„Hersteller wollen Internetvertrieb“

Autohandel
18.07.2019

 
Burkhard Ernst spricht im Interview über die angespannte Lage im Automobilhandel, die Unattraktivität von E-Autos und wohin die Reise seines Unternehmens geht. von Wolfgang Bauer und Philipp Bednar

KFZ Wirtschaft: Herr Professor Ernst, Sie haben kürzlich gemeinsam mit OGM-Chef Wolfgang Bachmayer eine Studie präsentiert, die zeigt, wie und wo die Österreicher ihre Autos kaufen. Welche Rolle spielt die Digitalisierung?
Burkhard Ernst: Die Händler sind bereits in der Digitalisierung angekommen. Auf diversen Online- Plattformen sind die meisten Angebote der Händler hinterlegt. Damit gibt es keine klassischen, lokalen Grenzen mehr. Das ist Fluch und Segen gleichermaßen, da die Kunden leichter und transparenter Preise vergleichen können. Andererseits können neue Kundenkreise erschlossen werden. Aber trotz Digitalisierung zeigt sich etwas sehr deutlich: Je konkreter der Autokauf wird, umso mehr setzen Kunden auf persönlichen Kontakt, persönliche Beratung und persönlichen Service.

Sie sind ein großer Skeptiker der E-Mobilität. Sie meinten zuletzt, diese sei nur eine „temporäre Erscheinung“. Was kommt stattdessen?
Würde ich wissen, was stattdessen kommt, säße ich nicht hier. (lacht) Ganz ehrlich: Ich glaube derzeit weiß niemand, wie genau die automobile Zukunft aussieht. Was die E-Mobilität anbelangt, hat unsere Studie gezeigt, dass nur für 2% der Befragten der Kauf eines E-Autos in den nächsten zwei Jahren fix ist. Weitere 5% gaben an, dass ein Kauf „wahrscheinlich“ ist. Hier zeigt sich also, dass E-Autos zwar ein großes Medienthema sind, die Kaufabsicht jedoch sehr gering ist.

Warum kommt die E-Mobilität nicht in Gang?
Da gibt es mehrere Gründe. Zum einen der hohe Preis – ein vergleichbares Benzin- oder Dieselmodell kostet deutlich weniger. Dann schweigt die Politik eisern über die Probleme der Batterieentsorgung. Und neben den hohen Anschaffungskosten kommt dann noch ein teures Batterieleasing dazu, weil die Akkus nur rund drei Jahre halten. Und dann stellt sich noch die Frage: Wer tauscht ein E-Auto nach ein paar Jahren ein? Wir nicht. Denn wenn die Batterie ausgetauscht werden muss, entspricht das einem wirtschaftlichen Totalschaden. Uninteressant.

Warum setzen die großen Hersteller dann so medienwirksam auf E-Autos?
Das ist ganz logisch: Es geht um den Flottenverbrauch. E-Autos helfen den Herstellern, ihre Flottenziele zu erreichen.

Aber die Hersteller müssen die Autos auch verkaufen, um den Schnitt zu reduzieren.
Es gibt ja genug Kommunen, Fuhrparks und öffentliche Institutionen, die sich mit E-Autos ein grünes, sauberes Image zulegen wollen. Da werden Unsummen an Steuergeldern verplempert, das die Bürger mühsam eingezahlt haben. Und in Summe wissen wir, dass die Öko-Bilanz eines E-Autos alles andere als grün ist.

Sprechen wir über das Spannungsfeld Importeure versus Händler. Wird es zu einer weiteren Ausdünnung der Händlernetze kommen? Uns gegenüber wird dies von Importeursseite immer verneint.
Ich möchte Ferdinand Fischer, Vorsitzender des Fachausschusses Zweiradhandel, von der letzten Gremiumssitzung zitieren: „Es kommen ständig Hersteller auf mich zu, die Händler brauchen. Ich sage darauf immer: Wir haben aber keine Händler, die all eure Anforderungen erfüllen können.“ Das betrifft den Zweiradhandel, ist aber um eine Zehnerpotenz höher auf den heimischen Autohandel übertragbar. Daher zurück zu Ihrer Frage: Ja, wenn hier nicht ein Umdenken stattfindet, wird es zu einer weiteren Ausdünnung kommen. Denn langfristig wollen die Hersteller natürlich den Vertrieb selbst über das Internet abwickeln. Da spart man sich dann auch Rabattschlachten, denn wenn man beispielsweise bei Amazon etwas bestellt, kann man nicht feilschen.

Wie schnell wird das gehen?
Wenn ich mir die aktuellen Händlerverträge anschauen, dann wird das sehr zügig passieren.

Und im Autohaus bleibt die Dienstleistung?
Natürlich. Dort wird dann um 50 oder 100 Euro ausgeliefert. Für den Beratungsdiebstahl und eventuelle Probefahrten sind wir Händler aber noch gut genug. Und natürlich das Aftersales-Geschäft. Wo in den Händlerverträgen aber mit entsprechenden Passagen abgesichert ist, dass nur Originalersatzteile verkauft werden dürfen. Das geht sich dann rein zufällig mit den Margen- und Boni-Berechnung immer genau aus, dass sich Händler keinerlei Abweichungen leisten können.

