Diagnosekrimi

Chrysler Voyager: Ein unverzeihlicher Fehler

Diagnosekrimi
01.06.2023

Der Motor eines Chrysler Voyager fällt während der Fahrt plötzlich aus und lässt sich nicht mehr starten. Der Van wird in die Werkstatt geschleppt, wo ein Diagnosekrimi seinen Anfang nimmt.
Chrysler Voyager
Chrysler Voyager

Der Chrysler Voyager, Baujahr 2006, ist mit einem 143 PS starken 2,5 Liter Turbodieselmotor ausgestattet und hat bereits rund 200.000 Kilometer auf dem Tacho, als er plötzlich während einer Fahrt in Kärnten seinen Dienst quittiert. Zum Glück kann der Lenker das Auto unfallfrei an den Straßenrand rollen lassen. Der herbeigerufene Gelbe Engel kann keine offensichtliche Fehlerursache entdecken und schleppt den Van daher in eine nahegelegene freie Kfz Werkstatt. Hier glaubt man, den Defekt schnell beheben zu können, was sich jedoch als Irrtum erweist.

  • Mit einem Mehrmarkentester wird der Fehlerspeicher ausgelesen. Der Fehlercode „Kurbellwellendrehzahlsensor Signal fehlerhaft“ wird angezeigt.
  • Die Werkstatt bestellt daher einen neuen Kurbelwellensensor (Hallgeber) und verbaut diesen. Leider ohne Erfolg: Der Voyager springt immer noch nicht an, das Diagnosegerät zeigt denselben Fehler wie zuvor.
  • Die Werkstatt kontaktiert den Lieferanten des Hallgebers, die Klagenfurter Filiale von SAG Austria. SAG Diagnosespezialist Michael Pirovc nimmt sich der Sache an.
  • Pirovc empfiehlt telefonisch, die Kabel auf Durchgang zu prüfen und gibt dem Kfz Techniker die Pinbelegung am Motorsteuergerät laut Stromlaufplan durch. Der Kunde prüfte die Verkabelung, kann aber keinen Fehler feststellen.
  • Der Diagnosespezialist schnappt sich ein Oszilloskop und besucht die Werkstatt, um selbst das Signal zu überprüfen. Er schließt das Oszilloskop direkt an die Pins des Kurbelwellensensors am Motorsteuergerät an und erhält ein Signal, das seinen Erwartungen entspricht: 5 Volt Spannungshub, 58 Signalhübe bzw. Einbits und 2 Ausbits. Pirovc interpretiert die Werte als Bezugsmarke und vergleicht sie mit dem Gut-Bild der Fehlersuchanleitung, das augenscheinlich gleich aussieht.
  • Nun gerät das Motorsteuergerät unter Verdacht. Die Werkstatt hat ein baugleiches Ersatzteil auf Lager und steckt es zur Überprüfung an. Ungeachtet der aktivierten Wegfahrsperre sollte der Motor zumindest kurz anspringen.
  • Der Versuch schlägt fehl, der Motor macht keinen Muckser, die Fehlermeldung bezüglich des Kurbelwellendrehzahlsensors bleibt aufrecht. Selbst der Diagnosespezialist ist nun ratlos.
  • Zufällig fährt ein baugleicher Voyager auf den Werkstatthof. Der Kunde ist damit einverstanden, das Signal seines funktionierenden Hallgebers zu Vergleichszwecken überprüfen zu lassen. Gesagt, getan.
  • Dabei die Überraschung: Das Oszilloskop zeigt nur 60 Signalhübe, bzw. Einbits und keine Ausbits an. Die Kfz Techniker vermuten daher, dass bei dem defekten Voyager das Geberrad an der Kurbelwelle fehlerhafte Signale schickt. Nach kurzer Recherche zeigt sich, dass der Chrysler ein Jahr zuvor eine neue Kupplung bekommen hat.
  • Das Getriebe und das Schwungrad werden ausgebaut, und siehe da: Ein kleines Stück vom Magnetteil des Geberrades ist ausgeschlagen. Der Schaden war offenbar im Zuge des Kupplungstausches entstanden.
  • Das Geberrad wird getauscht, der Fehler ist behoben, der Diagnosekrimi gelöst.

Erkenntnis

Diagnosespezialist Michael Pirovc hat aus diesem Fall eine wichtige Lehre gezogen: „Grundsätzlich ist es wichtig, viele Messungen durchzuführen. Doch man darf sich dabei nicht zu sehr auf seine Erfahrung verlassen, denn Fehler können immer passieren. So sind die Messergebnisse, die man erwartet, leider nicht immer die richtigen!“ In diesem Fall hatte er die vom Oszilloskop angezeigten 58 Einbits und 2 Ausbits irrtümlich als Bezugsmarke interpretiert und keinen Verdacht geschöpft, dass diese möglicherweise inkorrekt sind. Erst die Vergleichsmessung hat die Abweichung vom Normwert gezeigt. Fazit: Auch Profis auf ihrem Gebiet brauchen hin und wieder einen „Dämpfer“ ihres Selbstbewusstseins, um weiter zu lernen und noch besser zu werden.