Nachhaltig mobil

Risiken und Chancen des Wandels

Mobilität
12.04.2023

 
Verbrenner-Aus, Brennstoffzelle, grüner Wasserstoff und E-Fuels standen im Fokus der Vorträge und Diskussionen am Zukunftsforum Oberösterreich.
Florian Danmayr (Manager Automobil-Cluster), Philipp Freischlag (HTL Steyr), Anna Grimm (Fraunhofer), Martin Beermann (Joanneum Research) (v.l.)
Florian Danmayr (Manager Automobil-Cluster), Philipp Freischlag (HTL Steyr), Anna Grimm (Fraunhofer), Martin Beermann (Joanneum Research) (v.l.)

100 Interessierte waren der Einladung ins Oberbank Donau-Forum gefolgt. Automobil-Cluster-Manager Florian Danmayr stellte die Referent:innen vor. In allen Vorträgen ging es darum, mit welchen Technologien die Transformation hin zu einer umweltfreundlichen, klimaneutralen Mobilität bewältigt werden kann. Anna Grimm vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe zeigte mit ihren Studien, Statistiken und Prognosen: Es gibt nicht die eine Lösung. „Das Verbrenner-Aus ist kein Wettbewerbsnachteil für die europäische Automobilindustrie, sondern die logische Folge einer Entscheidung, die die Autohersteller ohnehin schon getroffen haben. Denn Tatsache ist, dass sich die OEMs in ihren Strategien bereits auf den batterieelektrischen Antrieb festgelegt haben.“

Kleinere und billigere E-Autos

In der Diskussionsrunde wurde der soziale Aspekt hervorgehoben. Denn derzeit sind Elektroautos noch teuer und für sozial schwache Menschen nicht leistbar. Das Risiko bestehe, dass vor dem Verbrenner-Aus noch schnell massenhaft Benziner und Dieselfahrzeuge gekauft werden, bevor es sie nicht mehr gibt. Anna Grimm ist überzeugt: „Mit neuen Technologien sind die Autohersteller immer in der Oberklasse eingestiegen, weil sich ja die Entwicklungskosten amortisieren müssen. Bis 2035 werden die Autobauer mehr kleinere und leistbare Modelle anbieten.“ Dem stimmte auch Jürgen Rechberger, verantwortlich für die Wasserstoff-Division bei der AVL List GmbH, zu. Er gibt aber zu bedenken: „Der Stromverbrauch wird sich bis 2050 nahezu verdoppeln, wenn wir alle Sektoren dekarbonisieren. In Österreich werden wir nicht genug erneuerbare Energie erzeugen können und daher weiter von Importen abhängig sein.“ Seine Vision ist der Umstieg der Industrie auf grünen Wasserstoff. Sinnvoll sei dieser auch im Gütertransport als Treibstoff für Flugzeuge, Schiffe und Schwerlaster, die weite Strecken zurücklegen. Im Individualverkehr sieht Rechberger das Potenzial eher gering, weil die Kosten für Wasserstoff zu hoch seien. Auch das Thema Distribution sei eine Herausforderung: „Wir werden den Wasserstoff über Land mittels Pipelines transportieren müssen, so wie bisher Erdgas und Erdöl.“