Gleichzeitig stammt von Ihnen der Satz: „Keiner ist gezwungen ein Autohaus zu führen. Wenn es sich nicht rechnet, dann muss man zusperren.“ Dafür wurden Sie branchenintern kritisiert. Stehen Sie zu der Aussage noch?
Ja, natürlich. Keiner ist gezwungen. Aber ich verstehe viele junge Leute, die bei dem Theater nicht mitspielen wollen. Millionenkredite aufnehmen, um dann kaum selbstständige Entscheidungen treffen zu können und nur Druck zu verspüren. Warum?

Werden Sie nochmals als Wiener Gremialobmann zur Wahl antreten?
Ja, ich werde antreten.

Hinter vorgehaltener Hand hört man von einigen aus der Branche, dass es die Wiener Landesorganisation recht leicht hat mit der Agentur Rosam, die noch dazu viel Geld kosten soll. Wie viel kostet die Agentur im Jahr?
Als Landesgremialobmann möchte ich die Interessen unserer Mitglieder bestmöglich unterstützen und vertreten. Dazu gehört auch eine professionelle Kommunikations- und PR-Arbeit. Wir arbeiten daher bereits seit vielen Jahren mit der Agentur Rosam. Grünberger Change Communications, die uns mit ihrer Expertise und Professionalität bestens unterstützt. Und zum Honorar nur so viel: Es ist viel weniger als gemunkelt wird. Und die, die in den Gremien sitzen, wissen es natürlich.

Lassen Sie uns konkret über die Rainer Gruppe sprechen. Sie geben den Megastore Nord, einer von zwei Standorten in Wien, auf. Warum und warum jetzt?
Allgemein deswegen, weil wir mit dem 12-Stunden- Tag eine Gesetzesänderung erfahren haben, die neue Entwicklungen ermöglicht. Wir werden im Standort Süd (Wiedner Gürtel) ab kommendem Jahr mit 4-Tage-Woche à 12-Stunden-Tage arbeiten, um länger für unsere Kunden offen zu haben. Ich halte das für eine innovative Idee, da ich durch die erhöhte Kundenmobilität keinen Grund für zwei Autohäuser in Wien sehe. Des Weiteren konnte ich eine Umwidmung der Liegenschaft in Donaustadt erreichen, wodurch wir an dem Standort rund 150 Wohnungen bauen werden.

Weil das Immobiliengeschäft deutlich attraktiver ist?
Ja, natürlich. Und vor allem deutlich nachhaltiger. Die Wohnungen baut man einmal und vermietet sie für die nächsten 100 Jahre. Zumal die Rahmenbedingungen im Automobilhandel nicht so sind, dass wir bereit wären, mehrere Millionen Euro in neue Schau- und Geschäftsräume zu investieren.

Wie wird sich die Reduktion von zwei auf ein Autohaus in Absatz, Umsatz und Ertrag auswirken?
Zuerst einmal müssen wir eine Reihe von Umbauarbeiten am Standort Süd und in der Organisationsstruktur vornehmen. Wir werden alle Mitarbeiter übernehmen und im verbleibenden Standort zusammenziehen. Durch die 12-Stunden-Tage haben wir längere Öffnungszeiten und können damit mehr Arbeiten am Tag verrichten. Wir verkaufen schon seit Jahren rund 1000 Neuwagen pro Jahr. Ich gehe davon aus, dass es durch die Standort-Zusammenlegung keine Geschäftseinbrüche gibt. Der Standort Süd bietet dank der Nähe zum Hauptbahnhof eine schnellere, bessere Verkehrsanbindung, sowohl mit dem Auto, als auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Ihre zwei Stammmarken sind Mazda und Yamaha. Wie zufrieden sind Sie mit der Zusammenarbeit?
Schauen Sie, ich mache das seit 1975 mit Mazda, das bedarf wohl keiner weiteren Ausführungen, oder? (lacht) Zu Yamaha: Deren Geschäftspraktikanten sind mir nicht ganz klar, zumal sich mit Herrn Zimmermann der Geschäftsführer verabschiedet hat. Was ich aber sagen kann: Das Zweiradgeschäft läuft gut, sowohl beim Verkauf als auch im Aftersales-Bereich. Das hat aber alles mein Neffe (Anmerkung: Maximilian Lemberger) zu verantworten.

Wird die Rainer Gruppe in zehn oder 20 Jahren noch ein Automobilgeschäft haben?
Wer weiß schon, was in ein oder zwei Jahrzehnten ist? Fakt ist: Mit dem Automobilhandel hat es angefangen, das sind unsere Wurzeln, da steckt viel Herzblut drinnen, sonst könnte ich auch meine Kammerfunktion so nicht wahrnehmen. Aber es hängt viel davon ab, wie sich der stationäre Autohandel entwickeln wird. Ich kann so viel verraten: Derzeit denken wir nicht daran, dass Autogeschäft sein zu lassen.