Fachwissen

Woraus besteht eigentlich ein Auto?

Automobil
02.12.2020

Ein Auto besteht aus rund 10.000 Einzelteilen aus unterschiedlichsten Materialien. Verwendet werden vor allem Metalllegierungen aus Eisen - und Aluminium.
Mehr als nur ein Haufen Blech: Die Kfz Wirtschaft ist der Frage nachgegangen woraus genau ein moderner Pkw besteht.

Ein Auto mit einem Leergewicht von einer Tonne besteht aus ca. 600 kg Stahl, 10 kg Gusseisen und 90 kg Aluminium. Reines Eisen ist sehr weich und deshalb für den Fahrzeugbau ungeeignet. Durch den Entzug von Kohlenstoff wird es gehärtet und anschließend zu Stählen mit unterschiedlicher Festigkeit verarbeitet. Stahl ist der wichtigste Werkstoff im Automobilbau, besitzt er doch eine große Vielfalt von technischen Eigenschaften, die speziell für Anwendungen in Karosserie, Fahrwerk usw. maßgeschneidert werden. Stahl hat zudem sehr gute Verarbeitungseigenschaften, ein gutes Preis-/Leistungsverhältnis und gute Recyclingmöglichkeiten. 

Leichtbaukonzepte sind gefragt

Um die gesteckten Ziele bezüglich Verbrauch und CO2-Emissionen zu erreichen, werden die Verbrennungsmotoren optimiert und die Autos müssen leichter werden. 100 Kilogramm weniger Fahrzeuggewicht verringern den Treibstoffverbrauch um ca. 0, 6 Liter/100 km. Diesen Bemühungen zur Gewichtsverminderung stehen steigende Sicherheits- und Komfortansprüche und eine zunehmende Anzahl Elektronikkomponenten gegenüber, die ganzheitliche Maßnahmen zur Verringerung des Fahrzeuggewichts fordern. Leichtbaukonzepte setzen sich im Automobilbau auf breiter Ebene durch. Und sie führen dazu, dass konventionell verwendete Materialien durch teils neue Werkstoffe ersetzt werden.  

Eine wesentliche Grundlage für das Verringern des Bauteilgewichts und somit des Treibstoffverbrauchs, sind Stähle mit höherer Festigkeit, die gegenüber konventionellen Qualitäten eine Verringerung der Blechdicke bei gleich bleibender Strukturfestigkeit und verbessertem Crashverhalten aufweisen. Der Anteil solcher geschweißter Platinen oder „Tailored Blanks“ liegt bei aktuellen Fahrzeugen gegen 50%. „Tailored Blanks“ werden aus Feinblechen unterschiedlicher Festigkeitseigenschaften und Materialdicken, je nach Betriebsbeanspruchung, zu Komponenten der Karosserie eines Automobils zusammengefügt. Dadurch werden Material- und Gewichtseinsparungen bis zu 20% erzielt.

Alu, Magnesium und Hightech-Stähle

Nebst dem zukunftsträchtigen Aluminium wurde im Automobilbau Magnesium wieder entdeckt. Dieses Metall (mit der Dichte 1.74 kg/dm3) ist ein Drittel leichter als Aluminium und um 77 Prozent leichter als Stahl. Es wurde bereits in vielen Fahrzeugen für die Herstellung von Motor- und Getriebegehäusen verwendet. Mit Magnesium können auch komplexe, filigrane Bauteile gegossen werden. Die neuen Magnesium-Blechqualitäten und Umform-Technologien machen nun auch den Einsatz von Magnesium-Feinblechen im Fahrzeugbau möglich. Magnesium ist der leichteste metallische Konstruktionswerkstoff. 

Der oberösterreichische Stahlkonzern und Autozulieferer voestalpine trägt der Forderung der Industrie nach immer leichteren, aber auch festeren und korrosionsbeständigeren Bauteilen dadurch Rechnung, dass er ein eigenes Kompetenzfeld namens „ultralights“ ins Leben gerufen hat. Dieses bietet ein umfassendes Spektrum an Stählen für den automobilen Leichtbau, von Advanced High Strength Steels (ahss) für die Kaltumformung bis zu innovativen Lösungen für die Warmumformung durch verzinkten presshärtenden Stählen (phs).

Zehn Prozent Kunststoff

Neben einer Substitution von Stahl durch Leichtmetalle spielt aber auch Kunststoff eine wichtige Rolle. Kunststoffe haben eine durchschnittliche Dichte von 1 g/cm3. Viele hundert Bauteile des Autos sind daraus gefertigt. Heute beträgt der Anteil an der Trockenmasse des Autos 8 bis 10 %, wozu die fünf Reifen mit 3 % hinzuzurechnen sind. Für Überlegungen bezüglich der Stabilität der Kunststoffe gegenüber mechanischer und chemischer Belastung gilt das gleiche wie für die Metalle. Zwar unterliegen sie nicht der Korrosion, sind aber durch die UV-Strahlung und damit eingeleitete Oxidationsprozesse bedroht. Deshalb ist eine ausgefeilte Additivchemie vonnöten.

