Diagnosekrimi

Mercedes GLA: Zündpille mit Nebenwirkung

Diagnosekrimi
16.08.2022

 
Ein sieben Jahre alter Mercedes-Benz GLA 180 warnt seinen Besitzer eines Tages vor einer Fehlfunktion des Airbag-Systems. Nach aufwändiger Fehlersuche zeigt sich, dass der Alarm eine gänzlich unvermutete Ursache hat.
Mercedes GLA
Mercedes GLA

Der Mercedes-Benz GLA 180 (Baumuster X156) mit 1.6 Liter Benzinmotor wird regelmäßig gewartet und weist eine durchschnittliche Kilometerleistung auf. Dennoch leuchtet eines Tages die Airbag-Kontrollleuchte im Kombiinstrument auf und warnt den Lenker vor einer Fehlfunktion. Beim folgenden Werkstattbesuch wird der Kompakt SUV an ein Hella Gutmann mega macs 77 Diagnosegerät angeschlossen. Ergebnis: Im System SRS Airbagsteuergerät ist der Fehler B0079 mit Klartext „Gurt-Endbeschlag-Straffer vorne Fahrerseite“ gespeichert. Da es sich um ein Sicherheitssystem handelt, lässt sich dieser Fehlercode nicht löschen. Der Kfz Techniker macht sich daher auf die Suche nach der Ursache und gerät dabei in einen Diagnosekrimi:

  • Bei der Überprüfung der Steckverbindung sowie der Verkabelung zum Gurtbeschlag zeigen sich keine Auffälligkeiten, sodass man von einem inneren Defekt ausgeht.
  • Der Gurt-Endbeschlag-Straffer wird ersetzt, doch der Fehlercode lässt sich nach wie vor nicht löschen.
  • Die Verkabelung der fahrer- und beifahrerseitigen Airbags wird geprüft, denn sowohl Airbags als auch die Gurtstraffer, die im Fall eines Aufpralls in Millisekunden auslösen, reagieren auf dieselben Signale, die im Airbagsteuergerät zusammenlaufen.
  • Besonders aufmerksam kontrolliert der Techniker die Abschalteinrichtung für den Beifahrerairbag, denn die im Handschuhfach untergebrachten Schalter sind schon öfter als Störquellen aufgefallen.
  • Nachdem die Suche kein Ergebnis bringt, überprüft der Techniker die auf dem Schaltplan im mega macs 77 eingezeichneten Schnittstellen zu weiteren Airbags sowie das Airbagsteuergerät auf dem Mitteltunnel unter dem Armaturenbrett. Leider verläuft diese zeitaufwendige Suche ebenfalls ohne Ergebnis.
  • Ein Anruf im Technischen Callcenter bei Hella Gutmann bringt ihn auf die richtige Spur, da dieser Fehler bereits öfters aufgetreten ist. Der entscheidende Hinweis: Der Fehler tritt nur bei Mercedes-Benz-Modellen der A- und B-Klasse sowie CLA und GLA mit Benzinmotoren auf, deren Klimaanlage auf das neue Kältemittel R1234yf umgerüstet wurde.
  • Der Hintergrund: Bei der Umrüstung der Klimaanlage, einer Kundendienstmaßnahme von Mercedes-Benz, wird eine zusätzliche Löschpatrone mit pyrotechnischer Zündpille im Motorraum montiert, um die Brandgefahr im Fall eines Unfalls zu minimieren. Wie auch alle anderen pyrotechnischen Systeme wird diese Zündpille vom Airbagsteuergerät aktiviert.
  • Der Techniker prüft daraufhin die Verkabelung der Zündpille und Löschpatrone, doch diese sind intakt. Sicherheitshalber ersetzt er die komplette Löschpatrone, und plötzlich lässt sich der Fehler löschen und tritt auch nicht mehr auf. Fall gelöst.

Erkenntnis

Ob ein Fahrzeug bereits auf das alternative Kältemittel umgerüstet wurde, ist unter anderem an der sogenannten ‚Inertisierungsanlageʼ erkennbar - einem länglichen Druckbehälter an der Spritzwand. Außerdem wird der Code 2U8 in die Fahrzeug-Datenkarte eingetragen. Im beschriebenen Fall ist der gespeicherte Fehlercode mit großer Wahrscheinlichkeit auf einen zu hohen Widerstand der Zündpille für die Löschpatrone zurückzuführen. Da die nachgerüstete Inertisierungsanlage offensichtlich in den vorprogrammierten Fehlercodes des Fahrzeugs nicht berücksichtigt ist, wird die Störung dem ebenfalls pyrotechnisch auslösenden Gurtstraffer zugeschrieben. Fazit: Da kann auch ein mechatronisch ausgebildeter Kfz Techniker lange suchen…