Ein Ölbaron im Interview

Liqui Moly
29.11.2018

Von: Philipp Bednar
ERNST PROST, Geschäftsführer von Liqui Moly, spricht im Interview über den Verkauf an Würth, die Lage im Ölgeschäft und soziales Unternehmertum.
Ernst Prost, Geschäftsführer von Liqui Moly, im Interview
Ernst Prost, LIQUI MOLY GESCHÄFTSFÜHRER
Ernst Prost, LIQUI MOLY GESCHÄFTSFÜHRER

KFZ Wirtschaft: Herr Prost, was ist bei Liqui Moly seit dem Verkauf an Würth passiert?
Ernst Prost: Erwartungsgemäß nichts. Der Verkauf an Würth war eine Maßnahme, um den sicheren Fortbestand von Liqui Moly auch nach mir zu gewährleisten. Was hätte denn passieren sollen? Liqui Moly ist ein kerngesundes Unternehmen, hochprofitabel. Wir haben gute Produkte, eine tolle Mannschaft mit der richtigen Einstellung und sind am Markt breit aufgestellt. Man ist nie perfekt, aber wir sind nahe dran. Würth wäre ja dumm, uns ins Handwerk zu pfuschen. Klar, wenn sich das mal ändern sollte, dann wird der Eigentümer eingreifen.

Sprechen wir etwas allgemeiner über das Ölgeschäft: Auf der Automechanika hat man wieder gesehen, wie viele andere Player im Schmierstoffgeschäft mitmischen …
Meinen Sie Player oder „Bläher“? (lacht) Der Trend zeigt, dass sich die ganz großen Konzerne aus dem Schmierstoffbereich eher zurückziehen, weil es für deren weltweite Jahresumsätze ein viel zu kleines Geschäftsfeld ist. Nun kommen diese „Bläher“ und glauben, dass sie hier mitmischen können. Können Sie aber nicht. Das Ölgeschäft ist komplex, vor allem, wenn man so wie Liqui Moly weltweit aufgestellt ist. Jedes Land hat unterschiedliche Gesetze, andere Gegebenheiten. Da braucht es Erfahrung und die richtige Mannschaft, um das alles auf einem seriösen Niveau bewerkstelligen zu können. Diese „Bläher“ schau ich mir erst gar nicht an. (schmunzelt)

Apropos breit aufgestellt: Liqui Moly ist hierzulande mit eigener Vertriebsmannschaft aktiv, die Produkte sind aber auch über Teilehändler, Baumärkte und Onlineshops zu bekommen. Ihre Meinung war immer: Der Kunde soll entscheiden. Was sagen Sie dann Ihren B2B-Kunden, wenn sie mit Online- Angeboten für Endkunden konfrontiert sind?
In der Tat ist das ein sensibles Thema. Denn wir brauchen uns nichts vorzumachen: Ich habe es mir nicht ausgesucht, aber der Onlinehandel ist da und wird morgen nicht verschwinden. Wir appellieren an all unsere Geschäftskunden, Preistreue zu wahren. Das Gesetz verbietet uns, die Preise ab der zweiten Hand zu bestimmen, Stichwort Kartellrecht. Insofern versuchen wir mittels Argumenten und Services unseren Partner zu verdeutlichen, dass man nicht jede Preis- und Rabattschlacht mitmachen muss. Und glauben Sie mir: Mit aufklärenden Gesprächen kann man viel bewirken. Denn am Ende will jeder Kaufmann etwas verdienen. So auch unsere Partner mit unseren Produkten.

Gutes Stichwort: Produkte. Liqui Moly entwickelt und vertreibt im großen Maß Additive. Gerne werden Additive als Ertragsbringer für Werkstätten positioniert. Wie lukrativ ist der Additiv-Markt derzeit?
Es ist ein spannender, wachsender Markt mit großem Potenzial. Additive sind wie Medizin für Motoren. Wir dürfen nicht vergessen, dass moderne Motoren vieles erfüllen müssen: hohe Leistung und Haltbarkeit bei geringem Verbrauch und Schadstoffausstoß. Das bringt die Motorenentwicklung an Grenzen, und genau dort können Additive helfen und beispielsweise Verschleiß und Reibung minimieren oder Verschmutzungen lösen. Das wiederum erlaubt, dass Motoren ihren hohen Wirkungsgrad behalten und dieser nicht wegen zunehmendem Verschleiß schleichend sinkt.

