Alternative Antriebe

Bosch setzt auf die richtigen Pferde

Zulieferindustrie
01.06.2023

 
Bosch schloss sein Geschäftsjahr 2022 in Österreich mit einem Umsatz von 1.415 Millionen Euro ab. Vor allem ein Geschäftsfeld verzeichnet aktuell enorme Zuwächse.
Helmut Weinwurm, Vorstandsvorsitzender der Robert Bosch AG und Repräsentant der Bosch-Gruppe in Österreich.
Helmut Weinwurm, Vorstandsvorsitzender der Robert Bosch AG und Repräsentant der Bosch-Gruppe in Österreich.

„Konzernweit haben wir im Vorjahr 10 Prozent vom Umsatz mit E-Bike-Motoren gemacht, heuer rechnen wir bereits mit 20 Prozent“ sagte Helmut Weinwurm, Vorstandsvorsitzender der Robert Bosch AG und Repräsentant der Bosch-Gruppe in Österreich anlässlich der Pressekonferenz zum Geschäftsabschluss. Bosch beliefert weltweit zahlreiche Fahrradhersteller mit seinen Performance-starken Mittelmotoren und verdient damit bald ebenso viel Geld wie mit seiner gesamten Haushaltsgerätesparte inklusive Herde, Backöfen, Waschmaschinen, Trockner, Waschtrockner, Geschirrspüler, Kühlschränke, Kaffeemaschinen und Kleingeräte. In Österreich war die Umsatzentwicklung von Bosch im Vorjahr sektoral unterschiedlich. Der Unternehmensbereich Mobility Solutions blieb aufgrund der rückläufigen Automobilproduktion und der angespannten Liefersituation leicht hinter Vorjahr – einen drastischen Absturz verhinderte wie erwähnt das boomende Geschäft mit Antriebs- und Fahrassistenzsystemen für E-Bikes und Zweiräder. Auch Einspritzsysteme für Großmotoren und Abgasnachbehandlungssysteme aus dem Halleiner Bosch-Werk fanden 2022 trotz schwieriger Rahmenbedingungen starken Absatz.

Krieg und Teuerung

„Nach einem hervorragenden Start ins Jahr 2022 wurde unser Geschäft von den Auswirkungen des Ukraine-Kriegs beeinträchtigt“, so Helmut Weinwurm. „Trotz der damit verbundenen Lieferengpässe und Nachfragerückgänge ist es uns gelungen, in den für uns wichtigen Branchen stärker als der Markt zu wachsen und den stark gestiegenen Personalbedarf in unseren Engineering-Bereichen zu decken.“ Die Zahl der Beschäftigten bei Bosch in Österreich ist 2022 um gut 10 Prozent auf rund 3100 gestiegen. Der Personalaufbau erfolgte zum überwiegenden Teil im Bereich Forschung und Entwicklung. „Ins Jahr 2023 sind wir in allen Unternehmensbereichen erfreulich gut gestartet“, so Weinwurm, der erneut mit einem anspruchsvollen Umfeld rechnet. Die Preisentwicklung für Energie und Rohstoffe sei schwer abschätzbar, und die Inflation erweise sich weiterhin als ein großer Unsicherheitsfaktor. Zudem geht Bosch nur von einem leichten Wachstum der österreichischen Wirtschaft von etwa einem halben Prozent für 2023 aus. Trotz der mäßigen Konjunkturaussichten strebt Bosch in Österreich für das Geschäftsjahr 2023 ein Umsatzwachstum im unteren zweistelligen Bereich an. „Mit unserer breiten Aufstellung und unserer enormen Innovationskraft wollen wir in unserem Kerngeschäft in traditionellen Märkten wachsen, neue Märkte erschließen und mit modernsten Wasserstoff-Lösungen weiterhin Wachstum in Österreich generieren“, betont Weinwurm.

