E-Klasse: Antrieb mit Aussetzern
Ein Mercedes E-Klasse ärgert seinen Besitzer eine Zeitlang mit starkem Ruckeln beim Anfahren und schaltet eines Tages schließlich in den Notlauf.

Der Mercedes-Benz E 220 CDI, Type W212, ist acht Jahre alt und hat bereits 180.000 Kilometer auf dem Tacho, als er beginnt, seinem Besitzer Ärger zu machen. Beim Anfahren ruckelt es manchmal, die Gangwechsel sind hart und stark verzögert, und schließlich bleibt das 7G-Tronic Getriebe im 2. Gang hängen und lässt sich nicht mehr hinauf- oder hinunterschalten. Ein Neustart bringt nur kurzfristig Abhilfe, sodass dem Wiener Geschäftsmann nichts anderes übrigbleibt, seine bis dahin äußerst zuverlässige Limousine in die Werkstatt zu bringen. Da er den Verdacht hat, dass das Getriebe an den lästigen Aussetzern Schuld sein könnte, fährt er in die freie Werkstatt von Yücel Sarp in Wien-Ottakring, der sich als Spezialist für die Reparatur von Automatikgetrieben einen guten Namen gemacht hat. Ein Diagnosekrimi nimmt seinen Anfang.
- Zuerst schließt Kfz-Meister Sarp den Mercedes an das Diagnosegerät an und liest den Fehlerspeicher aus. Drei Fehlercodes werden angezeigt: P2767 – Drehzahlsensor Getriebe „keine Signaländerung“, P0717 – Eingangsdrehzahlsensor „Signal zu schwach“ und P0730 – Unplausibles Übersetzungsverhältnis.
- Aus Erfahrung weiß der Kfz-Meister, dass das Getriebesteuergerät offenbar falsche oder fehlerhafte Drehzahlinformationen erhält und dadurch die Schaltvorgänge nicht ordnungsgemäß abwickeln kann.
- Bei einer Probefahrt mit angeschlossenem mobilen Diagnosetester vergleicht er die Drehzahlen der Sensoren im Getriebe und stellt fest: Der Eingangsdrehzahlsensor zeigt Sprünge oder fällt komplett aus, der Ausgangsdrehzahlsensor zeigt dagegen plausible Werte an.
- Fazit: Das Steuergerät kann die Getriebeübersetzung nicht korrekt berechnen und schaltet in den Notlauf.
- Kfz-Meister Sarp vermutet als Ursache des Defekts zunächst einen Verschleiß der Kupplungslamellen zwischen Eingangs- und Ausgangswelle, da auch die Fehlercodes darauf hindeuten. Er beginnt, das Getriebe zu zerlegen und stellt dabei fest: Das Getriebeöl ist verschmutzt und riecht verbrannt, doch in der Ölwanne finden sich keine Metallspäne, die auf einen internen Verschleiß der Getriebemechanik hindeuten.
- Nachdem als mechanische Ursachen auszuschließen sind, nimmt der Kfz-Meister die Elektronik näher in Augenschein. Dabei stellt er fest, dass der Eingangsdrehzahlsensor mit Öl verschmiert ist, und auch im Stecker der Kabeldurchführung des Getriebesteuergerätes wird Öl gefunden, das dort nichts zu suchen hat.
- Bei genauerer Untersuchung stellt sich heraus, dass die zur Abdichtung des Steckers verwendete Gummidichtung mit den Jahren porös und damit undicht geworden ist.
- Fazit: Das Öl im Stecker stört die Signalübertragung des Eingangsdrehzahlsensors – die Ursache des Defektes ist aufgespürt.
- Bei der folgenden Reparatur werden sowohl der Eingangsdrehzahlsensor als auch der Kabelbaum im Getriebe ersetzt, das Getriebeöl samt Filter erneuert, die Ölwanne gereinigt und auch der Stecker des Steuergerätes mit einem Bremsenreiniger entfettet.
- Mit dem Diagnosetester werden die Adaptionswerte zurückgesetzt, und bei der Probefahrt funktioniert das Getriebe wieder einwandfrei. Der Fall ist gelöst.
Erkenntnis
Das von Mercedes-Benz entwickelte und bereits 2003 vorgestellte 7G-Tronic Automatikgetriebe ist wirtschaftlicher und auch leichter als seine Vorgänger, da sein Gehäuse aus Magnesium besteht. Beim Herunterschalten kann diese Automatik Gänge überspringen und ist mit einer Drehmomentwandler-Überbrückung bei allen sieben Gängen ausgestattet. Die Getriebesteuerung erfolgt komplett elektronisch. Bekannte Probleme sind ruckhafte, harte Schaltvorgänge in den Gängen zwei, drei und vier, sie können manchmal durch ein neuerliches Aufsetzen der Software behoben werden. Dem in diesem Fall beschriebenen Defekt wäre damit allerdings nicht beizukommen gewesen. Die Suche nach der Fehlerursache hat sich jedenfalls gelohnt, denn der Austausch von Sensor, Kabel und Getriebeöl war zweifellos deutlich kostengünstiger für den Kunden als der Austausch gegen ein Ersatzgetriebe.