Innung nach der Fusion

Interessensvertretung
18.05.2018

 
Die Bundesinnungsmeister FRIEDRICH NAGL und ERIK PAPINSKI sprechen im KFZ Wirtschaft-Interview über die fusionierte Innung, die DSGVO und über das Problem des Fachkräftemangels.
Erik Papinski, Bundesinnungsmeister der Karosseriebauer und Friedrich Nagl, Bundesinnungsmeister der Fahrzeugtechnik

KFZ Wirtschaft: Unter dem Dach der Bundesinnung „Fahrzeugtechnik“ waren die Innungen der Kfz-Techniker und der Karosseriebauer fusioniert worden. Ihre Bilanz?
Friedrich Nagl: Es ist eine homogene Gruppe entstanden. Wir ergänzen einander hervorragend. Man sieht das vor allem auch bei den BIAS (Bundesinnungsausschusssitzungen, Anm.), da wird konstruktiv gearbeitet. Nicht nur in puncto Fahrzeugtechnik, auch etwa bei Eichung oder beim Thema DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung, Anm.).

Erik Papinski: Friedrich Nagl und ich haben für ein solides Fundament gesorgt. Für all die Herausforderungen, die auf die Branche zukommen, braucht es eine derartige Stärke. Gemeinsam sind wir stark.

Vonseiten der Karosseriebauer wurde oftmals befürchtet, dass man von den „mächtigen“ Kfz-Technikern geschluckt werden könnte.
Papinski: Die Gegner haben dieses Gerücht immer gestreut. Aber es gab von Beginn an Verhandlungen auf Augenhöhe. Einzelkämpfer gibt’s immer, die der Meinung sind, dass früher alles besser gewesen sei. Aber es gibt ja auch Menschen, die noch dem Kaiser nachtrauern.

„Unsere Betriebe haben schon größere Herausforderungen gemeistert. Sie werden auch die DSGVO meistern.“ FRIEDRICH NAGL, BIM FAHRZEUGTECHNIK

Thema DSGVO: Was antworten Sie Betrieben, die fragen: Muss ich mich vor dem 25. Mai fürchten? Papinski: Absolut nicht. Eines ist klar, Datenschutz hat es schon immer gegeben. man muss die DSGVO positiv sehen. Was jetzt passiert, gibt den Betrieben die Möglichkeit, die vorhandenen Daten auf Vordermann zu bringen und den Datenschatz, den sie haben, effizient und optimal einzusetzen. Ich bin mir sicher, dass viele Betriebe Daten haben, von denen sie gar nicht wissen, dass sie sie haben.

Nagl: Die Bundesinnung bietet ihren Mitgliedern ein Tool an, das alle Betriebsgrößen abdeckt und sowohl für Kfz-Techniker als auch Karosseriebauer relevant ist.

Papinski: Sechs Pilotbetriebe – Klein-, Mittel- und Großbetriebe, Mehrmarkenhändler et cetera – erarbeiten Erkenntnisse, die für jegliche Betriebsgrößen relevant sind. Wir erreichen damit eine Abdeckung von über 80 Prozent. Unser Tool, das diese Erkenntnisse inkludiert, wird den Betrieben rechtzeitig Mitte Mai zugeschickt.

Nagl: Unsere Betriebe haben schon größere Herausforderungen gemeistert. Sie werden auch diese Hürde nehmen.

Papinski: Wir haben die DSGVO auf das runtergebrochen, was sie ist. Sodass unsere Betriebe ohne viel Aufwand ein Instrument in die Hand kriegen, um rechtlich abgesichert zu sein.

Inwieweit leiden die Betriebe unter dem oft zitierten Facharbeitermangel?
Papinski:
Bei den meisten Betrieben basieren die Existenzängste auf dem Facharbeitermangel. Wenn ich keine Mitarbeiter mehr habe, kann ich keine Arbeiten mehr annehmen.

Was kann dagegen unternommen werden? Nagl: Ausbildung und Meisterprüfung müssen den Stellenwert erhalten, der ihnen zusteht. Ohne Gewerbe steht alles! Man kann heute nicht mehr von irgendwoher einen Facharbeiter nehmen. Diese Zeiten sind vorbei. Die Anforderungen heute sind viel komplexer und aufwendiger. Nahezu alle Sicherheitssysteme in modernen Fahrzeugen sind in der Windschutzscheibe verbaut. Diese bildet – wie auch das Panorma-Glasdach – überdies ein wesentliches tragendes Element der Karosserie. Die Autoverglasung zu einem freien Gewerbe zu machen, so wie es im Rahmen der Gewerberechtsreform vonstatten ging, war ein schwerer Fehler.

Papinski: Staaten wie etwa Serbien wollen die Ausbildung nach höchsten Standards gestalten. In Österreich findet eine Nivellierung nach unten statt. Politiker sagen, wir müssen die Lehre bzw. das Gewerbe aufwerten und wollen gleichzeitig alles freigeben. Wir können von den Serben logisches Denken und Hausverstand lernen. Das ist bei uns verloren gegangen. Die müssen das haben, weil sie nicht unsere Instrumente und Hilfsmittel haben. Ein serbischer Lehrling kann nicht zum Chef gehen und sagen: Ich bringe die Schraube nicht auf, kauf mir diese Maschine. Er muss die Schraube aufbringen, ohne dass etwas kaputt wird. Das sollten unsere Jugendlichen wieder lernen.

„Bei den Lehrlingswettbewerben vermisse ich Medien wie Krone, Kurier oder ORF.“ ERIK PAPINSKI, BIM KAROSSERIEBAUER

Nagl: Wir müssen darauf schauen, dass das Handwerk Handwerk bleibt. Der Mensch muss immer Mensch bleiben. Das Handwerk muss immer Handwerk bleiben.

Papinski: Die wirklich manuellen Tätigkeiten dürfen wir aus unserem Ausbildungsprogramm nicht rausschmeißen. Der Kfz-Techniker oder Karosseriebauer darf nicht zum Computerdeppen werden. Es geht darum, die Eltern davon zu überzeugen, dass Handwerk nichts Schlechtes ist.

Das Problem, wonach die Lehre nicht den Stellenwert hat, der ihr gebührt, haben wir vor zehn Jahren auch schon gehabt. Papinski: Das Problem hat sich noch verschärft. Im urbanen Raum ist es ein großes Problem, gute Leute zu kriegen.

Nagl: Jeder, der diesen Beruf erlernt hat, sei es mit Lehrabschlussprüfung oder mit Meisterprüfung, müsste daheim, am Stammtisch, bei seinen Freunden und Bekannten voller Stolz sagen, was er macht.

Papinski: Bei den Lehrlingswettbewerben vermisse ich Medien wie Krone, Kurier und den ORF. Es gibt keine Anerkennung.

Herr Nagl, Ihre Einschätzung zur Elektromobilität. Nagl: Die Produktion einer Batterie erzeugt 17 Tonnen CO2. Was glauben Sie, wie weit Sie da mit einem Diesel fahren können? Es heißt immer, bis 2050 sollen nur noch Elektroautos auf unseren Straßen unterwegs sein. Zurzeit sind 4,9 Millionen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor unterwegs. Jedes Jahr kommen gut 300.000 Neuzulassungen dazu. Das alles ist eine Milchmädchenrechnung, die sich nie ausgehen kann.