Hutschinski (VÖK): "Im Fahrzeughandel droht ein Flächenbrand"

Autohandel
27.04.2020

 
Der Verband österreichischer Kraftfahrzeug Betriebe (VÖK) sieht die österreichischen KFZ-Betriebe durch den "COVID-19-Shutdown" in größter Gefahr.
VÖK-Obmann Stefan Hutschinski
VÖK-Obmann Stefan Hutschinski

"Speziell bei den Fahrzeughändlern in Österreich stehen wir kurz vor einem Flächenbrand!", warnt der Obmann des VÖK, Stefan Hutschinski, sehr eindringlich. "Der Fahrzeughandel ist in einigen Punkten sehr differenziert zu anderen Branchen zu betrachten und dadurch in solch einer Krisenzeit besonders gefährdet." Die Produkte der Branche seien hochpreisig, jeder Händler bewege mehrere Millionen Euro mit geringsten Spannen. Dementsprechend sei es oft auch sehr schwierig für die Händler, bei ihren Hausbanken auf entsprechendes Verständnis zu stoßen, da diese bei solch Summen hohe Risiken sehen würden. 

Für die von der Regierung ins Leben gerufenen Hilfsprogramme wie z.B. den Corona-Hilfs-Fonds (Garantien für Betriebsmittelkredite, Fixkostenzuschüsse) sei Bedingung, dass die URG Kennziffern (Eigenkapitalquote und Schuldentilgungsdauer) in der Bilanz passen. Der hohe Investitionsbedarf, ein hoher Fremdkapitalanteil sowie sehr hohe Summen bei den Vorräten von Fahrzeughändlern (Neu- und Gebrauchtwagen) sorgten zusätzlich dafür, dass für viele Händler die - jetzt so notwendigen - Bilanzkennzahlen unerreichbar seien. Ohne diese notwendigen Finanzmittel durch den Corona-Hilfs-Fonds drohe diesen Betrieben nun unverschuldet der Konkurs. Für Händler bei denen diese Bilanzkennzahlen in Ordnung sind, ergebe sich ein weiteres Problem. Der nicht rückzahlbare Fixkostenzuschuss des Corona-Hilfs-Fonds, für diverse Kosten wie Geschäftsraummieten, Versicherungsprämien, Lizenzkosten, Zahlungen für Strom / Gas / Telekommunikation, Zinsaufwendungen und andere betriebsnotwendige, vertragliche Zahlungsverpflichtungen, richte sich in der Höhe gestaffelt nach dem Umsatzrückgang im Zeitraum von 15. März bis Ende der COVID-19 Maßnahmen. 

"Viele Fahrzeughändler wird der große Umsatzrückgang durch den 'COVID-19-Shutdown' allerdings erst Monate später treffen, da Neuwagen in der Regel eine Lieferzeit von 2-3 Monaten haben - je nach Hersteller. Dieser Umsatzrückgang fällt somit bei der bestehenden Regelung des Corona-Hilfs-Fonds aus dem Durchrechnungszeitraum. Im Härte-Fonds, der großteils für Ein-Personen-Unternehmer gedacht ist, wurde diese Regelung bereits letzte Woche zufriedenstellend gelöst", erklärt Hutschinski. "Ein weiteres Problem wird zirka in einem Jahr, mit der Bilanz 2020, auf viele Unternehmen in Österreich zukommen. Durch das 'Corona Jahr' kann es bei vielen Betrieben unverschuldet zu einem URGVerfahren (Reorganisationsverfahren) kommen. Auch hier bedarf es einer Anpassung der geltenden Gesetze." 

Bereits zahlreiche Händler hätten die Markenvereine sowie den VÖK zu diesen zwei kritischen Themen kontaktiert und würden ihre Existenz bedroht sehen. Viele würden auch berichten, dass die Banken uninformiert und nicht kooperativ seien. Der VÖK führe derzeit eine anonymisierte Online Umfrage durch, um die Reichweite der gesamten Problematik abzuklären. 

Folgende konkrete Forderungen werden vonseiten des VÖK/Fahrzeughandels gestellt: 

 Kriterien für die Vergabe des Corona-Hilfs-Fonds (URG Kennzahlen) für den Fahrzeughandel umgestalten bzw. aussetzen 

 Abwicklung bei den Banken vereinfachen und beschleunigen - keine zusätzlichen Sicherheiten bei den - zumeist ausfinanzierten - Betrieben einfordern 

 Eine Wahlmöglichkeit für den Durchrechnungszeitraum für den Corona-Hilfs-Fonds / Fixkostenzuschuss - z.B. ähnlich der Regelung des Härtefall Fonds 

 Aufgrund vieler drohender URG Verfahren nach der Bilanz 2020 durch das "Corona Jahr" - frühzeitige Anpassung der Gesetzeslage bzw. Aussetzen dieser Verfahren 

 Wirtschaftsimpuls durch Ökoprämie Wie auch 2009 nach der Wirtschaftskrise wäre es jetzt enorm wichtig, durch eine Ökoprämie einen Wirtschaftsimpuls zu setzen. Hier kann eine "Win-win-Situation" für alle geschaffen werden: umweltpolitisch durch eine Verbesserung der Ökobilanz der Fahrzeugflotte in Österreich, Konsumenten erhalten dadurch günstigere Neufahrzeuge, der Staat lukriert zusätzliche Steuereinnahmen und die Wirtschaft und Konjunktur erfahren einen wichtigen Impuls - immerhin waren vor der Krise an die 500.000 Arbeitsplätze in Österreich direkt oder indirekt von der Autobranche abhängig. 

"Gemeinsam mit allen Interessenvertretern muss den verantwortlichen Politikern diese prekäre Situation aufgezeigt werden. Ansonsten drohen Insolvenzen, zahlreiche zusätzliche Arbeitslose und eine große Ausdünnung der Händlernetze. Gewinner wären hier nur wieder die finanzkräftigen Importeure mit ihren eigenen Retail Betrieben - Verlierer der Kunde durch den dann fehlenden Wettbewerb", sagt Stefan Hutschinski.