E-Autos: Suche nach neuen Standards

Elektromobilität
02.02.2022

 
Experten kritisieren fehlende Standards für das Laden von Elektrofahrzeugen. Kreditkartenriese Visa fordert dafür auch standardisierte Zahlungsmöglichkeiten in Europa. 
Beim Laden von E-Autos müssen sich Verbraucher*innen erst durch einen Tarifdschungel mit unterschiedlichen Zahlungssystemen kämpfen.
Beim Laden von E-Autos müssen sich Verbraucher*innen erst durch einen Tarifdschungel mit unterschiedlichen Zahlungssystemen kämpfen.

Zugegeben, das wirtschaftliche Interesse ist offenkundig, dennoch ist das Thema aber tatsächlich auch im Sinne der Allgemeinheit sinnvoll: Visa hat einen Aufruf zur Standardisierung der Systeme zur nahtlosen und kompatiblen Zahlung an Ladestationen für Elektrofahrzeuge in Europa gestartet: Die europäische Ladeinfrastrukturbranche sollte sich dafür einsetzen den Verbraucher*innen die Freiheit zu geben, mit der Methode ihrer Wahl zu bezahlen – in erster Linie durch offene und interoperable Zahlungssysteme, so der Kreditkartenriese.

Derzeit gibt es keinen einheitlichen Industriestandard für die Akzeptanz von Zahlungen an E-Ladesäulen in Europa. Dies führt dazu, dass Verbraucher*innen oft keine Auswahl bei der Zahlungsmethode haben. Häufig sind sie gezwungen, eine bestimmte Option zu wählen (z. B. die Anmeldung bei einer App eines Anbieters) oder müssen sogar damit rechnen, dass sie ihr Fahrzeug nicht aufladen können, weil sie nicht bei einem bestimmten Abo-Service registriert sind.

Hindernisse aus dem Weg räumen

Nur wenige europäische Länder haben – wie Deutschland – einen einheitlichen Ansatz bereits gesetzlich verankert. Um dabei zu unterstützen, die Situation für Verbraucher*innen in Europa zu verbessern, startet Visa eine Befragung unter den Herstellern von E-Ladesäulen und anderen branchenführenden Unternehmen. Der Austausch soll dazu beitragen, Hindernisse bei der breiten Akzeptanz von interoperablen kontaktlosen und digitalen Zahlungen zu identifizieren und Lösungen zu finden. 

Auch heimische Branchenvertreter wie Günther Kerle, Sprecher der österreichischen Automobilimporteure, oder Klaus Edelsbrunner, Obmann des Bundesgremiums des Fahrzeughandels in der Wirtschaftskammer Österreich, haben bereits Handlungsbedarf geäußert. Sie fordern auch einheitlich geregelte Tarife. Edelsbrunner sprach erst kürzlich im Rahmen der Präsentation der Neuzulassungszahlen 2021 von einem regelrechten „Tarifdschungel“ mit schwer vergleichbaren  Konditionen unterschiedlicher Anbieter, für die Kunden noch dazu eigene Karten benötigen.

Private kaufen kaum E-Autos

Dies würde auch erklären, warum sich E-Autos bei Herrn und Frau Österreicher immer noch schlecht verkaufen. Letzteres untermauert die Verkaufsstatistik: Zwar wurden die Verkäufe reiner E-Autos 2021 mehr als verdoppelt (auf 33.366 Fahrzeuge), dies ging aber beinahe schon ausschließlich auf Firmenkunden zurück: Der Anteil an Firmenkäufen belief sich auf rund 84 Prozent. „Der private Markt will nicht so recht in die Gänge kommen“, wie Importeurssprecher Kerle betonte. Dafür werden vor allem an zwei Faktoren verantwortlich gemacht: Die noch nicht optimal ausgebaute Ladeinfrastruktur sowie eben dieser bestehenden „Tarifdschungel“.

Visa gab unterdessen auch bekannt, dass man als erstes Unternehmen aus der Finanzdienstleistungs- und Zahlungsbranche der Charging Interface Initiative (CharIN) als Vollmitglied beitreten werde. CharIN hat es sich zur Aufgabe gemacht, weltweite Standards für das Laden von Elektrofahrzeugen zu fördern, indem man Teilnehmer aus der gesamten Wertschöpfungskette der Elektromobilität zusammenbringt. Somit will die Initiative eine globale Infrastruktur, ein sicheres Lade- und Zahlungsprotokoll sowie neue Technologien entwickeln, die den Übergang zur Elektromobilität erleichtern und ihre schnellere Verbreitung fördern. Im Rahmen der CharIN-Mitgliedschaft will Visa seine Payment-Expertise zur Unterstützung dieser Ziele einsetzen.

 „Wenn wir wollen, dass die Menschen elektrisch fahren, müssen wir sicherstellen, dass sie ihre Fahrzeuge problemlos aufladen können“, sagt Tobias Czekalla, Country Manager Deutschland bei Visa. Ziel sei es, die Marktteilnehmer in Deutschland bei der nahtlosen Umsetzung der Ladesäulenverordnung zu unterstützen und dazu beizutragen, europaweit eine reibungslose Zahlungsinfrastruktur an Ladesäulen zu ermöglichen.

Claas Bracklo, Vorsitzender von CharIN e.V., sagt: „Da wir einen Wendepunkt bei der Einführung und Verbreitung von Elektrofahrzeugen erreichen, ist ein globaler Standard für die Verbindung von Infrastrukturen und die Bereitstellung einer nahtlosen Erfahrung für Fahrer und Fahrerinnen von E-Fahrzeugen wichtiger denn je.“ CharIN arbeitet bereits seit vielen Jahren mit OEMs, Ladegeräteherstellern, Software- und Komponentenanbietern, Energieversorgern, öffentlichen Versorgungsbetrieben und vielen anderen Akteuren der Wertschöpfungskette für das Laden von Elektrofahrzeugen zusammen. „Wir freuen uns sehr, dass Visa nun Teil unseres Bündnisses ist und mit seinem Erfahrungsschatz dazu beiträgt, dass Kundinnen und Kunden einfach, schnell und sicher bezahlen können,“ so Bracklo weiter.