

Eigentlich wollte er Flugzeugmechaniker werden. Geworden ist es dann die Lehre zum Kfz-Techniker bei Ford Hinteregger in Wien-Hietzing. Mit 22 Jahren war Andreas Fojtik der jüngste Kfz-Mechanikermeister Österreichs. Am 2. April 1989 – das Datum sagt er wie aus der Pistole geschossen – hat er sich im Alter von 27 Jahren selbstständig gemacht. Fojtiks „Autowerft“ in Bisamberg steht neben der klassischen Reparatur aller Marken vor allem für Tuning und Restauration von Oldtimern, Sonderanfertigungen, Motorenbau und Rennsportservice und beschäftigt insgesamt zehn Mitarbeiter. Auch die drei Söhne Alexander, Philip und Florian sind Teil der engagierten Mannschaft von Andreas Fojtik. Der gerichtlich beeidete Sachverständige führt seine Mitarbeiter „wie ein Rennteam“: „Was letztlich zählt, ist immer das Ergebnis“, so Fojtik im Gespräch mit der KFZ Wirtschaft. Das Wort Mitarbeiter komme von mitarbeiten. Und mitdenken wär auch noch wichtig. Der Chef stellt höchste Anforderungen, hat andererseits aber immer ein offenes Ohr für seine Mannschaft. „Ich bin mit allen per du, und alle sind mit mir per du. Auch die Lehrlinge.“ Was die Lehrlingsakquirierung betrifft, betont Andreas Fojtik, dass er ein „Casting“ mache. Wesentlich sei ein ausführliches Gespräch, „und dann gebe ich ihm Hammer und Feile in die Hand und schaue mir an, wie er sich anstellt.“ Am Abend werde sodann mit dem Jugendlichen besprochen, wie es ihm ergangen sei. Kommunikation ist wesentlich, betont Fojtik, der großen Wert auf Geradlinigkeit, Ehrlichkeit und offene Worte legt. Gute Lehrlinge zu bekommen, sei heutzutage schwieriger denn je. Weil das Niveau kontinuierlich sinke. „Das beginnt schon in der Schule“, sagt Fojtik. „Alle meine Söhne sind in Privatschulen gegangen.“ Öffentliche Schulen würden sukzessive an Niveau verlieren. Das Problem bei der Lehrlingsausbildung sei, dass heute für nichts mehr Zeit sei. „Das alltägliche Arbeitsprocedere hat sich sehr verändert gegenüber früher. Während man früher dem Jugendlichen alles in Ruhe erklären konnte und ausreichend Zeit war, ist heute viel Stress und zu wenig Zeit“, erklärt Fojtik.

„Was letztlich zählt, ist immer das Ergebnis. Nur Politiker werden nicht zur Verantwortung gezogen.“ ANDREAS FOJTIK, INHABER DER „AUTOWERFT“

KEIN INTERESSE VON SEITEN DER POLITIK

In puncto Politik ist Andreas Fojtik sehr verärgert: „Politiker wollen nur Wahlen gewinnen. Sie agieren wie Manager, es geht stets nur um den nächsten Wahltermin. Langfristig und nachhaltig wird gar nichts gemacht.“ Und das Ärgerlichste: „Politiker müssen für ihre Taten nicht geradestehen und werden praktisch nicht zur Verantwortung gezogen. Wenn ich in meinem Betrieb eine Fehlentscheidung treffe, muss ich das ausbaden.“ Politiker würden überhaupt nicht aufs Volk hören: „Wenn ich vor dem Monatsersten nicht schlafen kann, weil ich nicht weiß, wie ich die Gehälter bezahlen soll, interessiert das keinen Politiker.“ Vor allem der gesamte Individualverkehr werde als „Melkkuh“ betrachtet. Die Politik habe an den KMU keinerlei Interesse. Darum habe er sich auch so über die KFZ Wirtschaft geärgert, die Minister Hofer wegen der 140 km/h auf Autobahnteilstrecken kritisiert hatte. Die Maßnahme sei wenigstens „pro Autofahrer“. Von der Interessenvertretung hält Fojtik ebenso wenig wie von der Politik. Das Problem sei, dass KMU keine Lobby hätten. „Ich würde mir wünschen, dass Politiker und Interessenvertreter zu mir in den Betrieb kommen und mich fragen, wo der Schuh drückt“, sagt Andreas Fojtik. Am sogenannten E-Mobilitäts-Bonus (Pkw mit reinem Elektroantrieb werden mit 4.000 Euro gefördert) lässt Fojtik kein gutes Haar: „Das ist eine Umverteilung von unten nach oben. Sprich: Da wird die Oberschicht gefördert.“ Denn vor allem Besserverdienende seien die Hauptklientel bei Elektroautos, die einen Stromer zumeist als Zweitauto haben würden. „Ich habe grundsätzlich nichts gegen Elektroautos. Auch wenn sie aufgrund der Reichweite nur in der Stadt praktisch sind“, so Andreas Fojtik. Aber den Verbrennungsmotor könne ein Elektromotor nie ersetzen.