Diagnosekrimi

Jeep Cherokee: Der mysteriöse Liegenbleiber

Diagnosekrimi
07.09.2022

Ein 27 Jahre alter Jeep Cherokee der ersten Generation funktioniert eigentlich tadellos, nur auf einer bestimmten kurvenreichen Strecke kommt er regelmäßig ins Stottern und bleibt schließlich liegen.
Youngtimer Jeep Cherokee
Youngtimer Jeep Cherokee

Der gebraucht gekaufte Jeep Cherokee ist mit einem 4,0 Liter Benzinmotor mit 185 PS sowie mit Allradantrieb und Automatikgetriebe ausgestattet. Dass der 1,6 Tonnen schwere Gelände-Kombi bis zu 17 Liter Sprit auf 100 Kilometer säuft, stört seinen Besitzer wenig, da er den gepflegten Youngtimer ohnehin nur gelegentlich auf Kurzstrecken bewegt. Fährt er mit ihm von seiner Heimatgemeinde Wiener Neustadt ostwärts nach Wien, läuft der Wagen völlig problemlos und macht seinem Lenker viel Freude. Doch steuert er den Jeep westwärts Richtung Bad Fischau, beginnt der Motor immer an einem bestimmten Straßenabschnitt zu stottern und stirbt eines Tages komplett ab. Erste Hilfe leistet Andreas Zanat vom Kfz-Betrieb Flying Car Service, einer freien Werkstatt mit Abschleppdienst in Lanzenkirchen bei Wiener Neustadt. Ein Diagnosekrimi beginnt.

  • Der Jeep wird in die Werkstatt geschleppt und an das Diagnosegerät angeschlossen. Der Motor lässt sich plötzlich wieder ganz normal starten, das Diagnosegerät zeigt keinen Fehlereintrag.
  • Eine Untersuchung des Nockenwellengebers zeigt, dass alles in Ordnung zu sein scheint.
  • Es folgt eine Untersuchung des Kurbelwellenrades, die ebenfalls keine Auffälligkeiten zeigt.
  • Mit dem Oszilloskop wird die Abfolge der Zündfunken kontrolliert, die sich als korrekt erweist.
  • Der Kfz Techniker vermutet schließlich einen Defekt im Motorsteuergerät, der nur sporadisch, beispielsweise durch eine erhöhte Wärmebelastung auftritt. Doch die Funktionskontrolle des Steuergerätes zeigt keine Auffälligkeiten.
  • Nun ist guter Rat gefragt, denn die Kfz-Techniker haben ihr Know-how möglicher Ursachen ausgeschöpft. Da kommt ihnen Kommissar Zufall zu Hilfe.
  • Auf der Suche nach möglicherweise gebrochenen oder korrodierten Kabeln, die einen Kurzschluss auslösen können, wird unter anderem das Handschuhfach geöffnet und dabei an der linken Innenseite ein kleiner Kippschalter entdeckt. Außerdem liegen im Handschuhfach die Gebrauchsanweisung des Fahrzeugs und darauf noch ein elektrischer Rasierapparat.
  • Es stellt sich heraus, dass es sich bei dem Kippschalter um eine einfache Diebstahlsicherung handelt. Mit dem Schalter lässt sich das Kraftstoffpumpenrelais aus- und wieder einschalten.
  • Kfz Meister Andreas Zanat erweist sich als talentierter Detektiv. Er kombiniert, dass der Rasierapparat möglicherweise in bestimmten Kurven gegen den Schalter rutscht und damit die Kraftstoffversorgung des Motors unterbricht. Rutscht der Rasierer kurz darauf erneut gegen den Schalter, funktioniert die Pumpe wieder, und der Lenker bemerkt nur ein vorübergehendes Motorstottern. Wird der Schalter durch den Rasierer aber nicht mehr aktiviert, bleibt der Motor mit einer gewissen Verzögerung einfach stehen.
  • Es steht also zu vermuten, dass der Rasierapparat erst beim Abschleppen des Jeep wieder gegen den Schalter gerutscht ist und die Kraftstoffpumpe wieder aktiviert hat – so erklärt sich, dass sich der Motor in der Werkstatt wieder problemlos starten ließ und der Fehler so lange unentdeckt blieb.
  • Mit der Entfernung des Rasierapparates aus dem Handschuhfach wird das Problem behoben – der Fall ist gelöst.

Erkenntnis

Bei sogenannten Youngtimern war die Montage eines Schalters, mit dem sich die Stromversorgung des Kraftstoffpumpenrelais oder der Zündung unterbrechen ließ, eine vergleichsweise einfache Übung. Bei modernen Autos sollte man von solchen Eingriffen in die Fahrzeugelektrik aber lieber die Finger lassen. Wie die Erfahrung aus vergangenen Diagnosekrimis zeigt, lassen sich die hochempfindlichen Steuergeräte leicht irritieren und fangen möglicherweise an unerwarteter Stelle zu „spinnen“ an. Autofahrerclubs empfehlen daher lieber den Einsatz mechanischer Vorrichtungen wie Lenkradkrallen, Pedalsperren und Parkkrallen, um Autodiebe nachhaltig abzuschrecken.