Diagnosekrimi

Von den Toten aufgeweckt

Diagnosekrimi
08.03.2023

Ein Audi Q7 mit 3,0 Liter Dieselmotor verweigert eines Tages seinen Dienst und lässt sich nicht mehr starten. In der Werkstatt zieht man voreilige Schlüsse, und die Fehlersuche bleibt zunächst erfolglos.
Audi Q7 mit Startproblemen
Audi Q7 mit Startproblemen

Der 13 Jahre alte Audi Q7 TDI gehört einem Kärntner Geschäftsmann und hat bereits 170.000 Kilometer auf dem Tacho, als er sich eines Tages tot stellt und nicht mehr anspringen will. Der Premium- SUV wird in die nächste Markenwerkstatt geschleppt und dort an ein Diagnosegerät angeschlossen. Ein Fehler am Magnetventil N3 im Getriebe-Steuergerät wird angezeigt, konkret lautet die Fehlermeldung „Plus-Schluss“ und in mehreren Steuergeräten wird eine fehlende Botschaft vom CAN-Bus angezeigt. In der Werkstatt wird die Entscheidung getroffen, die komplette Mechatronik des im Q7 verbauten 6-Gang Automatikgetriebes auszutauschen. Gesagt, getan, doch nach dem Tausch bleibt der Fehler bestehen, der Audi will nicht starten, die Fehlermeldung taucht wieder auf. Der enttäuschte Besitzer konsultiert den Klagenfurter Techniktrainer und Diagnosespezialisten Michael Pirovc, der sich des Falles annimmt. Ein Diagnosekrimi beginnt.

  • Der Experte schließt den Audi an ein Mehrmarken-Diagnosegerät an und erhält ebenfalls die Fehlermeldung „Plus-Schluss am Magnetventil N3“.
  • Aus Erfahrung weiß Pirovc, dass die Meldung möglicherweise auf eine Unterbrechung der Masse-Verbindung hindeutet und macht sich auf die Suche.
  • Am Display des Diagnosegerätes lässt sich der Stromlaufplan des Audi Q7 aufrufen. Der Spezialist erkennt: Die Masseverbindung des Magnetventils geht zum Getriebegehäuse, das am Motor befestigt ist.
  • Mit einem Multimeter misst er den Spannungsabfall und stellt fest: Der Masseschluss des Motors zur Karosserie ist offenbar unterbrochen.
  • Auf der Suche nach dem Übeltäter überprüft Pirovc sämtliche in Frage kommende Stromleitungen und wird schließlich fündig.
  • Das am Motorgehäuse via Kabelschuh angeschraubte Hauptmassekabel ist gebrochen und lässt sich einfach aus der Tülle herausziehen. Die Tülle hatte den Fehler gut versteckt. Der Experte konnte ihn erst entdecken, als er wusste, wo er nachschauen musste.

Mit der Überbrückung der Bruchstelle ist der Fehler behoben, der Q7 lässt sich problemlos starten. Das Massekabel wird erneuert, der Diagnosekrimi ist gelöst.

Erkenntnis

Stromkabel im Motorraum sind sowohl Witterungseinflüssen als auch starken Vibrationen während des Fahrbetriebs ausgesetzt. Die stark beanspruchten Drähte sind zwar von dicken Isolierungen geschützt, doch gerade diese erschweren auch die Suche nach einem Defekt. Ein zunächst unsichtbarer Kabelbruch kann aber geortet werden, wenn der Stromlauf mittels Multimeter überprüft wird. Diese Praxis setzt eine gewisse Erfahrung voraus, und auch die Fähigkeit, den zum Fehler passenden Stromlaufplan zu finden und richtig zu interpretieren. Eine Kunst, die Lehrlinge der Kfz-Technik in der Berufsschule anhand von Praxisbeispielen und Übungen ausgiebig trainieren. Im hektischen Werkstattalltag kann es aber passieren, dass sich der Austausch eines scheinbar defekten Teiles als einfachste Problemlösung anbietet. Bleibt dieser erfolglos, kann es durchaus helfen, das einst in der Schule gelernte Basiswissen anzuwenden.