Betriebsklima

Achtung Chefs: Spart nicht mit Lob!

Mitarbeiterbindung
15.06.2023

Von: Rolf Leicher
Lob und Anerkennung stärken das Selbstwertgefühl und erhöhen die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter. Wer besondere Leistung nicht lobt, hat auch nicht das Recht, bei Fehlern zu kritisieren.
Loben ist pure Motivation
Loben ist pure Motivation

Anerkennung hat einen gruppendynamischen Effekt. Wenn sich jemand besonders einsetzt und dafür Anerkennung erhält, strengen sich die Kollegen an, damit auch sie ein Lob erhalten. Wer gelobt wird, „revanchiert“ sich meist, in dem er sich positiv über „seinen Chef“ und den Betrieb äußert. Anerkennung ist ein wichtiges Instrument erfolgreicher Betriebsführung im Handwerk. Positive Bewertung darf aber nicht aufgesetzt sein, sie muss von innen heraus kommen, damit der Vorgesetzte glaubwürdig wirkt. Die Bestätigung mit einem „o.k.“ oder „Einverstanden“ ist dürftig und wird vom Mitarbeiter nicht als Anerkennung wahrgenommen. Wirkungsvoll ist die Ich-Botschaft: „Ich finde, das hast du sehr gut gemacht“. Die Botschaftsform „Ich“ wirkt als persönliche Wertung und motiviert nachhaltig. Die Wirkung kann weiter gesteigert werden, wenn der Mitarbeiter gefragt wird, wie er es geschafft hat, z.B. einen engen Termin exakt einzuhalten. Anerkennung muss sofort erfolgen, damit sie voll wirkt. Wer sehr gute Leistung bringt, oder besonderen Einsatz zeigt, erwartet positives Feedback, sonst entsteht Gleichgültigkeit.

Lob und Kritik

Anerkennung darf keinesfalls mit Kritik vermischt werden: „Ich freue mich sehr, dass du diesen engen Termin eingehalten hast. Ich bin überrascht, denn dir fehlen doch noch Fachkenntnisse, dafür musst du noch etwas tun“. Kritik und Anerkennung müssen getrennt thematisiert werden. Wer positives Feedback erfährt, wird nicht nur in seinem Selbstvertrauen gestärkt, sondern will es reproduzieren oder sogar noch verstärken. Anerkennung zeigt Wahrnehmung, macht Wertschätzung einer besonderen Leistung deutlich. Wer beliebt ist, darf nicht mehr Anerkennung erhalten als andere. Es verstößt gegen das Prinzip der Gleichbehandlung, wenn Beliebtheit das Maß der Anerkennung bestimmt. Positive Bewertung eines Mitarbeiters lässt Neid unter den Kollegen aufkommen und kann ihn sogar unbeliebt machen. Eine Anfangsleistung kann sogar noch besser werden, wenn sie zwischendurch gelobt wird. Aber: Loben nach dem „Gießkannenprinzip“ kommt nicht gut an. Zu viel ist ebenso unangebracht wie zu wenig, denn was ständig anerkannt wird, verliert an Wirkung.

Fehler beim Loben

Lob soll wirken und nicht verwirren. Richtig zu loben ist also nicht einfach. Folgende Fehler sollten vermieden werden:

1.           Vergleichendes Lob: „Ja das hast du wirklich sehr gut gemacht Daniel, du arbeitest ja viel sorgfältiger als der Sven“. Was macht Daniel? Er geht zu Sven und berichtet ihm. Sven fühlt sich kritisiert.

2.           Oberflächliches Lob: „Ja, das passt“. Der Mitarbeiter fühlt sich abgefertigt, Anerkennung ist ungenau und wird nicht ernst genommen. Das ist kein Anreiz, sich weiterhin anzustrengen.

3.           Lob als Vorwurf: „Na, endlich klappt es auch bei dir, war ja auch höchste Zeit.“ Der Mitarbeiter ist völlig verunsichert und fragt sich, was der Chef damit sagen will.

4.           Ironisches Lob: „Na ja, du hast dich wenigstens bemüht.“ Das irritiert den Mitarbeiter total und wirkt als versteckte Kritik an seiner Leistung.

5.           Übertriebenes Lob: „Unglaublich, wenn ich dich nicht hätte, könnten wir hier dicht machen.“ Die Übertreibung wirkt unglaubwürdig, man fühlt sich nicht ernst genommen.

6.           Indirektes Lob: „Ich soll dir vom Chef sagen, dass er sehr zufrieden ist mit dir“. Die Anerkennung kommt von einer Drittperson, meist von einem Kollegen, und nicht vom Vorgesetzten selbst.

Kollegiales Feedback

Wer von einem Kollegen eine positive Rückmeldung erfährt, zeigt ihm gegenüber größere Hilfsbereitschaft bei der Arbeit. Für jüngere Mitarbeiter, die anfangs noch unsicher sind, sind Kollegen-Komplimente Balsam für die Seele, es motiviert sie zu weiterem Einsatz. Anerkennung, die der Arbeitgeber nicht über die Lippen bringt, hört der Mitarbeiter gerne von Kollegen. Anerkennung ist für Beziehungen so wichtig wie Vitamine für den Körper. Für Leistungen gibt es aber nicht immer einen exakten Maßstab. So lassen sich z.B. Freundlichkeit und Engagement nicht wie die Temperatur auf dem Thermometer messen. Die Bewertung ist oft Gefühlssache. Zudem überschätzen Mitarbeiter gerne ihre eigene Leistung. Vorsicht: Wer zu sehr auf Anerkennung aus ist, engagiert sich auch übermäßig, setzt sich selbst unter Druck. Schafft er es, entsteht beim Chef eine Erwartungshaltung, so dass er seinem „Star“ immer mehr schwierigere Aufgaben überträgt und mit sehr guten Arbeitsergebnissen rechnet. Spitzenleistungen schaffen mitunter eine Erwartungshaltung des Vorgesetzten.

Sparsames Lob

Grundsätzlich besteht keine sachliche Notwendigkeit, eine Leistung ausdrücklich an zu erkennen. So rechtfertigen viele ihr sparsames Loben: „Wenn ich zu viel lobe, zieht das Lob nicht mehr“. Oder: „Meine Leute werden dafür bezahlt, dass sie ihre Arbeit gut machen, und keiner hat sich über mangelndes Lob beklagt.“ Oder: „Fängt man einmal mit Anerkennung an, kommt der Mitarbeiter noch auf die Idee, mehr Gehalt zu verlangen.“ Was sollte also anerkannt oder gelobt werden? Im Blickpunkt stehen die persönlichen Merkmale des Mitarbeiters, mit denen er besondere Leistungen erbringt: Zuverlässigkeit, Belastbarkeit, Verantwortungsbereitschaft, perfekter Umgang mit Geräten und eine hervorragende Fachkompetenz. Das verdient eine positive Rückmeldung, vor allem bei jüngeren Mitarbeitern. Pünktlichkeit ist selbstverständlich und kein Anlass für ein Lob. Positive Rückmeldung muss auch verdient sein. Wer ohne Grund gelobt wird, fühlt sich schnell manipuliert. Wenn Überstunden nötig sind, ist ein vorangestelltes Lob an alle nicht ernst gemeint, sondern nur Stimmungsmache für die bevorstehenden Überstunden.