Aber Additive sind schon sehr erklärungsintensive Produkte, oder?
Ja, das stimmt. Aber genau damit kann sich eine Fachwerkstätte mit ihrem technischen Know-how unterscheiden und Kompetenz vermitteln. Und ein paar Euro extra verdienen. Das ist doch schön. (schmunzelt)

Drehen wir die Zeit vor: Ist Liqui Moly breit genug aufgestellt, um auch im Zeitalter der E-Autos bestehen zu können?
Wir haben derzeit rund 4.000 Produkte im Sortiment. Das ist nicht wenig. (lacht) Ernsthaft: Wir und auch andere Analysten gehen davon aus, dass die EAutos einen gewissen Anteil einnehmen werden, aber weltweit wird es in den nächsten zehn Jahren sogar noch ein Wachstum an Verbrennungsmotoren geben. Insofern mache ich mir hier nicht allzu große Sorgen.

Wie wird das heurige Geschäftsjahr für Liqui Moly enden?
Aufgrund der weltweiten Situation mit Handelsembargos, Währungsverfall und politischen Unruhen liegt unser Wachstum bei nur zwei bis drei Prozent. Maßgeblich verantwortlich ist der dramatisch gestiegene Rohölpreis. Aber wir haben bereits Maßnahmen ergriffen, um wieder ein zweistelliges Wachstum zu ermöglichen. Dazu haben wir unter anderem den Markt in den Vereinigten Staaten von Amerika und Italien im Visier. Weltweit liegt unser Schmierstoffanteil bei einem Prozent. Es ist also noch viel Luft nach oben da. (lacht)

Herr Prost, lassen Sie uns kurz noch über Unternehmertun allgemein sprechen. Bei Ihnen heißen die Mitarbeiter „Mitunternehmer“. Wie kommt’s?
Das ist doch ganz einfach: Kein Unternehmen dieser Welt steht gut da, weil der Gründer oder Chef so toll ist. Es ist immer die Mannschaft, die ein Unternehmen groß und erfolgreich macht. Daher rühren auch unsere Bonuszahlungen für unsere Mitunternehmer: Wenn wir ein gutes Jahr haben, soll jeder davon profitieren. Und wenn wir ein schlechtes Jahr haben, dann gibt es eben nichts. Das ist kein Geschenk von mir, sondern ein Anreiz, tatkräftig mit anzupacken. Wenn man mich nach dem Erfolgsrezept fragt, ist die Antwort einfach: Weil wir die Besten sind. Und das liegt nicht an mir, sondern an der kompletten Mannschaft.

Sie gelten als Unternehmer mit großem sozialem Engagement. Was läuft derzeit schief?
Zuerst: Die Politik ist nicht an allem schuld. Es gibt nicht nur Politiker in einem Land, die lenken, es gibt auch Unternehmen und die einzelnen Personen. Ich kann konkret nur von Deutschland sprechen, aber wir müssen wieder deutlich mehr in Bildung und Ausbildung investieren. Da waren wir früher besser. Und wir müssen faire Löhne zahlen. Beispiel Pflegeberufe: Es kann nicht sein, dass Krankenpfleger so viel Verantwortung tragen, teils unangenehme Arbeiten und viele Überstunden leisten müssen, und dafür gerade einmal den Mindestlohn erhalten. Da müssen wir umdenken. Dringend.

Zum Abschluss: Was halten Sie von Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz?
Das ist ein junger Mann mit vielen neuen, mutigen Ideen. Ich würde mir für Europa mehr Kurz’ und Macrons wünschen. Ich hoffe nur, dass der politische Alltag in Wien Herrn Kurz nicht vergrault.

„Weil wir die Besten sind. Das liegt nicht an mir, sondern an der kompletten Mannschaft.“ ERNST PROST, LIQUI MOLY GESCHÄFTSFÜHRER