Digitalisierung

KI hilft bei Schadensabwicklung

Versicherung
15.03.2023

 
Die Landesinnung Wien der Fahrzeugtechnik veranstaltete einen Weiterbildungsabend zum Thema „Schadensabwicklung gestern – heute – morgen”.
Franz Ofer (Leiter des Kompetenz-Centers Lack und Karosserie), Arthur Clark (ehem. BIM), Günter Blümel (LIM-Stv. Wien), Manfred Kubik (BIM Stv.), Alexander Bayer (Leitung technisches Büro des VVO), Georg Ringseis (LIM Wien) (v.l.).
Franz Ofer (Leiter des Kompetenz-Centers Lack und Karosserie), Arthur Clark (ehem. BIM), Günter Blümel (LIM-Stv. Wien), Manfred Kubik (BIM Stv.), Alexander Bayer (Leitung technisches Büro des VVO), Georg Ringseis (LIM Wien) (v.l.).

Die Vortragenden Manfred Kubik (BIM-Stv.), Alexander Bayer (Leitung technisches Büro des VVO), Franz Ofer (Leiter des Kompetenz-Centers Lack und Karosserie) informierten über die Schadensabwicklung im Wandel der Zeit. Die Vorträge und die anschließende Diskussion moderierte Arthur Clark, ehemals BIM der Karosseriebautechniker, Karosserielackierer und Wagner. Unter den Zuhörern waren auch Kandidaten für die Karosseriebau-Meisterprüfung in Wien. Die Veranstaltung der Landesinnung Wien der Fahrzeugtechnik unterstützen die Unternehmen Audatex/Solera, DAT Austria und Eurotax.

Die mühsamen Anfänge

Manfred Kubik erzählte über die Typenbögen, mit denen alles begann. Am Typenbogen wurden die erforderlichen Reparaturen erfasst, die Positionen im Büro vervollständigt und die Unterlagen per Post an den Datenanbieter geschickt. Dieser kalkulierte die übermittelten Schadenserfassungen und schickte sie an die Werkstatt. Die Werkstatt oder der Sachverständige informierten den Fahrzeugbesitzer bzw. die Versicherung über die Kosten. „Die durchschnittliche Dauer der Bearbeitung betrug in Summe 3 bis 4 Wochen - das Fax war da schon ein Quantensprung“, so Kubik. Später kamen die Eurotax-Kalkulationsbücher, aus denen man alle Positionen heraussuchen konnte, was sehr viel Zeit in Anspruch genommen hat. Letztendlich wurde die Datenerfassung und Kalkulation durch PC-Lösungen modernisiert. Zuerst gab es eine CD pro Monat, um Daten für neue Modelle und aktualisierte Preise einzuspielen, später kamen die DVDs, da monatlich über 4 GB Daten verschickt wurden.

Digitalisierung bringt Erleichterung

Heute arbeiten die Werkstätten mit 3-D-Schadenerfassung, es gibt mobile Lösungen, die monatlichen Updates laufen vollautomatisch im Hintergrund. Die Datenmengen sind gewaltig gewachsen, 8 bis 12 GB sind es im Monat. Die Kommunikation der Werkstätten mit den Versicherern geht über Portale mit Ampelsystem oder der Anzeige über den Stand der Deckung. Die Nebenkostenpauschale kann bei Portalabwicklung verrechnet werden, teilweise ist die elektronische Rechnung verfügbar. „Somit ist der gesamte Ablauf elektronisch und genau nachvollziehbar, dadurch minimieren wir Kommunikationsfehler“, so Alexander Bayer. In der Zeit der Pandemie hat die Digitalisierung einen Riesenschritt gemacht. So werden kleine Schäden nur noch zum Teil besichtigt und in vielen Fällen anhand von Fotos begutachtet. Auch die Videobesichtigung wird immer öfter angewendet. „Wichtig ist zu betonen, dass das Video selbst nicht gespeichert wird, sondern nur die Fotos von den Schadensstellen“, betont Bayer. Grundsätzlich bestimmt das jeweilige Versicherungsunternehmen die Besichtigungsart für den konkreten Schadensfall – mit dem Sachverständigen vor Ort, als Bildschirmkalkulation anhand von Fotos, als Tele-/Foto-Expertise anhand von Fotos oder als Videobesichtigung.

Nachholbedarf bei Kalkulation

Die Versicherer und die Datenanbieter haben verschiedene Systeme, da eines für alle nicht zulässig wäre, weil es sich um eigenständige Unternehmen mit eigenen Lösungen handelt. „Wir würden uns bei den Betrieben eine bessere Marktdurchdringung der Kalkulationssoftware wünschen“, so Franz Ofer. Laut Umfragen der Datenanbieter und einer Online-Umfrage der Bundesinnung arbeiten über 40 Prozent der Betriebe ohne Kalkulationsprogramme in der Werkstatt. Auf Grund der neuen Technologien, Materialien und ihrer Verarbeitung ändert sich die Kalkulation in der Schadensabwicklung ständig, und hier gilt es, immer up-to-date zu sein.

Zukunft Künstliche Intelligenz

Die Zukunft liegt in der Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI) bei der Erkennung und Begutachtung von Schäden, die Datenanbieter testen bereits die neuen Technologien. Der Einsatz der neuesten digitalen Tools erhöht die Transparenz für den Kunden und spart Ressourcen wie Zeit und Personalkosten. „Trotz voranschreitender Digitalisierung und KI werden Sachverständige auch in Zukunft benötigt werden. So wird es dazu kommen, dass es mehr Spezialisierungsbereiche mit extra geschulten Mitarbeitern geben wird“, so Bayer.

Dialog auf Augenhöhe

Auch wenn es immer ausgefeiltere elektronische Hilfsmittel gibt, stehen nach wie vor die Menschen im Vordergrund, darüber waren sich alle Diskussionsteilnehmer einig. „Die Werkstatt und der Sachverständige sollten sich immer auf Augenhöhe begegnen und austauschen. Was dem Reparaturbetrieb laut Kalkulation zusteht, soll er auch bekommen – was wiegt, das hat’s“, so Ofer. „Es sind zwei Sachverständige im Dialog – der eine repariert und der andere begutachtet, dabei geht es um eine wirtschaftliche Reparatur für das Kundenfahrzeug.“ Alexander Bayer, Cheftechniker des VVO, betonte, dass er offene Gespräche und gemeinsame Lösungsfindung als wichtige Bausteine in der Zusammenarbeit zwischen der Versicherungs- und der Reparaturwirtschaft in Österreich schätzt. „Die Schadensabwicklung funktioniert gerade deshalb sehr gut, wie auch die geringe Quote von gerichtsanhängigen Fällen belegt. Was der Werkstatt zusteht, gebührt ihr, die Kosten sollen aber auch für die Versicherung in der Prämie vertretbar sein.“

VVO: Zahlen und Fakten 2021

  • 7.215 Millionen versicherter Fahrzeuge in Österreich, davon 5.133 Millionen Pkw.
  • 1.345.830 Schadensfälle, davon 463.473 Haftpflichtfälle, 882.357 Kaskofälle.
  • 2.688 Millionen Euro Schadensleistung, davon 1.152 Millionen Euro für Haftpflichtfälle, 1.536 Millionen Euro für Kaskofälle.