Freie Werkstatt

Die spannende Fehlersuche

14.05.2025

Der Wiener Kfz Meister Georg Ringseis führt seine freie Kfz-Werkstatt mit Schwerpunkt Fahrzeugelektrik in 3. Generation. Im Interview spricht er über die aktuellen Herausforderungen des Werkstattbetriebs.

KFZ WIRTSCHAFT: Vor Ihrer Werkstatt parkt gerade ein Ford Thunderbird aus den 50er-Jahren – haben Sie sich auf die Reparatur von Oldtimern spezialisiert?

GEORG RINGSEIS: Ich habe viele Stammkunden aus der Oldtimerszene, obwohl in meiner Werkstätte auch alle modernen Pkw und Transporter repariert und serviciert werden. Den guten Ruf als Spezialwerkstatt für Fahrzeugelektrik hat mein Großvater begründet, der den Betrieb hier am Wiener Schwarzenbergplatz im Jahr 1930 eröffnet hat. Die damaligen Autos hatten häufig Probleme mit der elektrischen Anlage, da die mechanischen Zündanlagen einem starken Verschleiß ausgesetzt und die Gehäuse oft schlecht gegen Feuchtigkeit abgedichtet waren. Mein Großvater hat sich daher auf den Handel und die Reparatur von Zünd- und Lichtkomponenten spezialisiert und damit großen Erfolg gehabt.

Wie hat sich die Arbeit an der Fahrzeugelektrik im Laufe der Jahrzehnte verändert?

Damals hat man die Zündanlagen und Lichtmaschinen noch auseinandergenommen und die Verschleißteile wie Kohlen, Lager und Dichtungen erneuert. Auch die Wellen wurden neu abgedreht, wenn sie unrund gelaufen sind. Die heutigen elektronischen Zündanlagen und andere elektrischen Komponenten werden im Falle von Defekten einfach gegen neue ausgetauscht.

Können Sie das Knowhow Ihres Großvaters heute bei der Reparatur von Oldtimern anwenden?

Das Knowhow ist in der Familie immer weitergegeben worden – zuerst an meinen Vater, der in den 1970er Jahren den Betrieb übernommen hat, und dann an mich. Heute ist die Reparatur von Oldtimern ein wichtiges Standbein meiner Werkstatt, obwohl ich allein davon nicht leben könnte. Zum Glück wächst das Interesse an historischen Fahrzeugen immer noch, wie die Zulassungszahlen zeigen, und auch die sogenannten Youngtimer aus den 1980er- und 90er-Jahren werden zunehmend gefragt.

Wie ist es aktuell um den Nachwuchs in der Kfz-Technik bestellt, haben die jungen Leute ein Interesse an Oldtimern?

Ich habe das Glück, ein engagiertes junges Team in meiner Werkstatt zu beschäftigen, das durchaus ein Faible für ältere Fahrzeuge hat. Leider wird in der Ausbildung zu wenig auf die alten Technologien eingegangen, sodass es beispielsweise eine echte Herausforderung ist, einem jungen Kfz-Techniker den Umgang mit einer Kontaktzündanlage beizubringen. Bei Fahrzeugen ohne OBD-Stecker kann man ja kein Diagnosegerät anschließen, das einem die Fehler anzeigt, da muss man die Stromflüsse mit dem Multimeter oder mit der Probierlampe überprüfen.

Ist die Fehlersuche bei älteren Fahrzeugen überhaupt wirtschaftlich durchführbar?

Dabei hilft mir meine langjährige Erfahrung, sodass ich die Ursachen von Defekten auch mit einfachen elektrischen Prüfgeräten zumeist in überschaubarer Zeit herausfinden kann. Ist die Fehlerursache ein mechanischer Verschleiß, macht sich dieser manchmal durch ungewohnte Geräusche bemerkbar. Ich nehme daher auch gelegentlich ein Stethoskop zu Hilfe, um einem Defekt auf die Spur zu kommen.

Ist die Fehlersuche bei modernen Fahrzeugen einfacher geworden?

Theoretisch ja, doch gleichzeitig hat auch die Anzahl von Sicherheits- und Komfortfunktionen stark zugenommen. Oft gibt das Diagnosegerät nur einen groben Hinweis auf die Ursache eines Defektes. Zusätzlich sind Fachwissen und Hausverstand gefragt, um die Informationen richtig einordnen zu können. Die Ursachen von Fehlfunktionen oder Ausfällen der Fahrzeugelektrik können in Steuergeräten, in Verbindungskabeln oder in der Software liegen – das gilt es, herauszufinden. Auch elektronische Bauteile in Steuergeräten können verschleißen, denn kein Halbleiter hält ewig. Die Signale müssen durchgemessen und richtig interpretiert werden, sowohl bei der 12-Volt-Anlage eines Verbrenners, der 48-Volt-Anlage eines Hybriden oder der 400 Volt-Anlage eines Hochvolt-Elektroautos.

Ist die Reparatur von Elektroautos in freien Werkstätten bereits ein Thema?

Derzeit werden die meisten E-Autos aufgrund der langen Garantiefristen noch in Fachwerkstätten repariert und serviciert. Die freien Werkstätten führen momentan eher einfache Tätigkeiten wie Räder- und Reifenwechsel durch oder bessern kleinere Karosserieschäden aus. Mit der zunehmenden Verbreitung der Elektromobilität werden wir aber sicher spätestens in fünf Jahren schon deutlich tiefer im Hochvolt-Thema drin sein müssen als heute.

Mit welchen Defekten haben Sie heute am meisten zu tun?

Die Statistik zeigt, dass die Leute ihre Autos heute länger behalten als früher, weil sie sich derzeit keinen Neuwagen leisten können oder wollen. Wir haben es daher häufig mit Verschleiß-Defekten zu tun, beispielsweise Kabelbrüchen, Korrosionsschäden oder ausgefallenen Steuergeräten. Es wird aber auch bei den Reparaturkosten gespart. Manche Kunden lassen nur die notwendigsten Fahrfunktionen wiederherstellen und verzichten ganz auf Radio, Navi oder Klimaanlage, wenn diese ausgefallen sind. Ich höre auch immer wieder, dass die Leute auf die zahlreichen neuen Fahrassistenten in modernen Fahrzeugen gar keinen Wert legen, sondern lieber ein einfaches Auto haben, das sie ohne Probleme von A nach B bringt.

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