Mitte September 2025 fand in Villach die Staatsmeisterschaft 2025 der Fahrzeugtechnik und Karosseriebautechnik statt. Das Interesse war groß und blickt man in die strahlenden Gesichter der Lehrlinge und ihrer Fangemeinde wird klar, dass dieser Bereich zu jenen Sparten zählt, die steigende Lehrlingszahlen verzeichnen.
Harald Großauer, ÖAMTC Oberösterreich (C) ÖAMTC
Im Vorjahr wurden in Österreich in über 27000 Lehrbetrieben insgesamt rund 106 500 Lehrlinge ausgebildet. Während beispielsweise Tourismus, Gastronomie und der Handel mit stark schwindendem Interesse junger Menschen an einem Lehrberuf kämpfen, verzeichnet der KFZ-Bereich sogar eine Zunahme lernwilliger Mädchen und Burschen, den Beruf eines Kraftfahrzeugtechnikers oder Karosseriebautechnikers zu erlernen. 2024 waren in 2.566 österreichischen Fahrzeugtechnik-Unternehmen fast 9000 Lehrlinge beschäftigt – ein Anstieg von 7,4 Prozent im Vergleich zum Jahr 2020. Der Frauenanteil ist mit rund sechs Prozent bei den Fahrzeugtechnikern und elf Prozent bei den Karosseriebauern traditionell niedrig. Jedenfalls gibt es in den insgesamt rund 9.700 Mitgliedsbetrieben viel zu tun: Jährlich werden fast 7,3 Millionen Kraftfahrzeuge und rund 900.000 Anhänger gewartet und serviciert. Über Nachwuchsprobleme kann auch der Fahrzeughandel nicht klagen. Zweistellige Zuwachsraten und im Wiener Fahrzeughandel mit fast 40 Prozent ein sehr hoher Frauenanteil lassen die Branche jubeln.
In der Lehrwerkstätte des ÖAMTC in Linz wird nicht nur auf fachliche Ausbildung Wert gelegt, sondern auch auf soziale Kompetenzen. (C) ÖAMTC
Neue Inputs durch Elektromobilität
Die Individualmobilität befindet sich derzeit in einem starken Wandel. Geht es nach der EU, dürfen ab 2035 nur mehr rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge neu zum Verkehr zugelassen werden. Elektromobilität verändert das klassische Berufsbild. Mechanische Komponenten spielen eine geringere Rolle, elektrische, elektronische und digitale Systeme wie etwa Hochvolttechnik und Systemelektronik nehmen stark zu. Soll ein Fahrzeugtechniker im Hochvoltbereich eines E-Autos Reparaturen durchführen, braucht es eine Reihe an Spezialausbildungen und Zertifikate. Elektromobilität spielt damit auch in der Ausbildung eine wachsende Rolle. Manche Lehrwerkstätten bieten ihren Lehrlingen entsprechende Zusatzmodule oder Spezialkurse an. Der Bundesinnungsmeister der Fahrzeugtechniker, Roman Keglovits-Ackerer, über neue Tätigkeitsbereiche in der Branche: „Die Zukunft der Branche ist geprägt von tiefgreifenden Veränderungen – angetrieben durch technologische Innovationen, den digitalen Wandel und die wachsende Bedeutung nachhaltiger Mobilitätskonzepte. Der zunehmende Anteil von Elektro- und Hybridfahrzeugen verändert das Reparatur- und Wartungsprofil. Während Verbrennungsmotoren komplexe mechanische Systeme erfordern, liegt der Fokus bei Elektrofahrzeugen auf leistungsfähiger Elektronik und Software. Daher müssen wir die Ausbildung neu ausrichten und die kontinuierliche Weiterbildung der Fachkräfte gewährleisten. Diese Fachkräfte werden wir größtenteils nur über die Lehrlingsausbildung gewinnen können.“ Besonders liegt Bundesinnungsmeister Keglovits-Ackerer die Modernisierung und kontinuierliche Weiterentwicklung der Ausbildungsinhalte am Herzen: „Die Vermittlung von IT-Kenntnissen, Elektrotechnik und digitalen Diagnoseverfahren wird ebenso wichtig wie traditionelles mechanisches Wissen. Kooperationen zwischen Handwerksbetrieben, Schulen und Technologieunternehmen können hier einen entscheidenden Beitrag leisten. Werkstätten, die frühzeitig in Weiterbildung, moderne Technologien und neue Geschäftsmodelle investieren, werden die Chancen des digitalen und ökologischen Wandels nutzen und sich erfolgreich im Markt positionieren.“
