Motoröle sind mehr als nur „Regalware“
Standardöle erfüllen allgemeine Normen wie ACEA oder API und bieten eine solide Grundschutzfunktion. Darüber hinaus werden für Autohersteller Öle mit offizieller OEM-Freigabe entwickelt. Vergleicht man beide, ist es wie der Unterschied zwischen Konfektionsware und einem Maßanzug: Das eine passt, das andere passt perfekt.
Motorenöle, die für OEM-Freigaben (z.B. von Mercedes-Benz, BMW, Volkswagen oder Porsche) entwickelt werden, müssen eine Reihe interner Tests des Fahrzeugherstellers bestehen, die oft deutlich strenger sind als die grundlegenden API- oder ACEA-Standards“, so Dmitry Roskach, Chief Technology Officer bei Mannol.
Zu den anspruchsvollen Prüfungen gehören unter anderem die Oxidationsstabilität bei hohen Temperaturen, die besonders für Motoren relevant ist, die unter starker Belastung arbeiten, wie etwa in Mercedes-Benz- oder VW-TDI-Motoren. Ebenso stellt die Sauberkeit der Kolben ein wichtiges Kriterium dar: Die eingesetzten Öle müssen sicherstellen, dass Ablagerungen vermieden werden, was in Tests wie dem VW-TDI-Test oder dem Opel-Turbo-Test nachgewiesen wird. Ein weiteres wesentlicher Punkt ist der Verschleißschutz für die Steuerkette, der insbesondere bei modernen Benzinmotoren mit Turboaufladung (TGDI) von Bedeutung ist. Auch die Kompatibilität mit Abgasnachbehandlungssystemen spielt eine zentrale Rolle. Systeme wie DPF, TWC und GPF erfordern Öle mit niedrigen Grenzwerten für Sulfatasche, Phosphor und Schwefel (Low SAPS), um die Lebensdauer der Abgasreinigung zu sichern. Schließlich müssen die Öle auch ihre Kraftstoffersparnis in speziellen Prüfverfahren wie den Sequence-VI- oder herstellereigenen Tests der OEMs nachweisen.
Unterschiede zu Standard-Ölen
Während Standardöle die grundlegenden Anforderungen wie Verschleißschutz und Temperaturbeständigkeit gewährleisten, gehen OEM-Öle entscheidende Schritte weiter. Sie enthalten spezialisierte Additivpakete, die speziell auf die Anforderungen des jeweiligen Motorkonzepts abgestimmt sind. Darüber hinaus unterliegen sie strengeren Viskositäts- und Stabilitätsnormen, sodass sie häufig striktere Tests zur Viskositätsstabilität bei hohen Temperaturen bestehen müssen. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ist die Prüfung in realen Fahrzeugmotoren: OEM-Öle werden in den Aggregaten der Hersteller getestet. Zudem ermöglichen sie längere Wechselintervalle und sind gleichzeitig vollständig mit Abgassystemen kompatibel – ein Spagat, den Standardöle oftmals nicht leisten können.
Autohersteller setzen verschiedene Schwerpunkte
„Jeder Automobilhersteller setzt bei der Entwicklung eigener Freigaben unterschiedliche Schwerpunkte, die OEM-Öle erfüllen müssen“, weis Roskach. So legt Mercedes-Benz besonderen Wert auf Kraftstoffeinsparung und Motorreinheit bei verlängerten Ölwechselintervallen, wie es etwa die Spezifikationen MB 229.5 und 229.52 zeigen. Volkswagen hingegen priorisiert Tests zur Kolbensauberkeit und zum Verschleißschutz unter hoher Belastung, was sich in den Freigaben VW 504 00/507 00 widerspiegelt. BMW konzentriert sich vor allem auf die Stabilität der Viskosität und den Schutz der Steuerkette, beispielsweise bei den Normen BMW LL-04 und LL-12FE. Porsche stellt hohe Anforderungen an die Oxidationsstabilität bei extremen Belastungen, wie die Spezifikationen C30 und C40 verdeutlichen. Volvo und Renault wiederum richten ihren Fokus auf die Balance zwischen niedrigen SAPS-Grenzwerten und dem Schutz vor Frühzündung (LSPI) in kleineren Turbomotoren.



