Händlerverband kämpft um Daten-Zugang

Autohandel
14.09.2021

Die vertikale Gruppenfreistellungsverordnung für den Neuwagen-Vertrieb läuft im Mai 2022 aus. Der Händlerverband Cecra steckt in einem Positionspapier seinen Rahmen ab - und kämpft vor allem um den Zugang zu Daten.
Auch der zunehmende Onlinehandel erfordert neue Regelungen für den europäischen Fahrzeughandel.
Auch der zunehmende Onlinehandel erfordert neue Regelungen für den europäischen Fahrzeughandel.

„Wir brauchen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Herstellern und Händlern. Dieses Verhältnis kann aber nur ausbalanciert sein, wenn die notwendigen Investitionen der Händler abgesichert sind, sie also nicht eine abrupte Kündigung ihrer Verträge befürchten müssen“.  So lautet der O-Ton eines aus dem Englischen übersetzten aktuellen Positionspapiers des europäische Herstellerverband Cecra, das der KFZwirtschaft vorliegt. Ein derartiges Verhältnis sieht der Verband aktuell mehr als gefährdet an.  

Der europäische Fahrzeughandel sei bereits 2013 schwer gebeutelt worden, als sich Chevrolet vom Markt zurückgezogen hat. Im heurigen Frühjahr habe auch noch Stellantis seine Händlerverträge gekündigt. In beiden Fällen mit einer Frist von lediglich zwei Jahren. Wie berichtet stellt sich der Stellantis-Konzern komplett neu auf, weshalb den Vertriebs- und Servicepartnern der zu dem neuen Konzern gehörenden Marken mitgeteilt wurde, dass ihre Händlerverträge zum 31. Mai 2021 mit einer Frist von zwei Jahren gekündigt werden. Die Verträge laufen damit am 31. Mai 2023 aus.

Und dann verweist der Verband auch auf Österreich: Ein bestehendes Ungleichgewicht zu Ungunsten der Händler sei auch durch aggressive Geschäftspraktiken gegeben. Diese wiederum seien vom Obersten Gerichtshof in Österreich in einem im März 2021 gefällten Urteil gegen PSA im Rechtsstreit mit dem oberösterreichischen Peugeot-Händler Büchl bestätigt worden. Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass Peugeot seine Marktmacht gegenüber Händlern jahrelang missbraucht hat. Das hat die Branche europaweit aufgescheucht, zumal weitreichende Auswirkungen und etwaige Folgeklagen zu erwarten bzw. zumindest vorstellbar sind. Cecra-Generaldirektor Bernard Lycke sprach im Zusammenhang mit dem Fall Büchl von einem „Durchbruch in einem jahrzehntelangen Kampf um mehr Fairness im Verhältnis zwischen den Herstellern und Händlern“.

Angst, dass Händler umgangen werden

Im aktuellen Positionspapier geht es aber um noch viel mehr als unschöne Gepflogenheiten einzelner Hersteller: Der Verband fürchtet um den Zugang zu Daten zu Fahrzeugdaten bzw. dass Hersteller die angesammelten Daten dazu nützen könnten, den Direktvertrieb zu forcieren und Händler in Zukunft immer mehr zu umgehen. Der Zugang zu den OEMs vorliegenden gesammelten Fahrzeugdaten (von der Wartung bis zur Ferndiagnose) müsse im Sinne eines fairen Wettbewerbs für alle offen sein, so die Forderung der Händler-Vertreter. Das gelte für Daten zum Verbraucherverhalten wie auch technische Daten.

All das müsse in die neue vertikale Gruppenfreistellungsverordnung eingearbeitet werden, so die klare Forderung des Verbandes, der die Interessen von nicht weniger als 336.000 Unternehmen vertritt, an denen wiederum rund 2,9 Millionen Arbeitsplätze hängen. Cecra fordert eine genaue Definition und Ausarbeitung der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in dem neuen Umfeld.

Das Positionspapier kommt zur rechten Zeit. Denn die Gruppenfreistellungsverordnungen (GVO) laufen in Bälde aus. Die so genannte Vertikal-GVO, die für den Neuwagen-Vertrieb gilt, läuft am 31. Mai 2022 aus. Die Kfz-GVO, die für den After Sales-Bereich sowie die Serviceverträge relevant ist, ein Jahr danach, also 2023. Es müssen also Neuregelung ausverhandelt werden.

Diskussionsbedarf

In Bezug auf erstere, die sogenannte Regulation N° 330/2010 (der After Sales-Bereich ist N° 461/2010) hat die EU-Kommission schon vor einem Jahr festgehalten, dass sich die Rahmenbedingungen durch den zunehmen Onlinehandel verändert haben. Aber auch hier gibt es noch Diskussionsbedarf im Detail.

Cecra fordert, dass festgelegt wird, dass Direktverkäufe nicht mehr ausgenommen werden, sofern sie mehr als 20 Prozent der Herstellerumsätze ausmachen. Der von der EU-Kommission im Sommer vorgeschlagene Entwurf sieht eine komplizierte Regelung vor, bei der die Freigrenze bis zu 30 Prozent der Umsätze ausmachen kann. In Bezug auf den Informationsaustausch soll es hingegen gar keine Freigrenzen geben (auch nicht die vorgeschlagenen 10 Prozent der Umsätze). Schließlich könne der (exklusive) Zugang zu Daten erhebliche negative horizontale Auswirkungen auf den Wettbewerb – unabhängig vom Marktanteil der beteiligten Unternehmen.

Ein duales pricing wiederum sei zwar durch den Online-Direktvertrieb zurecht kein kategorisches No-go mehr, allerdings dürften die Preise, die Hersteller via Internet offerieren nicht unter jenen liegen, die Händler in Anbetracht der Konditionen, die ihnen die Hersteller gewähren, online offerieren können, da letztere ansonsten de facto vom Online-Markt ausgeschlossen werden würden.