Mario Riener Fotografie
Als Fachkräfte von morgen werden unsere Technik-Lehrlinge die Veränderungen in der Mobilität mitgestalten. Harald Großauer
Die Profis von morgen
Lehrwerkstätten nehmen eine besondere Rolle im österreichischen Ausbildungssystem ein, sie sind die Zukunftsschmiede für künftige Fahrzeug- und Karosserietechniker. Die Lehrlingsausbildung in Österreich basiert auf dem dualen System. Lehrlinge verbringen einen Großteil ihrer Zeit im Betrieb und in den Berufsschulen wird das theoretische Fundament vermitteln. KFZ-Unternehmen mit einer hohen Anzahl an Lehrlingen betreiben eigene Lehrwerkstätten, in denen praxisnahes Arbeiten mit modernster Technik geschult wird. Besonders im Bereich Fahrzeug- und Karosserietechnik ist dies unverzichtbar: Vom Umgang mit elektronischen Diagnosegeräten über die Reparatur von Elektro- und Hybridfahrzeugen bis hin zu innovativen Karosseriemethoden. Die Pappas-Gruppe, einer der größten Kfz-Ausbildungsbetriebe Österreichs, hat in allen Bundesländern eigene Lehrbeauftragte und betreibt eigene Lehrwerkstätten. Insgesamt beschäftigten die automotiven Gesellschaften der Pappas Gruppe in Österreich, Ungarn und der Schweiz 3.061 Mitarbeiter und davon 387 Lehrlinge. Die Betriebe in Österreich zu denen neben den Pappas Gesellschaften auch die Betriebe der AutoFrey Gruppe zählen, beschäftigen davon 2.226 Mitarbeiter inklusive 372 Lehrlingen. Lehrlinge im Bereich Kraftfahrzeugtechnik, Karosseriebautechnik und Lackiertechnik werden hier mit neuesten Fahrzeugmodellen, Diagnose- und Reparatursystemen vertraut gemacht. Pappas Holding Geschäftsführer Günter Graf verzeichnet großes Interesse und regen Zulauf: „Wir haben genügend Interessenten und Bewerber. Dazu trägt auch die hohe Attraktivität von Pappas als Arbeitgebermarke bei. Es liegt in unserer Verantwortung, aus einem ‚Rohdiamanten‘ einen ‚Diamanten‘ zu formen und so haben wir jetzt deutlich mehr Erfolgsstorys mit Auszeichnungen als früher.“ Mirco Scharff, Lehrbeauftragter von Pappas für das Bundesland Salzburg, sieht den großen Vorteil einer Lehrwerkstatt darin, „dass Lehrlinge im Betrieb speziell auf betriebsspezifische Themen geschult werden können.“
In der Lehrwerkstätte des ÖAMTC in Linz wird nicht nur auf fachliche Ausbildung Wert gelegt, sondern auch auf soziale Kompetenzen. (C) ÖAMTC
Ausbildung für alle Marken
In Linz ist im Schulungszentrum der ÖAMTC-Landeszentrale eine hochmoderne Lehrwerkstatt entstanden, die neben klassischem Kfz-Know-how auch Schwerpunkte in E-Mobilität, vernetzten Fahrzeugen und digitalen Lernmethoden setzt. „Als Fachkräfte von morgen werden unsere Technik-Lehrlinge die Veränderungen in der Mobilität mitgestalten. Umso wichtiger ist es uns, ihnen ein breites technisches Wissen zu vermitteln – vom Oldtimer über das Fahrrad bis zum modernen E-Auto, von digital vernetzten Fahrzeugen bis zum autonomen Fahren. Die Vielseitigkeit unserer Ausbildung ist einzigartig“, erklärt Harald Großauer, Landesdirektor des ÖAMTC Oberösterreich. Neben dem fachspezifischen Unterricht legt der Club außerdem großen Wert auf die Förderung sozialer Kompetenzen und auf Kundenorientierung, da der direkte Kontakt mit den Mitgliedern im Arbeitsalltag entscheidend ist. Auf einer E-Learning-Plattform gehen die künftigen Techniker virtuell und mithilfe von Gamification-Ansätzen auf Fehlersuche und erstellen Diagnosen. In einem hybriden Klassenzimmer können sich Lehrlinge von anderen Standorten online zuschalten, um gemeinsam Schulstoff zu lernen. Bei weiterem Bedarf bieten während der gesamten Lehrzeit externe Lerncoaches gezielte Unterstützung
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