Durch Faserverstärkung von Bauteilen erreicht man hohe Stabilitäten, die den Bau von Karosserien aus Kunststoff möglich machen. Hier nutzt man Verbundwerkstoffe, bei denen Glasfasern oder Carbonfasern (Kohlenstofffasern) in hochwertige Kunststoffe wie Polyester, Epoxide sowie Polyamide wie Kevlar eingebettet sind. Probleme ergeben sich mitunter beim Recyclen der Altfahrzeuge. 

Der Reifen der Zukunft

Von der reinen Masse her kaum ins Gewicht fallen unterdessen die Reifen. Sie sind allerdings von zentraler Bedeutung, da sie der einzige Kontakt zwischen Fahrzeug und Straße sind. Ein moderner Reifen besteht nicht nur aus einfachem Gummi, vielmehr handelt es sich um eine komplexe Mischung aus verschiedenen natürlichen und synthetischen Gummiarten sowie zahlreichen anderen Chemikalien und Konstruktionsmaterialien. Füllstoffe wie Ruß, Silica, Kohlenstoff und Kreide kommen zur Reifenmischung hinzu, Stahl, Rayon und Nylon sind Festigkeitsträger. Spannend ist hier auch die Entwicklung: Der Reifen von morgen kann so viel mehr, als wir uns heute vorstellen können, den Fantasien der Reifenindustrie sind kaum Grenzen gesetzt. 

All den Bemühungen zur Gewichtsreduktion im modernen Automobilbau stehen jedenfalls steigende Ansprüche in Sachen Sicherheit und Komfort gegenüber sowie eine zunehmende Anzahl von Elektronikkomponenten in  Fahrzeugen. Moderne Pkw sind längst rollende Computer, was zur Folge hat, dass auch die Elektronik schon einiges auf die Waage bringt. Das Bordnetz eines modernen Mittelklassewagens (ohne Hybridantrieb) wiegt locker 50 kg und umfasst Hunderte Leitungen mit einer Gesamtlänge, die sich bereits in Kilometern messen lässt. 

1,6 Kilometer Kabel

Das Autohaus Wolfsburg vergleicht in einem Blog den Golf 1 mit dem Golf 7 und kommt zu folgendem Ergebnis: „In einem VW Golf 1 wurden 1980 insgesamt 191 Leitungen mit einer Gesamtlänge von 214 Metern verbaut. Im VW Golf 7 sind es fast 1.000 verschiedene Leitungen. Inzwischen wird aber eher in Kilometern gemessen: Die Länge des Kabelnetzes eines durchschnittlich ausgestatteten Golf beträgt fast 1,6 Kilometer.“ Allein das steigert das Gewicht. Um dem entgegenzuwirken sei der Querschnitt der Signalleitungen von 0,35 auf 0,13 Quadratmillimeter reduziert worden. Dazu kam eine neuartige Kupfer-Zinn-Legierung.

Dass die Bordnetzte komplexer werden, ist kein Wunder: Zu den diversen Komfort-Bestandteilen, vom Soundsystem bis zur Klimaanlage, gesellen sich immer mehr sicherheitsrelevante Bauteile wie ESP, Ultraschall- oder Videosensoren und die dafür benötigten Steuergeräte. Umso wichtiger werden für Reparatur und Wartung moderne Diagnosegeräte, die Fehlermeldungen auslesen. Die zunehmende Anzahl von Elektronikkomponenten bedeutet aber auch: Über 100 Verbraucher beziehen mittlerweile ihren Strom von der entsprechend geforderten Batterie

Flüssigkeiten und Teileschwund

Und dann gibt es im fahrbereiten Zustand noch diverse Flüssigkeiten, die in Summe je nach Fahrzeugkategorie bald einmal 60 Kilogramm ausmachen. Der größte Teil entfällt auf den Inhalt des Treibstofftanks. Kleinere Autos haben etwa 40 Liter Tankvolumen, größere Fahrzeuge kommen auf etwa 80 Liter. Demgegenüber fallen die drei bis vier Liter Motoröl, die ein traditioneller Pkw mit Verbrennungsmotor benötigt, nicht ins Gewicht. Dasselbe gilt für fünf bis zehn Liter Kühlflüssigkeit, sowie den ein oder anderen Liter an Bremsflüssigkeit oder Scheibenfrostschutz. 

Generell hängt die Anzahl der Einzelteile, aus denen ein Auto insgesamt besteht, vom jeweiligen Fahrzeugtyp ab. In der Oberklasse sind es aufgrund der höheren Ausstattung in der Regel wesentlich mehr als in Fahrzeugen der Kompaktklasse. Bei einem Mittelklassefahrzeug kann man laut Experten von durchschnittlich 10.000 verbauten Einzelteilen ausgehen. Bei Elektroautos reduziert sich die Anzahl der Teile drastisch. Ein Verbrennungsantrieb besteht allein schon aus mehr als 2000 Teilen, ein Elektroantrieb dagegen nur aus rund 250 . Auch die genannten Flüssigkeiten fallen weitgehend weg, dafür bringen die Akkus abhängig vom konkreten Modell zwischen 300 und 750 Kilogramm auf die Waage. Aber Achtung: Durch die Elektromobilität entstehen auch neue Gefahrenquellen in der Werkstatt, welche beim Arbeitsschutz bzw. der Arbeitsplatzevaluierung berücksichtigt werden müssen.