Automobilindustrie unter Ertragsdruck – Margen auf Zehnjahrestief
Die weltweite Autoindustrie steigert zwar weiterhin ihren Umsatz, rutscht aber ertragsseitig tief in die Krise. Eine aktuelle EY-Analyse zeigt für das dritte Quartal 2025 einen massiven Gewinneinbruch und die niedrigste Durchschnittsmarge seit mindestens zehn Jahren. Besonders hart trifft es die deutschen Hersteller, während einzelne Wettbewerber ihre Profitabilität behaupten können.
Die 19 größten Autokonzerne der Welt haben im dritten Quartal 2025 ihren Umsatz insgesamt um 4,1 Prozent gesteigert, parallel dazu legte der Pkw-Absatz um 3,8 Prozent zu. Was auf den ersten Blick nach Stabilität aussieht, entpuppt sich bei genauerem Hinsehen als trügerisch: Der operative Gewinn der untersuchten Unternehmen brach im Vergleich zum Vorjahr um 37 Prozent auf nur noch 18,9 Milliarden Euro ein. Damit erreicht die Branche den niedrigsten Gewinnwert seit 2018.
Besonders alarmierend ist die Entwicklung der Profitabilität. Die durchschnittliche operative Marge der analysierten Autokonzerne sank von 6,4 auf 3,9 Prozent und liegt damit auf dem niedrigsten Stand seit mindestens zehn Jahren. Seit 2023 hat sich die Marge der Top-Hersteller mehr als halbiert. Kostendruck, Investitionen in neue Technologien und geopolitische Unsicherheiten sind die Hauptfaktoren.
Deutsche Hersteller im internationalen Vergleich abgeschlagen
„Die internationale Autoindustrie steht unter massivem Druck – und besonders deutlich zeigt sich das derzeit bei den deutschen Konzernen“, erklärt Axel Preiss, Leiter Industrials bei EY Österreich. „Eine schwächelnde Nachfrage im Premiumbereich, handelspolitische Spannungen mit den USA, negative Währungseffekte, teure E-Mobilitätsinvestitionen ohne schnellen Return und hohe Umbaukosten treffen die Unternehmen gleichzeitig. Für viele entsteht so eine seltene und extrem herausfordernde Problemkonstellation.“
Im Ländervergleich schneiden die deutschen Autokonzerne besonders schwach ab. Während Umsatz und Absatz in etwa auf Vorjahresniveau verharrten, brach der operative Gewinn um dramatische 76 Prozent ein. Mit einem gemeinsamen EBIT von lediglich 1,7 Milliarden Euro erreichten BMW, Mercedes-Benz und Volkswagen den niedrigsten Wert seit dem dritten Quartal 2009.
Sowohl bei Umsatz- als auch bei Gewinn- und Margenentwicklung bilden die deutschen Hersteller das Schlusslicht unter den großen Autonationen. Lediglich beim Pkw-Absatz fällt der Rückgang bei japanischen Herstellern mit minus einem Prozent noch etwas stärker aus. Die Ursachen für die deutsche Misere sind vielfältig: eine schwächere Nachfrage im Premiumsegment, hohe Kosten für den Umbau der Strukturen, teure Investitionen in die Elektromobilität ohne kurzfristigen Ertrag sowie negative Währungseffekte und handelspolitische Spannungen, insbesondere mit den USA.
China verliert an Bedeutung – und an Ertrag
Ein zusätzlicher Belastungsfaktor für die deutschen Hersteller ist der chinesische Markt. Im dritten Quartal 2025 gingen ihre Verkäufe in China um neun Prozent zurück. Der Anteil Chinas am weltweiten Pkw-Absatz der deutschen Konzerne sank damit auf 29 Prozent, nachdem er 2020 noch bei 39 Prozent gelegen hatte. Ein Markt, der jahrelang als verlässlicher Gewinnmotor galt, verliert zunehmend an Bedeutung.
Der Grund liegt im strukturellen Wandel des chinesischen Marktes: Während die Nachfrage nach Premiumfahrzeugen schwächelt, boomt der Absatz von Elektroautos. Davon profitieren vor allem heimische Hersteller, die bei chinesischen Kundinnen und Kunden klar bevorzugt werden. Westliche Marken versuchen gegenzusteuern, doch ein Ende des Abwärtstrends ist kurzfristig nicht in Sicht.
Chinesische Hersteller wachsen rasant
Ganz anders stellt sich die Situation für die großen chinesischen Autokonzerne dar. BYD, Geely und Great Wall Motors steigerten ihren Umsatz im dritten Quartal gemeinsam um sieben Prozent, der Pkw-Absatz legte sogar um 13 Prozent zu. Allerdings blieb auch diese Entwicklung nicht ohne Schattenseite: Der operative Gewinn sank um 14 Prozent, was zeigt, dass auch die dynamisch wachsenden Hersteller unter Margendruck stehen.
Im Detail fallen die Wachstumsraten dennoch beeindruckend aus. Geely und Great Wall Motors erzielten Umsatzsprünge von 26 beziehungsweise 21 Prozent, der Absatz wuchs um 43 und 20 Prozent. Damit entwickeln sich mehrere chinesische Hersteller zunehmend zu ernstzunehmenden globalen Wettbewerbern, die mit hoher Geschwindigkeit neue Märkte erobern. Schlanke Strukturen, digitalisierte Entwicklungsprozesse und moderne Produktionsmethoden verschaffen ihnen dabei klare Vorteile.
Lichtblicke bei der Profitabilität
Trotz des insgesamt schwierigen Umfelds gibt es auch positive Ausnahmen. Im Ranking der profitabelsten Autokonzerne des dritten Quartals liegt Suzuki mit einer operativen Marge von 9,2 Prozent an der Spitze. Dahinter folgen BMW mit 7,0 Prozent und Toyota mit 6,8 Prozent. BMW behauptet sich damit als zweitprofitabelster Hersteller weltweit – ein bemerkenswertes Ergebnis angesichts der schwierigen Lage der deutschen Branche insgesamt.
EY sieht dennoch Anzeichen für eine mögliche Stabilisierung. Sobald bilanzielle Sonderbelastungen verarbeitet und Kostensenkungsprogramme greifen, könnte sich die Profitabilität wieder verbessern. Auch die strategische Anpassung – etwa das längere Festhalten an Verbrenner- und Hybridmodellen angesichts einer langsamer als erwarteten E-Mobilitätswende – dürfte sich mittelfristig auszahlen. Kurzfristig jedoch bleibt die Lage angespannt: Die internationale Autoindustrie steht vor einer der größten wirtschaftlichen Bewährungsproben der vergangenen Jahre.



