Dringend gesucht und nicht gefunden
DANIEL FEICHTL aus Steyr (siehe auch Seite 44) sagt uns beispielsweise ganz offen: „Ich bin froh, dass ich die Leute heute habe, die ich habe. Gute Mitarbeiter zu finden ist extrem schwierig.“ Der junge Betriebsinhaber weiß seine Mitarbeiter zu schätzen, kümmert sich um eine offene, lockere – wie er sagt –, ja sogar freundschaftliche Atmosphäre. „Wir unternehmen auch in unserer Freizeit immer wieder etwas miteinander. Man muss seine Mitarbeiter an sich und das Unternehmen binden. Sowohl um bessere Leistungen zu erzielen, aber auch, damit sie einem bleiben.“ Offene Worte vom Chef. Dabei hat Feichtl das Problem des Mittelständlers: „Hier in Steyr sitzen Konzerne wie MAN und BMW, die potenzielle Mitarbeiter mit sehr guten Gehältern locken. Da kann ich nicht mit. Also muss man sich etwas anderes einfallen lassen. Ich bemühe mich um eine lockere, mitarbeiterfreundliche Atmosphäre, gute Arbeitsbedingungen und natürlich auch ein entsprechendes Gehalt.“ Wie er überhaupt zu den Leuten kommt? „Hauptsächlich über mein persönliches Netzwerk. Der kennt jemanden, der jemanden kennt … so läuft es im Alltag ab.“ Zusätzlich bildet Feichtl Lehrlinge aus. Zwar sagt auch er, dass immer wieder weniger talentierte Jungspunde ansuchen, aber „jeder muss bei uns Schnuppertage machen. Stimmen Einstellung, Interesse und Geschick, probiere ich es gerne. Denn die besten Mitarbeiter sind jene, die man sich selbst ausbildet.“
ROLAND GREDINGER hat auf zwei Standorten rund 50 Mitarbeiter. In Wien betreibt er die Flottenservice GmbH mit dem Fokus auf Gewerbekunden und Flottenfahrer. Der Lackierbetrieb ist auf Durchsatz ausgelegt. Fachkräfte sind Mangelware. „Wie akut? Auf einer Skala von eins bis zehn: sieben. Noch geht es gerade so, aber es ist hart, gute Leute zu bekommen“, so der Betriebsinhaber. Auch Gredinger setzt bei der Anwerbung auf Mundpropaganda und sein Netzwerk. „Stellenausschreibungen schalten bringt bei weitem nicht so viel wie die persönlichen Kontakte.“ Die theoretisch beste Möglichkeit sieht auch er in der Lehrlingsausbildung. „Das Problem ist: Der Fachkräftemangel ist auch ein Lehrlingsmangel. Bis wir einen finden, wo Kompetenz, Ausbildung, Wissensdurst und Einstellung passen, müssen wir lange suchen.“ Um die Qualität der Mitarbeiter trotz Nachwuchsmangels zu halten, müssen die Betriebe intensiv arbeiten: „Man muss dafür sorgen, dass das Betriebsklima stimmt, dass die Mitarbeiter motiviert sind. Anders geht es nicht, sonst sind sie weg.“ Geld ist natürlich ein Anreiz. „Der Kollektivvertrag ist in puncto Gehaltshöhe kein Gradmesser mehr. Überzahlung ist Pflicht, sonst bekommt man niemanden.“ Die stetig leicht steigenden Mitarbeitergehälter verortet Gredinger vor allem an der starken Konkurrenz am Markt. „Klassische Marktwirtschaft: Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Das Angebot ist gering, die Nachfrage hoch. Folglich verdienen die Fachkräfte immer mehr.“ Roland Gredinger begrüßt einerseits den Trend, da Handwerk immer schon goldenen Boden hatte. Anderseits müsse man beim Nachwuchs ansetzen und Eltern von potenziellen Lehrlingen näherbringen, dass es nicht immer Matura und Studium sein müssen, um nachher erfolgreich zu sein. „Ich bin mir nicht sicher, ob heute, über die Lebenszeit gerechnet, ein Akademiker unbedingt mehr verdient als ein talentierter, fähiger Handwerker.“