Test Suzuki GSX-250R - Jugend am Werk

Test
18.07.2018

Von: Philipp Bednar
Die Motorradszene hat ein Nachwuchsproblem. Mit der GSX-250R versucht Suzuki den Jungen und Wiedereinsteigern ein preiswertes, sportliches Angebot zu unterbreiten. Die kleine Sportlerin schaut scharf aus, fährt sich besser als gedacht, hat aber zwei Schwachpunkte, die alsbald offensichtlich werden. 

Ergonomie

Man muss bei der Suzuki GSX-250R dreimal hinsehen, um festzustellen, dass sich um eine Baby-GSX-R handelt. Suzuki hat in Sachen Optik kaum gespart und der 250er die fetzige MotoGP-Lackierung spendiert. Schaut gut aus. Aufgesetzt: 800 Millimeter Sitzhöhe sind gar nicht mal so wenig für eine 250er. Es geht aber in Ordnung, da die Sitzbank um den Schritt angenehm schmal ist. Die Sitzposition ist nicht übermäßig langgestreckt und tief, aber auch nicht so rollermäßig wie bei der Ninja 400. Man sitzt auf einer kleinen Sportlerin, das merkt man. Die hohen Lenkerstummel liegen gut in der Hand. Hinter der Verkleidungsscheibe kann man sich für Topspeedfahrten gut zusammenfalten. Die Rückspiegel sind gut positioniert, die Sicht ist überraschend gut. Trotz meiner 1,85 Meter Körpergröße stoße ich bei keiner Verkleidung an, die Fußrastenposition könnte für meinen Geschmack vielleicht noch einen Tick weiter hinten sein, aber für längere Fahrten passt es gut so. 

Handling

Mit vollgetankt gewogenen 172,4 Kilogramm ist die Suzuki doch recht leicht geraten. Und genau diese Leichtfüßigkeit spürt man bei jedem Schräglagenwechsel. Ein kleiner Druck am Lenkerstummel reicht aus, und die Baby-Gixxer fällt in Schräglage. Trotz ihrer schmalen Bereifung (110/80 - R17 vorne, 140/70 - R17 hinten) ist ihr Turning neutral. Einmal in Schräglage, liegt die Suzuki doch recht satt und stabil im Radius. Hat man ihre Leichtfüßigkeit nach ein paar Kurven verstanden, gibt ihr Handling keinerlei Rätsel auf. Munter wirft man die Baby-Gixxer von einer Ecke in die nächsten. So einfach kann es sein. Selbst bei Topspeed liegt die Suzuki satt und pendelt kein Bisschen um die Längsachse. 

Motor / Getriebe

Okay, Moment der Wahrheit: Reichen 248 Kubik aus einem Paralleltwin heute aus, um Spaß zu haben? Jein. Mit 25 PS (bei 8000 rpm) und 23,4 Newtonmeter Drehmoment (bei 6500 rpm) steht die Baby-Gixxer eher nur mittelmäßig im Futter. Sehr gut gelungen ist die Laufkultur des Zweizylinders: Im Drehzahlkeller läuft das Triebwerk ungewöhnlich sanft, ab der Drehzahlmitte wird es etwas ruppiger aber dafür auch kräftiger. Obenrum gesellen sich starke Vibrationen dazu, bevor man dann blitzartig im Drehzahlbegrenzer landet. Zugegeben, das Gefühl der Leistung nicht Herr zu werden, stellt sich zu keinem Moment ein. Noch ehrlicher: Nach den ersten paar Kilometern musste ich auf die Autobahn auffahren und wollte gleich durchladen. Das Problem: Bei Tachotempo 136 km/h ist Schluss man steckt mit Vollgas im Begrenzer des letzten Gangs. Da helfen auch Windschattenduelle nichts mehr, bei Tacho 136 km/h geht nix mehr. Schade, denn etwas mehr Dampf hätte der GSX-250R nicht geschadet. Der Zweizylinder hängt Suzuki-typisch sehr gut und direkt am Gas und klingt sogar etwas sportlich - trotz Euro 4-Abgasnorm. Das Getriebe lässt sich leicht und präzise schalten. die Seilzugkupplung ebenfalls präzise dosieren. 

Fahrwerk

Bei solchen Bikes erwarte ich immer butterweiche, wackelige Fahrwerke. Ganz anders die Suzuki. Die KYB-Telegabel an der Front arbeitet überraschend straff, bzw. straffer als erwartet. Selbst bei harten Bremsmanövern sackt die Gabel nicht unkontrolliert ein, sondern bietet verhältnismäßig viel Rückmeldung. Über Asphaltkanten springt sie nicht, sondern dämpft mit noch gesunder Härte. Verstellbar ist die Gabel aber nicht. Ich bin vorsichtig positiv überrascht. Gleiches vom direkt angelenkten Federbein: gesunde Straffheit. Und immerhin in der Federvorspannung verstellbar. Selbst bei grobmotorischen Turnübungen auf welligem Asphalt schaukelt sich die Suzuki nicht auf. Die liegt lange satt und stabil, ja fast narrensicher. Der Radstand von 1.425 Millimeter ist dabei ein sehr gelunger Kompromiss zwischen Handlichkeit und Stabilität. Schnell wird klar: Das Fahrwerk hätte einen stärkeren Motor verdient... und locker weggesteckt. 

Bremsen

Hier hat Suzuki ebenfalls nicht gespart und ordentliche Teile verbaut. An der Front verzögert eine 290 Millimeter-Einzelbremsscheibe in sportiver Wave-Optik, an der Hinterhand reicht die 240 Millimeter-Scheibe vollkommen aus, um das Leichtgewicht zum Stehen zu bringen. Die Hinterraddosierung ist dabei vorbildlich. Für die Vorderradbremse kommt eine konventionelle axiale Bremspumpe zum Einsatz, die ebenfalls gut zu dosieren ist. Für mich könnte der Hebelweg aber noch einen Tick kürzer sein. Dafür ist der Druckpunkt knackiger als bei vielen Nakedbikes. Das ABS greift natürlich spürbar ein und ist bei weiten nicht so fein abgestimmt wie bei der GSX-R 1000, aber es gibt auch nichts zu bemängeln. Die Baby-Gixxer bremst absolut souverän. 

Aufgefallen

Wie viel Mühe sich Suzuki bei den Details gegeben hat, um einen stimmigen, hochwertigen Gesamteindruck zu erzeugen. Wie gut das Fahrwerk ist und wie harmonisch das gesamte Motorrad abgestimmt ist. Wäre ich heute nochmal 16, ich wäre sehr happy im Sattel der Suzuki GSX-250R

Durchgefallen

Die Motorleistung. Mit 25 PS und knapp 24 Nm Drehmoment beißt man sogar gegen Vespas ab. Das tut gleich doppelt weh, wenn man sieht, wie fesch die Baby-Gixxer gemacht ist und welches Potenzial Fahrwerk, Getriebe und Bremsen hätten. Und dann der Listenpreis: 4990 Euro. Da muss die Liebe zu Suzuki schon groß sein, denn für 1000 Euro mehr gibt es eine KTM RC 390 oder eine Kawasaki Ninja 400. Und die ziehen die Baby-Gixxer ungeniert in allen Belangen ab. 

Testurteil: Suzuki GSX-250R, by p.bednar

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