Scheinwerfer: Die Frage der Einstellung

Lichttechnik
24.10.2023

 
Bei der korrekten Einstellung moderner High-Tech-Scheinwerfer müssen Werkstätten einen immer höheren Aufwand treiben.
Um einen Scheinwerfer korrekt prüfen und einstellen zu können, muss der Scheinwerfereinstellplatz die Anforderung der DIN-ISO-Norm 10604 erfüllen.
Um einen Scheinwerfer korrekt prüfen und einstellen zu können, muss der Scheinwerfereinstellplatz die Anforderung der DIN-ISO-Norm 10604 erfüllen.

Einst haben Xenon-Scheinwerfer die bis dato klassischen Halogenscheinwerfer ziemlich alt und schwach aussehen lassen. Binnen weniger Jahre haben sich die Xenon-Brenner am Markt´durchgesetzt. Die Einstellung von Halogen- und Xenon-Scheinwerfern war auch recht simpel. Wer den Platz hat, konnte und kann noch immer mit der „10 Meter Wand“-Methode die Scheinwerfer prüfen und einstellen. Da jedoch viele Werkstätten den Platz nicht dafür haben, haben sich bald Scheinwerfereinstellgeräte für die Prüfung und Justierung durchgesetzt, die die 10 Meter Wand-Methode simulieren. Sie reduzieren den Platzbedarf dabei auf 50 Zentimeter vor den Scheinwerfern und sind vielerorts einsetzbar – in der Theorie. Denn um einen Scheinwerfer korrekt prüfen und einstellen zu können, muss der Scheinwerfereinstellplatz eine präzise definierte Anforderung erfüllen, die DIN-ISO-Norm 10604. Primär geht es darin um Größen und Abmessungen, doch am wichtigsten ist darin die Neigungstoleranz, also wie uneben die Prüffläche zum Scheinwerfereinstellgerät (SEG) sein darf. Die vereinfachte Faustformel: Bei vier Meter Länge (Mindestlänge bei Pkw-Prüfungen), darf die Abweichung nur 10 Millimeter betragen.

Prozedur mit Niveau

Scheinwerfereinstellplätze müssen zwar exakt ausnivelliert sein, um einen abnahmefähigen Prüfplatz zu erhalten, aber es muss nicht immer eine bauliche Maßnahme sein, um das Ziel zu erreichen. Sollte der Werkstattboden außerhalb der Toleranz sein, kann man sich mit drei Maßnahmen (auch in Kombination) helfen. Zum einen mit nivellierbaren Aufstellflächen. Diese nachträglich einbaubaren Auffahrelemente lassen sich exakt und individuell einstellen, um das Niveau punktgenau zu treffen. Die Alternative dazu stellen Bühnen dar, die über eine Niveauregulierung verfügen. Solche Bühnen kann man natürlich universeller einsetzen, beispielsweise für die Achsvermessung oder Kalibrierung von Fahrassistenzsystemen. Die dritte Möglichkeit stellen niveauausgleichende Einstellgeräte dar (selbst nivellierend), die Unebenheiten bis rund vier Prozent ausgleichen und somit bauliche Ungenauigkeiten kompensieren können. Diese Geräte sind zwar oft deutlich teurer als Standardmodelle, können aber die nachträgliche Nivellierung des Bodens sparen.

Digital oder analog?

Reicht mir ein analoges SEG, oder braucht es ein digitales? Paul Lindenthaler, Experte für Diagnose und Scheinwerfereinstellgeräte bei Werkstattausrüster Siems & Klein dazu: „Aufgrund des Blausaums bei Xenon-Licht ist das Auge nicht in der Lage, die exakte Hell-Dunkel-Grenze auszumachen. Die für den sicheren Straßenverkehr erforderliche exakte Bewertung und Einstellung der Scheinwerfer kann mit einem analogen SEG nicht mehr erfolgen.“ Auch beim relativ neuen Matrixlicht kommt man mit analogen Geräten an die Grenze: „Bei Matrixscheinwerfern funktioniert die Lichteinstellung nur sinnvoll mit einem digitalen Gerät.“ Eine analoge Einstellung dieser Scheinwerfer ist mit viel Aufwand theoretisch zwar möglich, wird aber von vielen Herstellern nicht akzeptiert. Zudem ist das Verfahren sehr fehleranfällig. Kurz: Wer jetzt ein Gerät anschafft, sollte ein digitales SEG wählen. Der Grund: Aus den Fahrzeugoberklassen wandern aktive Scheinwerfersysteme immer weiter in Richtung Mittelklasse. Je nach aktivem Scheinwerfermodell müssen zur korrekten Einstellung auch die entsprechenden Diagnosegeräte am Fahrzeug angehängt werden, um vom Fahrzeughersteller exakt definierte Prüfzyklen zu fahren. Die Toleranzwerte liegen hierbei bei 0,5 Prozent zum Sollwert. Bei diesen Systemen spielen Untergrundniveau, SEG und Diagnosegerät eng zusammen, anders ist ein präzises Ergebnis nicht mehr möglich. Für freie Werkstätten heißt das: Will man maximale Kompatibilität bei den Werkzeugen, muss man deutlich tiefer in die Taschen greifen. Gibt es analoge SEG schon für mehrere Hundert Euro, kosten die digitalen High-End-Scheinwerfereinstellgeräte rasch mehrere Tausend Euro. Dafür hat man dann aber Geräte, die sich vor keinem Fahrzeug mehr fürchten müssen, egal wie neu und teuer. Interessanter Hinweis vom Siems & Klein-Experten Lindenthaler: „Die SEGs von HGS & MAHA sind mittlerweile schon per USB oder Wlan update-fähig. Es sind jedoch Abos notwendig, um mit all den Neuerungen in der Lichttechnik Schritt zu halten.“

Schiene – ja oder nein?

Hat man eine Nivellierungslösung für seinen abgenommenen Scheinwerferplatz und weiß, mit welchem SEG man arbeiten möchte, bleibt noch eine Frage: Soll das Scheinwerfereinstellgerät auf Schienen fahren oder auf normalen Rädern? Hierfür gibt es zwei Zugänge: Schienensysteme lassen sich nochmal exakter und auch schneller einstellen als Modelle auf Rädern, außer der eigene Boden ist entsprechend plan. Zusätzlich lassen sich Unebenheiten per Schienensystem ausgleichen, sprich, man kommt um aufwendige Bodenarbeiten herum. Es gibt auch überfahrbare Schienensysteme, womit eine clever geplante Prüfstraße einfach durchfahren werden kann. Ebenfalls ein Plus der Schienenlösung: Der Seitenwechsel von einem auf den anderen Scheinwerfer erfolgt schneller und genauer, als wenn man das Gerät jedes Mal manuell umpositionieren muss. Über das Jahr verteilt spart man sich viel Zeit und hat weniger Fehlerquellen bei der Ausrichtung. Paul Lindenthaler von Siems & Klein nochmals dazu: „Das nivellierbare Schienensystem ist die optimale Alternative zu kostspieligen Werkstattumbauten.“ Schnell aufgebaut und jederzeit nachjustierbar überzeugt das Schienensystem mit langer Lebensdauer und einem attraktiven Preis.