Stellantis kündigt Händlerverträge

GVO
20.05.2021

Auch wenn man in der Branche so etwas erwartet hatte, so kamen der Zeitpunkt sowie die Art und Weise wie dies erfolgte, nun doch unverhofft: Der Stellantis-Konzern ordnet seinen Vertrieb neu und hat seine Händler per Monatsende gekündigt. 
Erst im Juli soll klar werden, wer einen Letter of Intent bekommt und weiter mit Stellantis im Geschäft bleibt.
Erst im Juli soll klar werden, wer einen Letter of Intent bekommt und weiter mit Stellantis im Geschäft bleibt.

Der Stellantis-Konzern hat eine weitreichende Umstrukturierung seiner Markennetze angekündigt und  den Vertriebs- und Servicepartnern der zu dem neuen Konzern gehörenden Marken mitgeteilt, dass ihre Händlerverträge zum 31. Mai 2021 mit einer Frist von zwei Jahren gekündigt werden. Die Verträge laufen damit am 31. Mai 2023 aus.

Der Konzern will ein Mehrmarkenvertriebsmodell aufbauen, mit dem er ab Juni 2023 an den Start geht. Bislang ist der Hersteller allerdings noch auf kaum einen Händler zugegangen, einen Letter of Intent (LoI) gibt es noch nicht. Mit der gestern verkündeten Erklärung hat man viele Händler, auch wenn Experten derartige Schritte prophezeit hatten, dann doch kalt erwischt, wie es aus der Branche heißt. Viele befürchten nun, dass Stellantis die Gelegenheit nützt, um das Händlernetz deutlich auszudünnen.

Schlechtes Timing, wenig Wertschätzung?

Selbst am so wichtigen Markt Deutschland wurden gerade einmal 15 Minuten dafür anberaumt, dass der zuständige Konzernmanager die Erklärung abgab. Fragen wurde dabei nicht erlaubt – für manche nicht gerade ein Zeichen von Wertschätzung. Der Zeitpunkt, der auferlegten Zeitdruck und die gewählte Form der Kommunikation wird zumindest hinter vorgehaltener Hand von Händlervertretern als unglücklich bezeichnet.

Denn erst im Juli soll klar sein, wer einen Letter of Intent (LoI) bekommt und damit rechnen darf, weiterhin Handelspartner von Stellantis zu sein. Üblicherweise kommt der LoI für die Zukunftspartner gleich mit der Kündigung. Im konkreten Fall bedeutet das nun, dass ab sofort alle Vertragshändler der Marken für einige Wochen in der Luft hängen und fürchten müssen, in zwei Jahren ohne Vertrag dazustehen.

Doch selbst wer im Juli einen LoI bekommt, tappt weiterhin im Dunkeln. Insofern nämlich als dann noch lange nicht klar ist, was in dem neuen Vertrag stehen wird. Denn die Gruppenfreistellungsverordnungen (GVO) laufen in Bälde aus. Die so genannte Vertikal-GVO, die für den Neuwagen-Vertrieb gilt, läuft am 31. Mai 2022 aus. Die Kfz-GVO, die für den After Sales-Bereich sowie die Serviceverträge relevant ist, ein Jahr danach, also 2023. Die Entscheidung über die Neuregelung steht noch aus. 

Fall Büchl lässt grüßen

Der europäische Herstellerverband CECRA spricht in einer Aussendung von einer „radical decision“, also einer Radikalmaßnahme. Diese kommt nur wenige Wochen, nachdem  der Oberste Gerichtshof in Österreich das erstinstanzliche Urteil gegen PSA im Rechtsstreit mit dem oberösterreichischen Peugeot-Händler Büchl in weiten Teilen bestätigt hatte. Damit bleibt es bei der Einschätzung, dass Peugeot seine Marktmacht gegenüber Händlern jahrelang missbraucht hat. Das hat die Branche europaweit aufgescheucht, zumal weitreichende Auswirkungen und etwaige Folgeklagen zu erwarten bzw. zumindest vorstellbar sind. Cecra-Generaldirektor Bernard Lycke sprach im Zusammenhang mit dem Fall Büchl von einem „Durchbruch in einem jahrzehntelangen Kampf um mehr Fairness im Verhältnis zwischen den Herstellern und Händlern“ (mehr dazu finden Sie hier). Vor dem Hintergrund hoffen Händlerverbände jetzt auf konstruktive, sachlich geführte Verhandlungen mit der PSA-Mutter Stellantis.