Wasserstoff als Lösung

Ein Plädoyer für den Wasserstoff hielt auch Franz Winkler von der HyCentA Research GmbH, dem Wasserstoffforschungszentrum der TU Graz. Er berichtete von Pilotprojekten mit Wasserstoff- und Brennstoffzellenbussen in Villach und Graz, die bereits im Probebetrieb unterwegs sind. Für Winkler ist das die Zukunftstechnologie, die den Klimawandel stoppen kann: „Wo wir den Wasserstoff einsetzen, ist egal, Hauptsache, wir produzieren kein CO2!“ Er machte auch deutlich, dass batterieelektrische Fahrzeuge über den gesamten Lebenszyklus eine schlechtere CO2-Bilanz aufweisen als Fahrzeuge mit Brennstoffzellenantrieb: „Auch eine Studie des Fraunhofer-Instituts hat bewiesen: Batterieelektrischer Verkehr bringt uns beim Klimaschutz nicht weiter.“ Winklers Fazit: „Es ist wie bei der Ersten Hilfe: Der einzige Fehler, den Sie machen können, ist, nichts zu tun!“ Österreich sei in der glücklichen Lage, den Wasserstoff in leeren Erdgaslagern speichern zu können. So eröffnet am 27. April in Gampern im Bezirk Vöcklabruck der erste Wasserstoff-Großspeicher Österreichs. Solche Großspeicher sind nötig, um den im Sommer produzierten Überschuss an erneuerbarer Energie für den Winter zu speichern.

Kritische Rohstoffe

Für die Mobilität sind auch Metalle und Mineralien von zentraler Bedeutung. Die meisten sind kritische Rohstoffe. „Diese Rohstoffsituation bringt Dynamik in die Batterieentwicklung“, sagte Martin Beermann von Joanneum Research. Bis 2030 werden weltweit 30 Millionen E-Autos erwartet. Beermann klärte daher auf, welche Rohstoffe knapp werden und welche den Bedarf abdecken könnten: „Bei Nickel wird es bis 2030 zu einem kurzfristigen Versorgungsrisiko kommen. Die EU muss daher neue Quellen erschließen.“ In den vergangenen Jahren wurde bereits der Abbau in Südostasien, vor allem in Indonesien vorangetrieben. Transport und Stromerzeugung aus Kohlekraftwerken lassen allerdings die Treibhausgasemissionen steigen. Auch Kobalt wird knapp werden, allerdings wird bei modernen Batterien in der Produktion bereits Kobalt eingespart. „Bei Lithium könnte kurzfristig ein größeres Problem auf uns zukommen“, warnte Beermann. Die größten Vorkommen finden sich in Chile und Australien. Zu Phosphat ist die Informationslage noch wenig aussagekräftig, insgesamt sind aber höhere Mengen verfügbar. „Bei Graphit können wir auf große Ressourcen zurückgreifen, es lässt sich im Notfall auch synthetisch herstellen, wobei das nur mit hohem Energieeinsatz möglich ist“, sagte der Forscher. Wichtig sei auch das Recycling von Batterien. „Da sind wir noch nicht, wo wir sein sollten. Einzelne Anlagen in Europa beschäftigen sich schon mit dem Problem. Bald wird eine Novelle mit festgeschriebenen Rezyklatmengen in der EU kommen.“ Beermann begrüßt die aktuelle Diskussion um E-Fuels: „Sie bringt das Thema Klimaschutz in die Breite. Die Priorität der E-Fuels sollte jedoch bei Sektoren liegen, die nicht zu 100 Prozent elektrifizierbar sind.

Junge wollen Auto fahren

Zum Abschluss präsentierte Philipp Freischlag, Lehrer an der HTL Steyr, gemeinsam mit Schüler:innen eine Projektarbeit, die gemeinsam mit dem Automobil-Cluster durchgeführt wurde. Es ging um die Mobilitätsbedürfnisse der „Next Generation“. 91 Prozent der Befragten gehören zur Generation Z, also die Geburtsjahrgänge 1995 bis 2009. Die Mehrheit der Befragten ist zwischen 15 und 19 Jahre alt, zwei Drittel leben auf dem Land. Die Ergebnisse der Umfrage sind etwas überraschend. Zwar wollen zwei Drittel der Befragten umweltfreundlich und klimaneutral mobil sein, 56 Prozent wollen aber weiterhin mit dem Auto fahren. Die Mehrheit gibt an, auch künftig mit Benzin- oder Dieselfahrzeugen unterwegs sein zu wollen. Wasserstoff und batterieelektrische Fahrzeuge folgen abgeschlagen auf Platz zwei und drei. Eine deutliche Mehrheit würde gerne mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sein, wenn das Angebot besser wäre.