Online-Verkauf von Neufahrzeugen: Tesla zeigt wie's geht

Autohandel
01.02.2021

 
BearingPoint hat die Online-Angebote führender Automobilhersteller in den USA, China und Europa analysiert und bewertet. Tesla sticht durch Präsenz in allen Märkten und ausgefeilte Online-Sales-Angebote gegenüber den anderen OEMs heraus. Die deutschen Player haben Aufholbedarf. 
Experten sind sich einig: Die digitale Transformation im Vertrieb muss weiter beschleunigt werden.

Autohersteller (OEMs) verkaufen immer weniger Autos über die traditionellen Verkaufswege. Gründe sind veränderte Kundenanforderungen und Kaufpräferenzen sowie die temporäre Schließung physischer Verkaufsstellen aufgrund der COVID-19-Pandemie. Das zeigt sich auch in den weltweiten Verkaufszahlen der drei größten deutschen Automobilhersteller: Die Volkswagen Gruppe setzte 2020 bis zum dritten Quartal rund 25 Prozent weniger Fahrzeuge ab, Mercedes-Benz lieferte 14 Prozent und BMW 11 Prozent weniger Fahrzeuge an Kunden aus. Dies zeigt den Automobilherstellern, dass die digitale Transformation im Vertrieb weiter beschleunigt werden muss und insbesondere Online-Car-Sales-Angeboten eine große Bedeutung zukommt. Die Management- und Technologieberatung BearingPoint hat untersucht, ob und wie die Automobilhersteller in den wichtigsten Märkten China, USA und Europa mit Online-Shops vertreten sind. Dabei zeigte sich, wie groß die Unterschiede zwischen den einzelnen Automobilherstellern und deren Strategien für die untersuchten Märkte sind.

Andreas Unger, Partner bei BearingPoint: „Die Automobilhersteller können sich nicht mehr allein auf den guten Ruf ihrer Marke verlassen, um ihre Fahrzeuge zu verkaufen. Sie müssen dort sein, wo ihre Kunden sind, um deren Bedürfnisse und Vorlieben zu verstehen. Online-Sales wird immer wichtiger, wie Tesla eindrucksvoll zeigt. Die Tatsache, dass einige Automobilhersteller bestimmte Märkte noch überhaupt nicht bedienen, ist schwer verständlich. Denn die digitale Umgestaltung der Kundenreise beim Neuwagenkauf ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor, um Kundenakzeptanz zu erzeugen. OEMs, die sich dem Trend nicht anpassen, riskieren ihre Marktposition und die Akzeptanz der Kunden. Viele von uns gefundene Schwachstellen in den analysierten Dienstleistungen, können durch eine Optimierung der Verbindung zwischen den digitalen und den physischen Elementen der Kaufprozesse beseitigt werden.“

Online-Shops für Automobilhersteller überlebenswichtig

Neue Kundenkontakte über Online-Shops sind für Automobilhersteller mittlerweile nicht nur optional, sondern überlebenswichtig, betont BearingPoint. Doch einen Webshop einzurichten, um Autos so schnell wie möglich zu verkaufen, bedeute auch, dass Unternehmen sich in eine zukunftsfähige Organisation transformieren müssen, die sich an veränderte Kundenanforderungen und Kaufverhalten anpasst, heißt es in der Studie. Immer mehr Hersteller bauen Online-Kanäle auf und sind inzwischen in den wichtigsten Märkten vertreten.

Bei genauerer Betrachtung werden regionale Unterschiede ersichtlich. So gibt es beispielsweise in China und Großbritannien eine große Anzahl von Online-Shop-Angeboten mit hoher Servicereife. 11 der 13 untersuchten Hersteller in China betrieben zum Zeitpunkt der Untersuchung einen Online Shop. Hiermit rangiert China vor UK (8) auf den Spitzenplätzen bezüglich verfügbarer Anzahl an Online Shops.

In den USA – immerhin einer der größten Auto- und Online-Verkaufsmärkte weltweit – liegt die Anzahl der Online-Shops für Neuwagen bei enttäuschenden vier Shops. Deutschland bietet mit ebenfalls vier Online-Shops nur ein durchschnittliches Angebot, allerdings in letzter Zeit mit steigender Tendenz. Frankreich (mit zwei Online-Shops) sowie Italien und Spanien (jeweils nur ein Online-Shop) sind hier Schlusslichter. Das liegt laut BearingPoint daran, dass die OEMs diese nicht als Märkte mit hoher Online-Verkaufsreife ansehen.

Tesla fährt vorne weg

Im Vergleich der großen Automobilhersteller gibt es nur einen einzigen Hersteller, der Online-Shops in allen bewerteten Märkten betreibt, sogar in Spanien und Italien: Tesla. Tesla ist nicht nur überall vertreten, der Hersteller von Elektroautos schneidet auch in allen analysierten Märkten am besten ab, unterstreicht BearingPoint. Tesla sei mit seinem revolutionären Verkaufsmodell erfolgreich, weil der US-Hersteller verstanden habe, die Kundenerwartungen zu erfüllen und dort zu sein, wo die Kunden sind. Und das sei heutzutage online.

In den Spitzenplätzen der untersuchten Regionen sind die deutschen Hersteller aktuell noch unterrepräsentiert. Dies hat mehrere Gründe. Aktuell bedienen nur wenige Hersteller ihre Kunden über flächendeckende Online Shops. Hervorzuheben sind insbesondere die Märkte China, Großbritannien und Deutschland. Zudem weisen die Shop-Angebote selbst im Vergleich zum Leading Practice Optimierungspotenziale in diversen Phasen der Customer Journey auf, die ihnen eine Spitzenplatzierung aktuell noch verwehren.

Laut BearingPoint korreliert der Reifegrad von Online-Shops nicht mit dem Segment, in dem der OEM aktiv ist. Die Studie ergab, dass sowohl Volumen- als auch Premiumhersteller Online-Shops von hoher Qualität anbieten. Das heißt Volumenhersteller müssen sich mit ihren Angeboten nicht hinter denen der Premiumhersteller verstecken. Während beide Segmente ihre Stärken in verschiedenen Bereichen haben, gibt es noch einige weiße Flecken auf der Landkarte, in denen keiner der OEMs ein führendes Online-Angebot bedient.

BearingPoint analysierte in seiner Studie die Online-Angebote führender OEMs in den USA, China und Europa, bewertete deren Online-Vertriebsbereitschaft, identifizierte führende Praktiken und leitete Handlungsempfehlungen ab. Bewertet wurde u.a. wie die OEMs die Kundenanforderungen entlang der digitalen Kundenreise erfüllen, insbesondere das Kauferlebnis. Da der Neuwagenmarkt sehr vielfältig ist und sich das Kundenverhalten von Markt zu Markt unterscheidet, wurde der Umfang der Studie so konzipiert, dass die wichtigsten Automärkte der Welt – China (31 Prozent), die USA (25 Prozent) und Westeuropa (25 Prozent) der weltweiten Autoverkäufe 2019 – einbezogen wurden.