Neuzulassungen

E-Auto-Boom ungebrochen

09.11.2022

 
Österreich verzeichnet im Vergleich zum Vorjahr einen marginalen Rückgang an neu zugelassenen rein elektrischen Fahrzeugen von 0,1 %.
Johannes Schneider, Partner bei Strategy& Österreich.
Johannes Schneider, Partner bei Strategy& Österreich.

Die Elektro-Transformation der Autobranche setzt sich trotz angespannter Wirtschaftslage unvermindert fort. Die hohe Nachfrage nach Elektroautos und die daraus resultierend vollen Auftragsbücher könnten die drohende Rezession der Branche abmildern. Das zeigen die Ergebnisse des aktuellen „Electric Vehicle Sales Review“ von PwC Autofacts® und Strategy&, der Strategieberatung von PwC, in dem die Neuzulassungszahlen in weltweit 14 ausgewählten Märkten ausgewertet werden. Im dritten Quartal 2022 wurden demnach weltweit 74,7% mehr reinelektrische Fahrzeuge (Battery Electric Vehicle, BEV) zugelassen als im Vorjahreszeitraum. Im zweiten Quartal 2022 hatte das Wachstum noch bei lediglich 61,7% gelegen. Zugleich bauten BEVs ihre Anteile in fast allen Kernmärkten aus und könnten bereits 2035 weltweit mehr als die Hälfte aller Neuzulassungen ausmachen. In China könnte ihr Anteil dann bei 73%, in Europa bei sogar 93% liegen.

Europa wird Importeur

Während chinesische Hersteller immer mehr BEVs in Europa verkaufen, verlagern sowohl europäische als auch amerikanische Hersteller ihre BEV-Produktion zunehmend nach China – und verschieben die Rolle Europas vom Exporteur zum Importeur von Autos. Bereits 2025 könnten in Europa knapp 800.000 Autos aus chinesischer Produktion verkauft werden, davon mehr als 330.000 von Marken europäischer Original Equipment Manufacturer (OEM). Noch im vergangenen Jahr hatten europäische Hersteller lediglich 35.000 BEVs aus China nach Europa exportiert. Für 2022 prognostiziert die Studie mit 66.000 BEVs bereits eine Verdopplung. Diese Entwicklung führt dazu, dass Europa 2025 bereits einen Importüberschuss von mehr als 221.000 Fahrzeugen (Verbrenner und Elektroautos) erreichen könnte. Noch vor wenigen Jahren verzeichnete Europa einen Exportüberschuss mit Autos – 2015 lag dieser bei knapp 1,7 Millionen Fahrzeugen.

China wird Exporteur

Der europäische Automobilmarkt erlebt eine wachsende Konkurrenz durch chinesische OEMs. Obwohl diese in Europa bislang nur eine untergeordnete Rolle spielen, könnten sie 2030 etwa 5 % des europäischen BEV-Marktanteils erobert haben. In Österreich stieg die Anzahl an vollelektrischen Fahrzeugen im dritten Quartal um 9,4 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum an. Seit Beginn des Jahres hat die Zahl der neuzugelassenen BEVs verglichen mit dem Jahr zuvor allerdings leicht nachgelassen und einen Rückgang von 0,1 % verzeichnet. Insgesamt wurden seit Jänner 24.104 vollelektrische Fahrzeuge in Österreich neu zugelassen – ihr Marktanteil liegt damit aktuell bei 14,8 %. Bereits 2025 für Österreich mit 5.216 Autos ein Importüberschuss im Autoabsatz erwartet.

Industrie unter Druck

„Die europäischen Hersteller kämpfen nach wie vor mit Lieferschwierigkeiten und setzen vor allem auf BEV-Modelle im oberen Preissegment. Die chinesischen Hersteller haben ihre Produkte dagegen im heimischen Markt optimiert und weiterentwickelt, sodass sie inzwischen günstige BEV-Modelle, innovative Technologie und neuartige Konzepte nach Europa bringen. Als Ergebnis sehen wir, dass es kein europäisches Modell in die Top 5 der meistverkauften E-Autos weltweit schafft“, sagt Johannes Schneider, Partner bei Strategy& Österreich. „Um ihre Strukturen zu halten, das Momentum der Elektro-Transformation für sich zu nutzen und weiterhin von Skaleneffekten zu profitieren, müssen die europäischen OEMs deswegen jetzt dagegenhalten und ihre Lieferketten unter Kontrolle bekommen sowie ihre Entwicklungs- und Anlaufprozesse im In- und Ausland beschleunigen.“