Wasserstoff-Technik aus Österreich

Bosch bietet Technik für den Wasserstoffeinsatz in unterschiedlichen Sektoren. „Österreich hat sich dabei als wichtiger Standort etabliert, an dem das Unternehmen an mehreren Projekten für den weltweiten Einsatz arbeitet“, sagt Weinwurm. Das Bosch Engineering Center in Linz entwickelt innovative Lösungen entlang der Wertschöpfungskette von grünem Wasserstoff, beispielsweise Elektrolyse-Stacks. Sie sind das Herzstück von Elektrolyseuren und damit das zentrale Element bei der Herstellung von grünem Wasserstoff. Ein Linzer Expertenteam treibt im internationalen Entwicklungsverbund der Bosch-Gruppe die Industrialisierung der Stacks für Elektrolyseure voran – die Markteinführung der Elektrolyse-Stacks soll 2025 erfolgen. Am Standort Hallein arbeitet Bosch zudem an einer neuen Generation von Einspritzsystemen für alternative Kraftstoffe wie beispielsweise Wasserstoff und will bis 2026 bis zu 50 Millionen Euro in Technologien zur Nutzung künftiger alternativer Kraftstoffe investieren.

Soft- und Hardware für Pkw

In Wien entwickelt Bosch Software- und Hardware-Lösungen für alle Antriebsarten im Pkw, inklusive Brennstoffzellen-Antriebe, die sich auch für die allgemeine Luftfahrt eignen. „Da die Brennstoffzelle lokal lediglich Wasser emittiert, birgt sie ein enormes Potenzial für die Mobilität der Zukunft. Mit Wasserstoff aus erneuerbarer Energie erfolgt der Transport zudem klimaneutral“, erläutert der Bosch-Manager. Außerdem setzt Bosch in Österreich zahlreiche weitere Engineering-Projekte im Bereich der Mobilitätstechnik um. So werden vernetzte Mobilitätslösungen entwickelt sowie Datenanalyse-Services, die mithilfe künstlicher Intelligenz eine schnellere Produktentwicklung ermöglichen. Zudem wird die Hard- und Software-Entwicklung für neue Elektronikarchitekturen im modernen Fahrzeug vorangetrieben. Darüber hinaus wird an sogenannten „SoC“ (Systems on Chip) für Automobil-Radar-Systeme gearbeitet. Das sind hochintegrierte, nur wenige Quadratmillimeter große Siliziumchips, die beispielsweise zur Ansteuerung von Aktoren in Echtzeit im modernen Fahrzeug Anwendung finden. Jüngstes Projekt am Standort ist die Software- und Hardwareentwicklung von sogenannten Charger-Convertern – einer effizienten kombinierten Systemlösung aus On-Board-Ladegerät zum Laden der Hochvoltbatterie in Elektrofahrzeugen und einem Hochvolt-DC/DC-Wandler, der die von der Hochvoltbatterie erzeugte Spannung umwandelt und das 12-Volt-Bordnetz mit Energie versorgt.

Techniktalente gesucht

Rund 1400 Mitarbeitende sind bei Bosch in Österreich im Engineering-Bereich tätig – also knapp die Hälfte der österreichischen Belegschaft. „Und wir suchen weiterhin engagierte Techniktalente. In unseren Entwicklungsbereichen in Wien und Linz wollen wir bis Ende 2023 zusätzlich 200 Ingenieurinnen und Ingenieure einstellen“, so Weinwurm. Rund 150 Millionen Euro oder knapp 11 Prozent vom Umsatz flossen 2022 bei Bosch in Österreich in Forschung und Entwicklung. Darüber hinaus hat das Unternehmen im Jahr 2022 in Österreich Investitionen von rund 15 Millionen Euro getätigt. Investiert wurde beispielsweise in die Modernisierung der Fertigungsinfrastruktur im Halleiner Werk sowie in die Laboreinrichtungen und Prüftechnik am Wiener Entwicklungsstandort.